Gladbeck. Der Gladbecker Hospizverein kritisiert, dass in der Stadt ein Palliativnetzwerk fehlt. Zu wenig Ärzte absolvierten die Zusatzqualifikation.

Der ambulante Hospizverein Gladbeck, dessen ehrenamtlichen Mitglieder Menschen in der Region auf ihrem letzten Lebensweg begleiten, hat einen klaren Standpunkt zur aktuellen Sterbehilfe-Diskussion. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes habe Ende Februar klar gestellt, „dass jeder Mensch in Deutschland das Recht hat, selbstbestimmt seinem Leben ein Ende zu setzen“, stellt Hospizverein-Koordinatorin Beate Letzel fest. Sie sagt aber auch, „dass sichergestellt werden muss, ob Beweggründe zu dieser Entscheidung geführt haben, die bei ausreichender palliativer Betreuung nicht ausschlaggebend wären“. Beate Letzel kritisiert dazu, „dass das palliative Netzwerk in Gladbeck noch große Lücken hat“. Auf diese habe der Hospizverein die Bürger kürzlich zum Welthospiztag am Infostand in der Fußgängerzone hingewiesen und mit Unterschriftenliste um Unterstützung gebeten, „die palliative Betreuung in Gladbeck zu verbessern“.

Beate Letzel, leitende Koordinatorin des Hospiz-Verein Gladbeck e.V.
Beate Letzel, leitende Koordinatorin des Hospiz-Verein Gladbeck e.V. © Esser WAZ | Marcus Esser

Der Hospizverein Gladbeck teile die Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), „dass schwerstkranke Menschen, die den Wunsch zu sterben äußern, oft nicht wirklich zwingend einen baldigen und schnellen Tod wünschen, sondern diesen Schritt aus Not und Verzweiflung gehen“. Denn gelänge es, Vertrauen zu diesen Betroffenen, etwa in der Hospizarbeit aufzubauen, so begründeten viele Schwerstkranke ihren Sterbewunsch „mit der unerträglichen Sorge, anderen zu Last zu fallen“. Häufig würden auch „die Angst vor Schmerzen, Luftnot oder anderen Symptomen geäußert, denen man hilflos ausgeliefert sei“. Ebenso hätten viele Betroffenen Sorge vor dem Verlust körperlicher Funktionen sowie Fähigkeiten und einem so würdelosen Zustand. Eine große Rolle spiele auch „die Angst, beim Sterben allein gelassen zu werden“.

Ehrenamtler des Hospizdienstes hören den Nöten der besuchten Menschen zu

Gerade bei Letzterer setze ja die Arbeit des Hospizvereins an. Die gut geschulten ehrenamtlichen Mitarbeitenden des Hospizdienstes hörten den Nöten der besuchten Menschen und Familien zu, „um sie dann umfassend zu beraten und viele mögliche Hilfen aufzuzeigen, die Ängste nehmen können“. Dazu , braucht es „ausreichende Strukturen von palliativen Pflegediensten und Palliativärzten, um eine zeitnahe fachlich qualifizierte Palliativbetreuung, etwa mit einer Schmerztherapie, sicherstellen zu können“, unterstreicht Beate Letzel. Hier müsse der Hospizverein in Gladbeck derzeit auf die palliativmedizinischen Konsiliardienste in Bottrop und Gelsenkirchen als gute Partner zurückgreifen, „weil ein vergleichbares Angebot mit einem multiprofessionellen Team in Gladbeck immer noch fehlt“.

Charta zur Betreuung Schwerstkranker

Viele Gladbecker unterstützten die Arbeit des Hospizvereins am Welthospiztag mit einer Unterschrift, damit die Ziele der „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland“ besser umgesetzt werden.

Leitsätze der Charta sind das Recht auf ein Sterben unter würdigen Bedingungen. Dies beinhaltet das Recht auf eine umfassende medizinische, pflegerische, psychosoziale und spirituelle Begleitung sowie Betreuung.

Um diesen Leitsätzen gerecht zu werden, müssen in der Palliativversorgung Tätige die Möglichkeit haben, sich weiter zu qualifizieren, damit Schwerstkranke und Sterbende nach den besten Standards versorgt werden.

Die Verantwortlichen in der Politik und Verwaltung auf Kreis- wie Stadtebene seien aufgerufen dazu beizutragen, „dass sich die Rahmenbedingungen in Gladbeck verbessern“, forder Beate Letzel. Denn das 2015 verabschiedete Hospiz- und Palliativgesetz regele ja ausdrücklich, „dass die Palliativversorgung Bestandteil der Regelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ist. Jeder, der sie benötigt, hat somit darauf ein Anrecht“. Auf darauf habe der Hospizverein die Gladbecker Bürger am Infostand zum Welthospiztag hingewiesen.

Es gibt in Gladbeck zu wenig ausgebildete Palliativärzte

Mit dem Gladbecker Sozialdezernent Rainer Weichelt habe der Hospizverein bereits gurte Gespräche zum Thema geführt, „der seine Unterstützung für einen palliativen Arbeitskreis zugesagt hat“. Ganz wichtig sei aber auch das Interesse der Mitwirkung aufseiten der Gladbecker Ärzteschaft. Beate Letzel: „Denn wir haben in der Stadt zu wenig mit Zusatzqualifikation ausgebildete Palliativmediziner. Aber nur wenn auch diese Fachleute ausreichend zur Verfügung stehen, kann ein eigenes Palliativnetzwerk mit 24-Stunden-Bereitschaft für Gladbeck gegründet werden“.

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