Gladbeck. Überhang- und Ausgleichsmandate könnten bei der Kommunalwahl im September in Gladbeck den Rat vergrößern. Schwierigere Ratsarbeit wird erwartet.

Eigentlich zählt der Rat der Stadt 44 Mitglieder. Doch der nächste Stadtrat, der am 13. September gewählt wird, könnte durch sogenannte Überhang- und Ausgleichsmandate größer und durch den Einzug vieler kleiner Parteien (es gibt keine Prozenthürde!) noch bunter werden - darüber sind sich Parteien und Wahlbeobachter einig. Völlig ungewiss sind die Auswirkungen eines Ratseinzugs durch die AfD, der allgemein erwartet wird und in der Höhe ungewiss ist. Die AfD selbst peilt 12 Prozent an.

Die Gemengelage im Rat könnte sich drastisch verändern. Immerhin peilen auch die Grünen eine deutliche Verbesserung ihres Ergebnisses an. Das alles "knabbert" am ehesten am starken letzten SPD-Ergebnis (47,3 Prozent). In der Folge könnten schwierigere "Regierungsbildungen" drohen, da durch kleinere Fraktionen möglicherweise mehr als zwei nötig sind, um Mehrheiten bilden zu können. SPD-Chef Jens Bennarend, dessen Partei bislang in einer Koalition mit den Grünen ist, geht bereits jetzt von wechselnden Mehrheiten im neuen Rat aus. Grünen-Chefin Simone Steffens betont denn auch, dass es keinen Automatismus für die Zusammenarbeit mit der SPD gebe. "Vorstellbar ist durchaus auch ein Zusammengehen mit anderen Parteien."

2008 war der Stadtrat verkleinert worden

Erst 2008 war der Rat für die Kommunalwahl 2009 von 50 um sechs auf 44 Mitglieder verkleinert worden - auch, um die Handlungsfähigkeit des Rates zu stärken. Dennoch kann diese Zahl, so Silke Wengszik vom Wahlamt der Stadt, bei jeder Wahl durch verschiedene Konstellationen überschritten werden. Auch der derzeitige, 2014 gewählte Rat, zählt durch Überhangmandate zwei Ratsmitglieder mehr als vorgesehen, nämlich 46. Wobei es nicht zu Ausgleichsmandaten kam, die meist im Gegenzug zu Überhangmandaten fällig werden.

Der Trend nach Zusatzmandaten könnte sich am 13. September verstärken, wenn die SPD im Gesamtergebnis Federn lassen müsste, so wie es die vergangenen Wahlen andeuteten und es selbst von SPD-Stadtverbandschef Jens Bennarend befürchtet wird. Gleichzeitig könnten sich dennoch, weil die einfache Mehrheit reicht, vor Ort viele der SPD-Direktkandidaten durchsetzen - wenn auch womöglich nicht mehr alle wie 2014, wie Bennarend konstatiert.

SPD holte 2014 alle Direktmandate in den Stadtteilen

Dennoch könnten es unterm Strich mehr Mandate sein, als es das Wahlergebnis für die Sozialdemokraten vorsieht. Anders als vor sechs Jahren seien dann auch Ausgleichsmandate bei anderen Fraktionen möglich, was den Rat weiter aufblähen und die Ratsarbeit erschweren würde, wie FDP-Vorsitzender Michael Tack befürchtet.

Möglich wurden die Zusatzmandate 2014, weil sich die SPD vor sechs Jahren in allen 22 Wahlbezirken mit ihren Direktkandidaten durchsetzte - allerdings hätten ihr bei 47,3 Prozent Stimmenanteil nur 20 Sitze im Rat zugestanden. Trotz der SPD-Überhangmandate kam es nicht zu Ausgleichsmandaten für andere Fraktionen. Der Verhältnisausgleich sei - bei Neuberechnung der Sitze mit einer Ratsgröße von 46 Köpfen - gewahrt gewesen, so Wengszik.

Zuletzt reichten etwa 350 Stimmen für einen Ratssitz

Eine Begrenzung der Anzahl an möglicherweise erforderlichen zusätzlichen Sitzen ist in den kommunalwahlrechtlichen Vorschriften nicht enthalten, so die Wahlamtsmitarbeiterin. Allerdings steige die Zahl auch nicht ins Unermessliche, da eine Partei mit niedrigem Ergebnis naturgemäß nicht viele oder gar sämtliche Wahlbezirke holen könne.

Bei der letzten Kommunalwahl reichte gut 1 Prozent der Wählerstimmen (etwa 350 Stimmen), um einen Sitz im Rat zu bekommen. Die Migrantenparteien GBL (1,3) und ABI (1,6), aber auch die DKP (1,4) kamen so an einen einzelnen Ratssitz.

Die Piraten kandidieren wohl nicht bei der Kommunalwahl in Gladbeck

Wie viele Parteien diesmal kandidieren, steht noch nicht fest - die Frist für eine Bewerbung endet erst am 27. Juli. Allerdings: Eine Partei, die kandidieren will, muss in allen 22 Wahlbezirken einen Kandidaten stellen. Nur als Partei über die Reserveliste sich der Wahl stellen - das geht nicht, so Wengszik.

Und eins steht, wie aus Parteikreisen verlautet, schon fest: Die Partei "Piraten", die mit 2,5 Prozent der Stimmen bislang ein Ratsmitglied stellt, kandidiert nicht mehr.

>>> Stadtrat: Eine Hälfte direkt gewählt, die andere über die Liste

Üblicherweise werden die Ratssitze zur Hälfte direkt und zur anderen Hälfte über die Reserveliste der Parteien vergeben. Der noch bis zu 12. September agierende Rat zählt 46 Mitglieder, war um zwei aufgestockt worden. Elf Parteien oder Gruppierungen schafften es in den Rat.

22 Ratsmitglieder stellt die SPD - sämtliche direkt gewählt. Demzufolge kommen die Ratsmitglieder der anderen Parteien von deren Reserveliste: CDU elf, Linke und Grüne je drei sowie BIG, FDP, Piraten, DKP, ABI, GBL und UBP jeweils einen Sitz.

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