Gladbeck. Eine Anwohnerin erreicht beim Verwaltungsbericht einen Teilerfolg: Die Stadt muss sich „Ruhe“-Lösungen überlegen. Aber: Kein Lkw-Nachtfahrbot.

Teilerfolg für Bewohner der Brokamp-Siedlung vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen: Zukünftig werden Fahrzeuge wohl mit gedrosselter Geschwindigkeit über die stark frequentierte Bundesstraße B224 in Gladbeck fahren müssen – zumindest zwischen Bohmert-/Phönixstraße und der A2. Zwei Anwohner hatten mit Unterstützung des Bürgerforums Gladbeck die Stadt verklagt, die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf diesem Teilstück der B224 von 70 auf 50 km/h zu reduzieren.

Das Gericht entschied, dass die Stadt erneut über den Antrag der Klägerin entscheiden muss. Sie sei verpflichtet, so das Gericht, Maßnahmen für eine Verkehrsberuhigung in diesem Abschnitt der Bundesstraße zu treffen. Damit hat das Gericht zumindest die Bedeutung und Berechtigung des wesentlichen Klagepunktes herausgestellt. Die Stadt Gladbeck, so heißt es in einer Stellungnahme der Stadtverwaltung, begrüßt das Urteil des Verwaltungsgerichtes und wird auf die mögliche Berufung beim Oberverwaltungsgericht verzichten. Die Stadt werde nun prüfen, ob eine Geschwindigkeitsreduzierung im Bereich der Brokamp-Siedlung, also zwischen der A2 und der Phönixstraße, zu der gewünschten Lärmverminderung führen kann.

Der Rechtsstreit geht bereits ins fünfte Jahr

Erst im vergangenen Jahr wurde das Tempolimit auf der B224 nach einer baustellenbedingten Reduzierung auf 50 km/h wieder auf Tempo 70 hoch gesetzt.
Erst im vergangenen Jahr wurde das Tempolimit auf der B224 nach einer baustellenbedingten Reduzierung auf 50 km/h wieder auf Tempo 70 hoch gesetzt. © GM

Gleich mehrere Behördenvertreter hatten sich im Gerichtssaal eingefunden. Städtisches Ordnungsamt, Land, Bezirksregierung, Straßen NRW waren vertreten. Das Haus der Klägerin befindet sich in 80 bis 100 Meter Luftlinie zur Anschlussstelle A2 und 80 bis 100 Meter zur B224. Der Rechtsstreit geht ins fünfte Jahr. Bereits 2015 ist der Kreis Recklinghausen aufgefordert worden, Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung zu treffen. Mit 65 Dezibel, so Anwohner, seien die Grenzwerte für die Lärmbelastung überschritten worden.

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Die Zuständigkeit für verkehrliche Regelungen, beschied damals die Kreisverwaltung, liege bei der Kommune. Anwohner hatten Spitzenwerte von tagsüber 84,8, nachts von 72,8 Dezibel gemessen. Die WHO hat sich auf weltweite Grenzwerte von 55, beziehungsweise 45 Dezibel festgelegt. Wie stark der Lärm durch den Autoverkehr bei einer Tempodrosselung abnehmen würde, konnten Anwohner vor zwei Jahren spüren. Wegen einer schadhaften Fahrbahndecke war während der Reparaturzeit die zulässige Geschwindigkeit von 70 auf 50 km/h begrenzt.

Bürgerforum ließ den Schall an der B 224 messen

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Das Bürgerforum hatte Schallmessungen in Auftrag gegeben: Der Mittelwert lag in dieser Zeit tagsüber bei 52,7 und nachts bei 48,5 Dezibel. Die Stadt hatte keine Messungen durchgeführt. Jetzt wird sie sich bei ihrer zukünftigen Entscheidung möglicherweise an den Werten orientieren müssen. Denn eines haben die Richter deutlich gemacht: Die Stadt muss sich Lösungen einfallen lassen, um die Lärmbelastung zu senken.

Keinen Erfolg hatte die Klägerin mit dem Antrag auf ein nächtliches Fahrverbot für Lkw. Bei einer Sperrung, meinte das Gericht, müssten sich die Lkw den Weg durch angrenzende Wohngebiete suchen. Die Stadt hätte kaum Möglichkeiten, den Verkehr weiträumig umzuleiten. Keine rechtliche Grundlage sahen die Richter für die Forderung der Klägerin, Hinweisschilder auf Autobahnen anzubringen, die auf die Sperrung der B224 hinwiesen. Die verkehrslenkenden Hinweise hätten Lkw-Fahrer bereits auf der A2, der A43, A42 und A31, noch weit entfernt von der gesperrten B224, umleiten sollen.

Stadt: Chance für Tempolimit

Die Stadt habe sich in den vergangenen Jahren mehrfach für ein grundsätzliches Tempolimit auf der B 224 ausgesprochen, heißt es in einer Stellungnahme der Stadtverwaltung zum Urteil des Verwaltungsgerichts. Leider sei dies weder von Straßen.NRW noch von der Bezirksregierung Münster mitgetragen worden.

„Dies wäre aber Voraussetzung, um ein Tempolimit rechtssicher anordnen zu können. Außerdem hätten wir unter anderem nachweisen müssen, dass dadurch die Leistungsfähigkeit der B 224 nicht verringert wird. Hierfür sehen wir keine Möglichkeit“, informiert Ordnungsdezernentin Linda Wagner.

Und weiter: „Durch die Entscheidung des Gerichts gibt es nun die Chance, ein Tempolimit in diesem Bereich anzuordnen. Allerdings muss vorher geprüft werden, ob dies möglicherweise negative Auswirkungen auf die Luftsituation in diesem Bereich hat“, erklärt Ordnungsdezernentin Wagner.

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