Gladbeck. Trotz der mahnenden Worte aus dem Vatikan will die katholische Stadtkirche ihren Kurs des Kleinersetzens fortfahren. Weitere Pläne reifen schon.

Der Abriss der St.-Johannes-Kirche in Mitte-Ost ist beschlossene Sache - zur Restrukturierung der katholischen Stadtkirche gehören aber noch andere Projekte. Und bei diesem eingeschlagenen Weg des Kleinersetzens, des Schwerpunktsetzens und der Neuorganisation der Großpfarrei St. Lamberti bleibe es, auch wenn jüngste Instruktionen aus dem Vatikan ein Festhalten am alten Kurs anmahnen.

„An unserem eingeschlagenen Weg gibt’s nichts zu rütteln", so Propst André Müller in einer deutlichen Reaktion auf das in dieser Woche bekannt gewordene Papst-Papier. „Wir sind schon viel, viel weiter, als es Rom denkt und die Direktive es meint, regeln zu wollen.“ Aus den Gemeinden seien längst Kirchstandorte geworden, neue Leitungsmodelle mit Moderatoren und Frauen als Referentinnen im Pastoralteam aufgestellt, das sei unumkehrbar. „Rom sollte genau hinsehen, wie es vor Ort läuft“, ist sich Müller mit Bischof Franz-Josef Overbeck einig.

Propst Müller: Restrukturierung wird sich beschleunigen

Fühlt sich durch die Anweisungen aus Rom nicht ausgebremst: Propst André Müller.
Fühlt sich durch die Anweisungen aus Rom nicht ausgebremst: Propst André Müller. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Er fühle sich auf keinen Fall von den Papst-Weisungen ausgebremst, so Propst Müller. De jure könne es kirchenrechtlich noch offene Fragen geben, de facto sehe die Realität aber schon ganz anders aus und sei nicht mehr umzukehren.

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Im Gegenteil: Die Restrukturierung werde sich durch die Corona-Pandemie noch beschleunigen, so Propst Müller, da sich das Verhalten der Gläubigen weiter dramatisch ändere. Man sei sich einig in Gladbeck, sich zukünftig auf drei Kirchen zu konzentrieren: St. Lamberti, St. Josef und St. Marien. Für die anderen Gotteshäuser suche ein Projektteam Nachfolgelösungen (Ausnahme Christus König Schultendorf, wo der dortige Förderverein die Verantwortung trägt). Eines sicherte Propst Müller zu: Solange noch keine neuen Verwendungen feststünden, fänden noch Gottesdienste in den Kirchen statt.

Ein Investor ist bereits für die Herz-Jesu-Kirche aktiv

Eine Kita in die Herz-Jesu-Kirche? Ein Investor entwickelt einen ersten Entwurf dazu.
Eine Kita in die Herz-Jesu-Kirche? Ein Investor entwickelt einen ersten Entwurf dazu. © Funke Foto Services GmbH | Olaf Ziegler

Für die Herz-Jesu-Kirche verfestige sich aber allmählich, so Projektmanager Norbert Dahlmann, die Idee, das Gotteshaus für eine Kindertagesstätte zu nutzen. „Wir haben dazu gute Gespräche mit der Denkmalbehörde und der Stadt geführt“, so Dahlmann. Das Signal: Die bauliche Öffnung der unter Denkmalschutz stehenden Kirche, um Licht ins Kircheninnere für die Kita-Nutzung zu bekommen, sei vorstellbar. Ein namhafter Investor, berichtet Dahlmann weiter, sei inzwischen damit beauftragt worden, einen ersten Entwurf zu entwickeln, wie eine solche Kita in einer Kirche aussehen könnte. „Im Herbst erwarten für dazu das Konzept.“

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St. Franziskus in Rentfort-Nord will die Pfarrei am liebsten verkaufen - schon länger übrigens. Es fand sich bislang nur kein ernsthafter Interessent. Inzwischen gebe es jedoch Gespräche mit einem Investor, „da sind wir aber noch in einer frühen Entwicklungsphase“, so Propst Müller. Die Entwicklung des Kirchengeländes gewinne an Fahrt, wenn es mit dem Nachbargrundstück - dem Areal mit der Bauruine Schwechater 38 - endlich losgehe.

Eine neue Nutzung ist auch für Heilig Kreuz geplant

St. Marien in Brauck könnte umgebaut und weiter genutzt werden - auch als Gotteshaus. Die Entscheidung fällt bis 2022.
St. Marien in Brauck könnte umgebaut und weiter genutzt werden - auch als Gotteshaus. Die Entscheidung fällt bis 2022. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Auch für Heilig Kreuz in Butendorf war bereits eine mögliche neue Nutzung in der Diskussion: als Therapiezentrum. „Das sehen wir als eine mögliche Variante“, so Projektmanager Dahlmann. Anderes sei auch vorstellbar. Auf jeden Fall habe ein Architekturbüro inzwischen den Auftrag bekommen, eine Machbarkeitsstudie zu erarbeiten, ob es möglich ist, in die Kirche Geschosse einzubauen, die für eine anderweitige Nutzung nötig wären.

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St. Marien in Brauck indes wird, so Propst Müller, ein Schwerpunkt der künftigen Projektarbeit der Pfarrei sein. „Da werden wir uns langfristig als Kirche engagieren.“ Es gebe eine Reihe von Ideen, auch liegen bereits Architekturpläne vor, die Kirche umzubauen, um sie als Kirche und Veranstaltungsraum zu nutzen. Eine Entscheidung müsse endgültig bis 2022 fallen – ob St. Marien als A-Standort (Investitionsstandort) oder C1-Standort (auslaufend) weiter geführt werde.

Viel Grundfläche in St. Marien

Die Entscheidung über die künftige Nutzung der Marienkirche müsse im Einklang mit der Entscheidung über die großen Grundstücke in St. Marien stehen, so Projektmanager Norbert Dahlmann. Rund 10.000 Quadratmeter sei das Kirchenareal in Brauck groß.

Es gebe mehrere Immobilien dort: Neben der Kirche ein Kindergarten, der einstige Kinderhort, das Pfarrzentrum, das alte Pfarrhaus, Schwesternhaus und das Wohnhaus des Ordens der Amigonianer. „Das alles und die Freiflächen müssen sinnvoll genutzt werden.“