Gladbeck. Der Haupt- und Finanzausschuss Gladbeck diskutierte über die Buersche Straße. Der ADFC sieht hier Verbesserungsbedarf für Fahrradfahrer.
Manchmal kommen ja tatsächlich in einer politischen Diskussion ganz neue Ideen auf. So geschehen am Montag in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses. Dr. Vera Bücker, Sprecherin der ADFC-Ortsgruppe Gladbeck, regte an, an der Buerschen Straße zumindest ein Verkehrsschild aufzustellen, das darauf hinweist: Hier dürfen breite Fahrzeuge wie Autos Fahrräder nicht überholen. Noch besser wäre allerdings ein geschützter Radstreifen. In der Diskussion kam eine Idee aufs Tapet, die selbst Expertin Bücker nach eigenem Bekunden überraschte.
Gladbeck: Der Radweg an der Buerschen Straße wurde im Jahre 1996 eingerichtet und gelobt
Mit ihrem Vorstoß wolle sie die Sicherheit von Radlern und Autofahrern verbessern, betonte sie. Denn, so legte die Vertreterin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs dar, auf der Straße sei es sehr eng – und damit gefährlich – , wenn Verkehrsteilnehmer unterschiedlicher Gruppen zusammentreffen. Und das könnte im schlimmsten Fall wortwörtlich zu verstehen sein. Man stelle sich die Situation vor: Ein Autofahrer stellt seinen Wagen auf dem Parkstreifen ab, öffnet die Tür just in dem Augenblick, in dem ein Drahteselnutzer diese Stelle passiert . . .
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Eng werde es auch, wenn Autofahrer und/oder Busse Radler überholen. Der vorgeschriebene Sicherheitsabstand von 1,50 Meter sei nicht einzuhalten. Bücker rechnete die Breiten von Straße, Radstreifen, Parkraum und Fahrzeugen vor. Dabei sei festzustellen, dass Autos immer größer würden, häufig auf dem Fahrradweg stünden. Die ADFC-Sprecherin berichtete von Pedalrittern, die die Buersche Straße meiden, weil es „dort unangenehm und gefährlich“ sei.
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Das besagte Verkehrszeichen (siehe Info-Box) „würde ins Bewusstsein bringen“, dass ein Überholen von Radlern nur mit Abstand erlaubt sei. Das hebe das Sicherheitsgefühl.
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Bürgermeister Ulrich Roland wies darauf hin: „Der Radweg wurde im Jahre 1996 nach damaligem Stand der Regeln und Technik so eingerichtet und gelobt.“ Dem setzte Olaf Jung (Linke) entgegen: „Nach 25 Jahren kann man bewerten, ob die Situation zeitgemäß ist.“ Er stimmte Bückers Anregung und Ausführungen zu: „Es ist eng, das kann man nicht anders sagen.“ Jung befürwortete das angeregte Überholverbotsschild.
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Baurat Dr. Volker Kreuzer erteilte der Anordnung dieses Zeichens allerdings eine deutliche Absage: „Ich habe mit dem Verkehrsministerium telefoniert.“ Die Sachlage sei „relativ klar“: „Jenseits der Sinnhaftigkeit ist dieses Schild hier unzulässig.“ Radfahrstreifen und -wege, so erläuterte der Fachmann, gelten als „Sonderwege“. Da spreche man von Vorbeifahren, nicht Überholen.
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Die Anordnungsvoraussetzungen seien nicht gegeben, beispielsweise eine erhöhte Gefahr. Indes: „Bei Polizei und Ordnungsamt liegen keine besonderen Vorfälle vor.“ Kreuzer hat den Eindruck, „dass es funktioniert“. Die Situation könnte schöner und besser sein, sei aber „unproblematisch“ – „nicht perfekt, aber gut“. Die Vestische schule ihr Fahrpersonal für derartige Gegebenheiten.
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Verkehrszeichen 277.1
Mit der neuen Straßenverkehrsordnung, die im April in Kraft getreten ist, sind sechs neue Verkehrszeichen für Radfahrer hinzugekommen, unter anderem der Grünpfeil für den Radverkehr, Radschnellweg, Fahrradzone. Und eben das Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen (277.1).
Es drückt aus: Mehrspurigen Kraftfahrzeugen und Krafträdern mit Beiwagen ist das Überholen von einspurigen Fahrzeugen, zum Beispiel Fahrrädern, verboten. Um es anordnen zu dürfen, müssen besondere örtliche Verhältnisse gegeben sein. Dabei kann es sich um gefahrenträchtige Straßenabschnitte, Engstellen, Gefäll- und Steigungsstrecken handeln.
Durch die Realisierung eines geschützten Radstreifens entfielen ersatzlos 119 Parkplätze. Auf diesen unbewirtschafteten Flächen, so Kreuzers Beobachtung, stellen vor allem Kundschaft und Beschäftigte ihre Fahrzeuge ab: „Der durch die Corona-Krise angeschlagene Einzelhandel wäre nicht begeistert.“ Das sah Jung anders: „Parkplätze findet man ohne Schwierigkeiten im daneben liegenden Parkhaus. Da kann man sich kostengünstig einmieten. Das ist Geschäftsleuten zuzumuten.“ Der Baurat konterte: „Die Beschäftigten im Citycenter verdienen ja so viel, dass sie sich einen Platz im Parkhaus leisten können . . .“ Doch auch Simone Steffens (Grüne) fände „es toll, wenn die Parkplätze zugunsten des Radverkehrs wegkämen. Dann müssen sie eben weichen“.
Peter Rademacher: „Wir als CDU bemühen uns, einen Ausgleich zu schaffen zwischen Fußgängern, Auto- und Fahrradfahrern. Wir wollen keine Gruppen gegen einander ausspielen.“ Er mahnte eine „ideologiefreie Lösung“ an und befürwortete einen Vorschlag, den Michael Hübner neu ins Feld führte: Warum nicht den Grünstreifen in der Mitte der Buerschen Straße als Radtrasse ertüchtigen? Dieser Raum gehörte einmal der Straßenbahn. Hübner könnte sich eine Überplanung bis Buer vorstellen, die eine Fahrt zwischen beiden Städten ermögliche.
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Kritisch, so Kreuzer, seien bei solch einer Lösung die Kreuzungsbereiche. Außerdem gab der Baurat zu bedenken: „Das Grün müsste weg.“ Doch gerade in Zeiten des Klimawandels komme Bäumen eine wichtige Bedeutung zu. Aber dieser Ansatz soll weiter diskutiert werden.