Gladbeck. An den Gladbecker Grundschulen bestehen viele Fragen, wie der Regelbetrieb ohne starke Einschränkungen erfolgen soll. Rektoren üben auch Kritik.
Jetzt also doch noch vor den Sommerferien! Die Kollegien der neun Gladbecker Grundschulen müssen sich darauf vorbereiten, ab 15. Juni wieder den kompletten Unterricht für alle Klassen und Kinder aufzunehmen. Trotz jüngst heftiger Diskussionen, ob die Öffnung noch knapp vor den Ferien Sinn macht, hat Schulministerin Yvonne Gebauer angeordnet, den Regelbetrieb an den Primarschulen wieder aufzunehmen. Diese Entscheidung sorgt auch für Skepsis und Sorgen bei Gladbecker Grundschulleitungen.
Das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus ist nach wie vor gegeben
Denn das Infektionsrisiko mit dem Corona-Virus sei ja nach wie vor gegeben, sagt Cäcilia Nagel, Rektorin der Lambertischule in der Stadtmitte. Und die Abstandsregel von 1,50 Metern solle nach wie vor in der Öffentlichkeit eingehalten werden, "warum wird das dann für die Grundschulen aufgehoben, das kann ich nicht nachvollziehen". Es sei klar, so die Schulleiterin weiter, "dass bei 25 bis 28 Kindern in einer Klasse" alle Sitzplätze wieder normal eng genutzt werden müssten.
Für weitere Fragezeichen sorgt die Aussage der Ministerin, dass der notwendige Infektionsschutz "durch das Prinzip konstanter Lerngruppen erfüllt" werde, die sich nur streng im Klassenverband und ohne Teilung mit nur einer Klassenleitung enger begegnen sollen. Um eine Durchmischung von Lerngruppen auf dem Schulgelände oder in den Gebäuden zu vermeiden, bedürfe es "an den Schulen gestaffelter Anfangs- und Pausenzeiten für alle Klassen", so Yvonne Gebauer weiter. Das sei vielleicht für kleinere Grundschulen machbar, "aber wie soll ein versetzter Schulbeginn oder eine Pausen-Staffelung bei 330 Schülerinnen und Schülern, die die Lambertischule besuchen, ohne Störung des generellen Unterrichtsbetriebes funktionieren", fragt Cäcilia Nagel.
Ein Regelbetrieb gemäß der Stundentafel ist nicht möglich
Ein grundsätzlicher Regelbetrieb gemäß der Stundentafel sei derzeit auch schwer möglich. "Denn mir fehlen nach wie vor sechs Vollzeitkräfte des 24-köpfigen Kollegiums, darunter drei Klassenlehrerinnen, die coronabedingt nicht unterrichten dürfen", so die Rektorin. Dieser Mangel schlage sich auch auf die Möglichkeit, "den Fachunterricht im vollen Umfang durchzuführen", nieder. Und wie die wichtige Förderung Deutsch als Zweitsprache, "die immer in durchmischten Kleingruppen erfolgt", funktionieren solle, sei ihr auch schleierhaft.
Anne Frieß, Leiterin der Regenbogenschule, erwartet bei Vollbetrieb rund 400 Schülerinnen und Schüler und sieht es ebenfalls als "schwierig, alle Vorgaben des Ministeriums in der Praxis zu erfüllen". Es sei fraglich, "ob es unbedingt sein muss, zwei Wochen vor den Sommerferien den Regelbetrieb wieder aufzunehmen". Dass die Belastung für berufstätige Eltern in den vergangenen Wochen groß war, sei nachvollziehbar. Sie habe jetzt wiederum schon viele besorgte Anfragen von Eltern erhalten, wie sicher denn der Schulbesuch für ihr Kind bei einer generellen Öffnung sei. Sie gehe trotz Schulpflicht so davon aus, "dass einige Eltern sagen, ich werde meinem Kind für zwei Wochen nicht dieses Infektionsrisiko antun".
Den Lernstoff für das Schuljahr haben alle Klassen bereits behandelt
Das Argument aus dem Schulministerium, dass durch den wieder stattfindenden Regelunterricht die Bildungsgerechtigkeit und der Lernstand für einen besseren Start ins kommende Schuljahr, etwa an der weiterführenden Schule, noch verbessert werden könne, sei für sie auch nicht stichhaltig. Die vierten Klassen, so wie die anderen auch, "sind schon lange mit dem kompletten Lernstoff durch", so Rektorin Frieß.
Bei der Stadt ist man als Schulträger zuversichtlich, die neue Herausforderung bewältigen zu können. Die Eigenverantwortung bleibe aber weiterhin wichtig, unterstreicht Schulamtsleiterin Bettina Weist, "Eltern sollten so darauf achten, ihr Kind mit einer Schutzmaske zu versorgen". Das Land vollziehe nun wohl einen Schwenk hin zum schwedischen Modell, sagt Schuldezernent Rainer Weichelt. Dort seien die Schulen nicht geschlossen und Infektionen für eine schnellere Immunisierung in Kauf genommen worden, "bei jungen Menschen, die den Virus besser bewältigen können".
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>>>OGS-Betrieb startet auch
Unter Beachtung des Hygienekonzepts der Schule und der vorhandenen Kapazitäten soll auch der OGS-Betrieb "sowie der Betrieb der sonstigen Betreuungsangebote" an den Grundschulen wieder aufgenommen werden. Einschränkungen der Nachmittagsbetreuung, etwa aufgrund personeller Engpässe, sind laut Schulministerium aber möglich.
Die für die Sommerferien vorgesehenen OGS-Angebote sollen ebenfalls "unter Beachtung geltender Infektionsschutzregeln" durchgeführt werden. Das Ministerium prüft darüber hinaus, "zusätzliche Ferienangebote für weitere Schülergruppen zu ermöglichen und entsprechend finanziell auszustatten". Informationen dazu sollen kurzfristig erfolgen.