Gladbeck. Nach dem Aus von Rot-Grün: SPD und CDU reden zwar über eine punktuelle Zusammenarbeit, eine enge Kooperation ist aber kein Thema.
Zwei Wochen vor der konstituierenden Sitzung des neuen Rates in Gladbeck am 5. November zeichnet sich ab, dass in den nächsten fünf Jahren offenbar mit wechselnden politischen Mehrheiten gearbeitet werden wird. Nach dem überraschenden Aus der Koalitionsgespräche zwischen SPD und Grünen sieht es auch nicht nach einer Kooperation zwischen SPD und CDU aus.
"Die Sondierungen laufen, wir sind im Fluss, aber eine Koalition gibt's zunächst nicht", so der alte und wohl auch neue CDU-Ratsfraktionschef Peter Rademacher zur WAZ nach der überraschenden Kontaktaufnahme der beiden Parteien.
Vorstellbar sei, da es "in gewissen Punkten Annäherungen" gebe, bei bestimmten Sachthemen zu kooperieren, so Rademacher. "Aber mehr ist von unserer Seite erst einmal nicht geplant", so der Fraktionschef, der die Gesprächsatmosphäre mit der SPD-Fraktion unter ihrem neuen Vorsitzenden Wolfgang Wedekind lobt. "Die Gespräche sind sachlich, vernünftig und menschlich in Ordnung." Es sei im Auftreten der SPD gegenüber der CDU eine "deutlich qualifizierte Verbesserung" im Vergleich zu den vergangenen Jahren erkennbar.
SPD-Fraktionschef Wedekind will die Gespräche mit der CDU fortsetzen
SPD-Fraktionschef Wolfgang Wedekind bestätigt die Annäherung an eine "punktuelle Zusammenarbeit" mit der CDU. "Wir sind fleißig, es geht voran." Es gehe darum, stabile und verlässliche Verhältnisse im Rat zu schaffen. "Wir suchen Mehrheiten für gute Sachen und wollen uns nicht aus Prinzip Ideen anderer verschließen", so Wedekind, der betonte, eine "andere Kultur im Umgang" anzustreben - mehr Respekt, mehr Wertschätzung. Die Gespräche mit der CDU sollen in der nächsten Woche fortgesetzt werden, aber auch mit den Linken soll noch geredet werden.
Und auch nochmal mit den Grünen: Die gewählte Bürgermeisterin Bettina Weist (SPD), die in der ersten Sitzung des Rates in ihrem Amt vereidigt wird, sagte im Gespräch mit der WAZ, auch mit ihrem eigentlichen "Wunschpartner" noch einmal sprechen zu wollen. "Wir sollten eine Form der guten Zusammenarbeit finden, auch ohne eine Koalition hinzubekommen." Weist appelliert, nicht nur in Richtung Grüne, nach vorn zu blicken, eine Zusammenarbeit in Sachthemen anzustreben.
Weist: Sacharbeit unter demokratischen Parteien sollte doch möglich sein
"Es sollte doch möglich sein, unter den demokratischen Parteien im Rat eine konstruktive Zusammenarbeit hinzubekommen." Weist, die das Aus der Koalitionsgespräche mit den Grünen ausdrücklich bedauert, meint, dass auch mit den Grünen - "wenn sich bei ihnen die Enttäuschung gesetzt hat" - ein Miteinander in der Sacharbeit möglich sein sollte. Schließlich gebe es nach wie vor viele inhaltliche Überschneidungen bei SPD und Grünen, so Weist, die offiziell am 1. November das Bürgermeisteramt von Ulrich Roland übernimmt, der nach 16 Jahren ausscheidet.
Die Grünen allerdings sehen das Tischtuch zur SPD derzeit getrennt. "Das Vertrauen ist weg, die Basis für neue Gespräche vergiftet", gibt sich Grünen-Parteichefin Ninja Lenz nach wie vor zerknirscht. Die Partei poche auf den Zusagen, die die SPD um ihren Parteivorsitzenden Jens Bennarend den Grünen für ihre Wahlempfehlung, bei der Bürgermeister-Stichwahl Bettina Weist zu wählen, gegeben habe. Simone Steffens, die bisherige grüne Frontfrau, meint, ihre Partei und die angestrebte Kooperation mit der SPD sei in einen Machtkampf bei der SPD geraten. "Die Gespräche sind auf Null, aber wir sind nicht für ewig die beleidigte Leberwurst." Irgendwann würde man auch wieder "vernünftige Politik" mit der SPD hinbekommen.
>>> Streit um Gegenleistung für Wahlempfehlung
Die gewählte Bürgermeisterin Bettina Weist freute sich über die Wahlempfehlung der Grünen ("das gab es noch nie in Gladbeck"), betont aber, dass die Bedingungen für das Votum der Grünen "erst später mit der neuen SPD-Fraktion ausgehandelt werden sollten".
Weist und Parteichef Bennarend, der seit dem Stopp der Koalitionsgespräche für die WAZ nicht erreichbar ist, hatten die Annäherung zwischen der Kommunal- und der Stichwahl eingefädelt.
Die Grünen versichern, ihnen sei im Gegenzug zur Wahlempfehlung das Amt der ersten stellvertretenden Bürgermeisters und zwei Ausschussvorsitze angeboten worden.