Gladbeck. Lange ruhte die Arbeit in den Begegnungsstätten für Senioren in Gladbeck wegen Corona. Doch gerade ältere Menschen vermissen soziale Kontakte.
Das ist ein echter Spagat, den die Betreiber von Senioren-Begegnungsstätten schaffen müssen: Da sind auf der einen Seite die älteren Menschen, deren 25 Treffpunkte coronabedingt seit Anfang März geschlossen sind und die sich endlich wieder treffen möchten, auf der anderen Seite steht die große Verantwortung für die Gesundheit dieser Risikogruppe. Stadtverwaltung, Awo, evangelische und katholische Kirche, Caritas und Diakonie sind seit Wochen auf der Suche nach einem Weg aus diesem Dilemma.
Eine einheitliche Lösung für alle Begegnungsstätten gibt es nicht
Am liebsten würden sie einheitliche Lösungen finden. Aber die Voraussetzungen, die Größe der Räumlichkeiten beispielsweise, sind zu unterschiedlich. Zumindest wissen sie seit kurzem, dass für Begegnungsstätten dieselben Vorschriften gelten wie für gastronomische Betriebe: Teilnehmerlisten, maximal zehn Personen an einem Tisch, Abstände, Desinfektion, Maskenpflicht bis zum Sitzplatz und für die Bedienungen . . .
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Also sind jetzt alle damit beschäftigt, Hygienekonzepte zu erarbeiten. Aber da kommt sofort das nächste Problem: Die ehrenamtlichen Leiterinnen der Begegnungsstätten arbeiten meist allein und sind zudem selbst in der Regel um die 80 Jahre alt. Manche haben schon entschieden, dass sie die Aufgabe unter den Corona-Vorgaben nicht leisten können oder wollen, weil ihnen die Verantwortung zu groß, die zusätzliche Arbeit zu viel ist – und auch zum eigenen Schutz.
Im Fritz-Lange-Haus soll es Anfang Oktober wieder losgehen
Im Fritz-Lange-Haus gab es dieses Problem in einer Gruppe auch. „Mitglieder unseres rührigen Seniorenbeirats springen ein, damit es ab dem 2. Oktober wieder vorsichtig losgehen kann – mit Anmeldung und maximal 20 Personen pro Gruppe“, so Ulrich Hauska, Chef der Seniorenberatung. Geschlossen bleibt die städtische Begegnungsstätte in Ellinghorst, und in den Seniorenbüros Nord und Süd finden vorerst nur Beratungen, keine Treffen, statt.
Die Awo werde zunächst wohl nicht alle fünf Begegnungsstätten wieder öffnen können, befürchtet Vorsitzender Norbert Dyhringer. Manche Räumlichkeiten seien zu klein. „In etwa 14 Tagen werden wir langsam starten, wo es möglich ist, natürlich mit weniger Besuchern als üblich“, sagt er. Die Cafés sollen einmal pro Woche geöffnet werden.
Die Pfarrei St. Lamberti betreibt zwar keine Begegnungsstätten, stellt aber ihre Gemeindezentren kirchlichen Gruppen zur Verfügung. Auch das soll in Kürze wieder vorsichtig starten, sagt Pressesprecherin Antonia Gemein. Für die Einhaltung der Vorschriften muss ein Hygienebeauftragter mit seiner Unterschrift garantieren. Gemein: „Manche wollen diese Verantwortung allerdings nicht übernehmen.“ Wegen der notwendigen Desinfizierungsmaßnahmen nach jedem Treffen könne jeder Raum nur einmal täglich genutzt werden, und Vermietungen an Dritte seien noch nicht möglich.
Im Lukastreff hat es schon einen Probelauf gegeben
Pfarrerin Birgit Krenz-Kaynak hat im Lukastreff in Butendorf mit acht Gästen schon einen „Probelauf“ für das Kaffeetrinken unter Coronabedingungen hinter sich, denn auch sie stellt fest, dass „die Sehnsucht nach sozialen Kontakten bei vielen Menschen riesig ist“. Andererseits gebe es auch Ängste, wieder in Gruppen zusammenzukommen. Und noch ein Problem hat sie ausgemacht: „Die Auflagen verlangsamen die Abläufe enorm“, sagt sie. „Viel Zeit für das, was man eigentlich machen will, bleibt nicht übrig.“
Das Diakonische Werk sieht aktuell keine Möglichkeit, die Gruppenräume in den Senioreneinrichtungen Vinzenz- und Marthaheim wieder für Selbsthilfegruppen und Frauenhilfen zu öffnen.
Zeitplan fürs Fritz-Lange-Haus
Für die Seniorenbegegnungsstätte Fritz-Lange-Haus an der Friedrichstraße gibt es schon einen Zeitplan: Am Freitag, 2. Oktober, dürfen die ersten Besucher wieder kommen. Die Bewirtung übernehmen Mitglieder des Seniorenbeirats um Doris Jost.
Von diesem Zeitpunkt an ist die Begegnungsstätte dienstags und freitags von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Eine Anmeldung ist erforderlich, weil nicht, wie vor Corona, 50 bis 60 Gäste kommen können, sondern nur jeweils 20.
Joachim Georg: „In einem Raum wäre es theoretisch möglich – aber nur für vier Personen. Das bringt natürlich nichts.“ Auch die Cafés in den Einrichtungen bleiben geschlossen, so wie in den Seniorenheimen des Caritasverbandes. Auch Mechtild Eckholt, Leiterin des Eduard-Michelis-Hauses, lässt, außer Angehörigen, niemanden ins Haus. Der in der Nachbarschaft beliebte Mittagstisch fällt weiter aus, das Café können ausschließlich Bewohner nutzen. „Manche Außenstehende empfinden diese Vorschriften als Diktat, aber – und das ist das Wichtigste – unsere Bewohner fühlen sich geschützt.“
Das Gros der Betreiber von Begegnungsstätten will also vorsichtig wieder starten. Aber, und da sind sich alle einig: Nichts wird vorläufig so sein wie vor dem Ausbruch der Pandemie.