Gladbeck. Sechs Stunden waren nötig, um die Stadthalle unter Beachtung aller Corona-Regeln für den Sozialausschuss herzurichten. Getagt wurde 30 Minuten.
Knapp 30 Minuten hat die Sitzung des Ausschusses für Soziales, Senioren und Gesundheit am Dienstag gedauert. So viel Zeit brauchte es, den Tagesordnungspunkt 5 - die „Corona-Fälle in Gladbeck“ - wieder von der Tagesordnung verschwinden zu lassen.
CDU: In der Corona-Krise geht es originär um Themen des Sozialausschusses
Die hohe Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus hatte die CDU dazu veranlasst, diesen Punkt per Antrag auf die Tagesordnung setzen zu lassen. Konkret hatten sie unter anderem um Berichterstattung über die Situation in Behinderteneinrichtungen sowie die Lage am Problem-Hochhaus Steinstraße 72 gebeten.
Die Ausschussvorsitzende Müzeyyen Dreessen (CDU) erläuterte eingangs, warum sie der Sitzung zugestimmt und den Ausschuss einberufen hatte. In der Corona-Krise, so ihre Begründung, gehe es seit Monaten originär um Themen des Sozialausschusses - „um Senioren, um Gesundheit, um Soziales“. Zudem sitze hier neben der politischen Fachkompetenz auch „die Fachkompetenz der Vertreter der Wohlfahrtsverbände, des Behinderten- und Seniorenbeirates“.
In der Sitzung, die natürlich coronabedingt unter Einhaltung aller Schutzmaßnahmen im großen Rund der Stadthalle über die Bühne ging, stellte Norbert Dyhringer (SPD) dann den Antrag, diesen Punkt in den am 8. Juni tagenden Haupt- und Finanzausschuss (HFA) zu verlegen. In seiner Begründung verwies er auf den von den Ratsmitgliedern mehrheitlich getroffenen Beschluss, in Zeiten der Corona-Pandemie den HFA zum „kleinen Rat“ zu machen und zudem auf Fachausschusssitzungen zu verzichten, wenn dort nur Berichterstattungen und keine Beschlüsse anstehen.
Michael Dahmen (CDU) forderte nachvollziehbare Erklärungen ein
Dagegen argumentierte für die CDU Michael Dahmen. Das Thema sei zu wichtig, um es in den erst in drei Wochen tagenden HFA zu verschieben. Schon seit Stellung des CDU-Antrages habe sich die Zahl der Todesfälle von 17 auf 21 erhöht. Keine Stadt im Umfeld weise auch nur annähernd gleich dramatische Corona-Fallzahlen auf. Die Erklärungsversuche des Kreisgesundheitsamtes für die Corona-Lage in Gladbeck bezeichnete Dahmen zudem als „bisher völlig unbefriedigend“. Man brauche jetzt nachvollziehbare Erklärungen.
Für den Antrag, die Corona-Fälle im HFA zu erörtern, sprach sich dann wiederum Volker Musiol (SPD) aus. Eine Stellungnahme für die Verwaltung gab im Anschluss der Erste Beigeordnete Rainer Weichelt ab. Beide plädierten für eine Diskussion im HFA als derzeit „höchstes Gremium der Demokratie“, so Weichelt. Noch dazu liege die eigentliche Zuständigkeit (Heimaufsicht und Gesundheitsamt) beim Kreis Recklinghausen.
Beide Wortbeiträge wollte Müzeyyen Dreessen in ihrer Funktion als Ausschussvorsitzende eigentlich gar nicht mehr zulassen. Sie musste sich dann aber von Weichelt darüber belehren lassen, dass das Vorgehen genau der geltenden Geschäftsordnung entspreche.
Die Stadthalle für die Sitzung coronagerecht herzurichten hat sechs Stunden gedauert
Mit einer knappen Mehrheit (sieben Stimmen dafür, sechs dagegen), wurde der Tagesordnungspunkt dann an den Haupt- und Finanzausschuss weitergereicht. Nach nicht einmal 30 Minuten Sitzungsdauer. Die Stadthalle für die Sitzung vorzubereiten, hat dramatisch mehr Zeit in Anspruch genommen. „Gut sechs Stunden hat es gedauert“, erklärt Stadthallen-Chefin Dagmar Wollschläger-Musiol am Tag nach der Sitzung auf Anfrage der WAZ.
Acht Mitarbeiter seien mit Aufbau und Einrichtung der Technik unter Berücksichtigung der Corona-Schutzregeln beschäftigt gewesen. Vom Desinfizieren und Aufstellen der Tische mit den notwendigen Abständen bis zum Ausstatten aller Mikrofone mit einem Plastiktütenschutz. Und da derzeit auch noch am Boden in der Stadthalle gearbeitet wird, musste der Saal auch noch gründlich gereinigt werden, bevor die Politik Platz nehmen konnte.