Gladbeck. Die Ausbildungsmarktpartner im Kreis Recklinghausen verlängern den Start ins Ausbildungsjahr bis Januar 2021. Chancen für Gladbecker Bewerber.

Die Coronakrise und der Lockdown haben sich dieses Jahr auch auf dem Ausbildungsmarkt in Gladbeck und dem Kreis Recklinghausen bemerkbar gemacht. Von den bei der Agentur für Arbeit (AfA) kreisweit gemeldeten Bewerbenden konnten bis zum regulären Start des Ausbildungsjahres im August 197 nicht versorgt werden. Das sind deutlich mehr als im Vorjahr, wo es 114 waren (plus 72,8 Prozent). In Gladbeck suchen noch 13 Bewerber eine Ausbildungsstelle. Frank Benölken, Chef der AfA im Kreis, blieb mit Vertretern von Industrie- und Handelskammer, Jobcenter und Kreishandwerkerschaft beim Pressegespräch aber optimistisch, „dass noch weitere Ausbildungsplätze vermittelt, und die Negativbilanz im fünften Quartal ausgeglichen werden kann“.

Ausbildungsmarktpartner im Kreis Recklinghausen (v.l.): Carsten Taschner, Fachdienstleiter Markt und Integration Jobcenter; Carsten Taudt, Geschäftsbereichsleiter Bildung der IHK Nord Westfalen; Frank Benölken, Leiter der Agentur für Arbeit Recklinghausen; Dominik Schad, Leiter des Jobcenter Kreis Recklinghausen; Dirk Hellmann, Geschäftsführer operativ der Agentur für Arbeit; Ludger Blickmann, Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft Recklinghausen und Mark Rosendahl, DGB-Regionsgeschäftsführer Emscher-Lippe.
Ausbildungsmarktpartner im Kreis Recklinghausen (v.l.): Carsten Taschner, Fachdienstleiter Markt und Integration Jobcenter; Carsten Taudt, Geschäftsbereichsleiter Bildung der IHK Nord Westfalen; Frank Benölken, Leiter der Agentur für Arbeit Recklinghausen; Dominik Schad, Leiter des Jobcenter Kreis Recklinghausen; Dirk Hellmann, Geschäftsführer operativ der Agentur für Arbeit; Ludger Blickmann, Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft Recklinghausen und Mark Rosendahl, DGB-Regionsgeschäftsführer Emscher-Lippe. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Freilich wissen Benölken und Co., dass ein fünftes Quartal ein Paradoxon ist. Erklärung dazu: Man habe diese Bezeichnung gewählt, „da sich alle Partner darauf verständigt haben, den Start ins Ausbildungsjahr noch bis Ende Januar 2021 zu verlängern, und so Betrieben und Jugendlichen die Chance zu geben, die verlorenen Monate nachzuholen“. Das Ausbildungsgeschäft habe im Lockdown von April bis Juni nahezu vollständig auf Eis gelegen. Jetzt sei aber wieder Bewegung zu bemerken, die auch ihn optimistisch stimme, unterstrich Carsten Taudt, Geschäftsbereichsleiter Bildung der IHK Nord Westfalen. Es gebe „noch jede Menge offene Ausbildungsstellen in den Betrieben, wo ein sofortiger Einstieg möglich ist“. Was ihm auch Hoffnung mache, „das selbst Betriebe aus Branchen wie die durch Corona besonders betroffene Veranstaltungstechnik zwölf freie Ausbildungsstellen (Vorjahr 18) gemeldet haben“ – und offenbar daran glaubten, dass sich die Auftragslage absehbar wieder verbessere.

Aktionen laufen, um Handwerksbetriebe zur Ausbildung zu aktivieren

Ludger Blickmann Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft informierte, „dass weiter Aktionen mit Handwerksbetrieben laufen, um sie zur Ausbildung zu aktivieren“. Denn beispielsweise aus dem Lebensmittelhandwerk (Bäcker, Fleischer) seien so gut wie keine Ausbildungsplätze gemeldet worden, nur die Zahlen im Baubereich seien mit 17 gemeldeten Plätzen (Vorjahr 28) weniger massiv eingebrochen. Blickmann versicherte, „dass wir Bewerbern die Tür offen halten, um auch zu Weihnachten, am 24. Dezember, oder Silvester, am 31. Januar, einen Ausbildungsvertrag zu unterschreiben“. In den kreisweit 20 Innungen wurden bis Ende Oktober 534 Lehrverträge geschlossen, im Vorjahr waren es zu diesem Zeitpunkt 596.

Nummer gegen Ausbildungskummer

Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz suchen, können sich bei der Berufsberatung für den Kreis Recklinghausen telefonisch melden unter 02361-40 20 21 (oder 0800- 4 55 55 00). Genau 310 Ausbildungsstellen sind kreisweit noch zu besetzen, in Gladbeck sind es 18. Arbeitgeber können freie Ausbildungs- und Arbeitsplätze noch melden unter Tel. 0800-4 55 55 20.

Kreisweit haben sich 5.036 Ausbildungsplatzbewerber 2020 bei der Arbeitsagentur gemeldet, denen 3.269 freie Ausbildungsstellen gegenüber standen. Zum Start des Ausbildungsjahres haben 2.128 junge Menschen eine Ausbildung begonnen. 2.061 Bewerber meldeten sich selbst ab, da sie eine Perspektive gefunden haben. 650 junge Menschen absolvieren ein Freiwilliges Soziales Jahr oder Ähnliches.

Trotz allem Optimismus gab Gewerkschafter und DGB-Regionalgeschäftsführer Mark Rosendahl zu bedenken, dass bei allen Positivmeldungen zu neuen Impfstoffen „das Coronavirus uns noch ein, zwei oder drei Jahre Probleme bereiten wird“. Und es gebe Unternehmen, „die eventuell diese Phase nicht überleben“. Er insistierte auch an die Ausbildungsbewerber zu denken, die keine so guten Qualifikationen haben und so auch „verstärkt über zusätzliche Kapazitäten durch außerbetriebliche Ausbildung nachzudenken“, etwa bei Maßnahmenträgern oder in Berufskollegs. Dominik Schad, Leiter des Jobcenters im Kreis, hatte hierzu gute Nachrichten: „Die finanziellen Mittel für die außerbetriebliche Ausbildung werden aufgestockt. Wir können schon im fünften Quartal mehr Plätze anbieten“.

Dringender Appell an Betriebe und Ausbildungsplatzsuchende

Frank Benölken erinnerte abschließend, dass die demografische Entwicklung der kommenden Jahre sich in der Coronakrise ja nicht verändert habe, „und der Fachkräftemangel für die Unternehmen ein Thema bleibt“. Die Ausbildungsmarktpartner richten so einen dringenden Appell an die Betriebe im Vest, Ausbildungsplätze bereit zustellen, „um frühzeitig jungen Nachwuchs ins Unternehmen zu holen“. Andererseits erfolgte auch die Aufforderung an Ausbildungsplatzsuchende die Chance zu nutzen und sich noch für dieses Jahr zu bewerben, da im Folgejahr ja weitere Bewerber auf den Markt drängten. Der Einstieg in das bereits angelaufene Ausbildungsjahr könne unterstützt werden, mit ausbildungsbegleitenden Hilfen und assistierter Ausbildung, „um die Lehre zum erfolgreichen Abschluss zu führen“, so Benölken.

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