Gladbeck. Die Frauenberatungsstelle Gladbeck beobachtet nach dem Lockdown wegen des Coronavirus’ mehr Anfragen. Online-Aktion soll auf Hilfen verweisen.

Von Respekt ist in diesen Tagen wahrscheinlich häufiger als vor Ausbruch des Coronavirus’ die Rede. Rücksichtnahme und Achtsamkeit gegenüber seinen Nächsten – also Mund-Nasen-Schutz auf, Abstand halten. Doch was sich hinter manchen Masken verbirgt, wissen die Expertinnen Sarah Sandi, Saskia Meyer, Susanne Dillner und Miriam Schmikowski von der Frauenberatungsstelle Gladbeck. Gerade in Ausnahmesituationen wie während der herrschenden Pandemie steigen Gewalt-Explosionen. Über eine Online-Kampagne, die jetzt am Start ist, sollen Opfer und ihr Umfeld erreicht werden.

„Es ist zu beobachten, dass während des Lockdowns Gewalt mehr eskaliert ist, sie massiver und häufiger wurde“, berichtet Meyer. Eine Beziehung, die sich bereits vor Corona-Zeiten in einer Schieflage befunden habe, könne sich wegen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen zuspitzen.

Gladbeck: Expertinnen wollen mit der Online-Kampagne „Gewaltfrei? Aber sicher!“ über Hilfsangebote der Frauenberatungsstelle informieren

Dillner: „Es gibt keine Möglichkeit, einander auszuweichen“ – eine schier ausweglose Lage, sich unbemerkt in diesem begrenzten Lebensraum Hilfe zu holen. In Zahlen kann das Team der Beratungsstelle in Gladbeck die Fälle nicht fassen, aber Handlungsbedarf sahen die Frauen vom Fach. Daher wurde – aufgrund von Corona – die Online-Kampagne mit dem Titel „Gewaltfrei? Aber sicher!“ gestartet.

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Der Dachverband der autonomen Frauenberatungsstellen NRW hat die Aktion mit Unterstützung des Landesministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung ins Leben gerufen, um seine gewaltbetroffene Klientel zu erreichen und den Blick auf Hilfsangebote zu richten. Laut einer Studie der TU München habe sich in einer repräsentativen, deutschlandweiten Befragung von 3000 Frauen herauskristallisiert: Information tut Not. Es sei wichtig, Frauen Wege aus der Gewalt zu zeigen.

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Susanne Dillner, Saskia Meyer und Sarah Sandi stellen fest, dass sie nach den Lockerungen während des Lockdowns wegen des Coronavirus’ stärker gefragt sind.
Susanne Dillner, Saskia Meyer und Sarah Sandi stellen fest, dass sie nach den Lockerungen während des Lockdowns wegen des Coronavirus’ stärker gefragt sind. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

„Während des Lockdowns wandten sich weniger Frauen an uns, seit der Lockerung der Vorgaben haben wir mehr Klientinnen – neue und bekannte“, stellt Meyer fest. Kurzarbeit, der (drohende) Verlust des Arbeitsplatzes, finanzielle Sorgen, psychische Probleme – allesamt Faktoren, die das Risiko erhöhen, Opfer emotionaler, körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt zu werden.

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Anlaufstelle für Ratsuchende

Das Team der Frauenberatungsstelle Gladbeck ist von der Grabenstraße umgezogen zur Wilhelmstraße 46. Ein Kontakt ist möglich per E-Mail (team@frauenberatungsstelle-gladbeck.de) oder über 02043/66699.

Susanne Dillner, Sarah Sandi, Saskia Meyer und Miriam Schmikowski bieten auch wieder eine persönliche Beratung an, für die Ratsuchende einen etwa einstündigen Termin vereinbaren müssen. Dazu sollten die Frauen allein und pünktlich zur Frauenberatung kommen – nicht etwa 20 Minuten früher.

Mund-Nasen-Schutz und die Beachtung von Hygiene-Regeln in Corona-Zeiten sind ein Muss. Die Expertinnen haben an den Beratungsbereichen in ihren Büros Plexiglas-Spuckschutzwände aufgestellt. Erreichbar ist das Team montags und mittwochs bis freitags zwischen 9 und 12 Uhr sowie dienstags von 11 bis 12.30 Uhr.

Die Online-Kampagne setzt sich aus 25 Bildern (Feeds) zusammen, die auf eine Vielzahl von Themen aufmerksam machen. Sandi: „Sie sind über die sozialen Medien abrufbar.“ Geplant sind pro Woche zwei Posts. Ob „Nein zu Gewalt im Netz“, „Say yes to yourself“ oder „Jede Frau hat ein Recht auf ein Leben in Freiheit und Würde“: „Wir wollen Frauen zeigen: Wir sind für Euch da“, betont Dillner. Und zwar bei vielerlei Problemen. So bietet Sandi beispielsweise eine angeleitete, geschlossene Gruppe zum Thema „Essstörungen“ an: „Es sind noch wenige Plätze frei.“

Griffige Slogans, unmissverständliche Warnungen wie „Wenn er dich (und die Kinder) wie Hilfspersonal behandelt, bedeutet das Gefahr“, Bilder und Comics – die Kampagne nutzt diverse Möglichkeiten der Darstellung. Auf diesem Wege will die Beratungsstelle, die auch bei Facebook (https://www.facebook.com/pages/category/Nonprofit-Organization/Frauenberatungsstelle-Gladbeck-eV-107700514256462/) präsent ist, möglichst viele Frauen erreichen. Erreichbar war das Quartett der Beratungsstelle auch stets in der Lockdown-Phase. Eine Kernaussage in Zeiten des Coronavirus’ lautet denn auch: „Vertrauen trotz Abstand: Wir bleiben für alle da.“