Gladbeck. In einem Seniorenzentrum in Gladbeck ist eine Bewohnerin mit dem Coronavirus infiziert. Diese Vorsichtsmaßnahmen treffen andere Einrichtungen.

Während im Elisabeth-Brune-Zentrum eine Bewohnerin positiv auf das Coronavirus getestet worden ist, sind in den anderen Senioreneinrichtungen in Gladbeck Bewohner und Mitarbeiter bisher verschont geblieben. Angespannt und unter großem Stress aber sind alle in diesen Wochen. In einigen Häusern wird die Schutzbekleidung knapp, in anderen muss man vor allem dementiell Erkrankten immer wieder erklären, warum sie Haus und Gelände nicht verlassen dürfen und warum die Angehörigen nicht mehr kommen.

Beim Diakonischen Werk, in Gladbeck Träger des Martha- und des Vinzenzheims, mit 74 bzw. 80 Bewohnern und ca. 200 ambulanten Kunden, tauschen sich jeden Morgen die Heimleitungen, zwei Hygienefachkräfte und die Verantwortlichen des Ambulanten Dienstes in einer Telefonkonferenz über alle wichtigen Fragen aus, zum Beispiel Personalausfälle oder Materialbeschaffung. Die protokollierten Ergebnisse dieses Expertenkreises werden anschließend in den Einrichtungen besprochen und umgesetzt. „Das klappt hervorragend“, sagt Kerstin Schönlau, Geschäftsbereichsleiterin Seniorenhilfe. „Alle fühlen sich in Sicherheit.“ Seit dem Besuchsverbot hält das Diakonische Werk Angehörige der Bewohner per Newsletter und auf Facebook immer auf dem neuesten Stand. Kerstin Schönlau: „Wir bekommen sehr positive Rückmeldungen.“

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Im Innenhof eines Hauses haben Mitarbeiter musiziert, Bewohner haben an offenen Fenstern mitgesungen

Insgesamt herrsche in den Häusern eine ruhige und auch fröhliche Atmosphäre, zumal man das übliche Angebot, wie das beliebte Kegeln, aufrecht erhalte, wenn auch in kleineren Gruppen als früher. Beim Caritasverband, Betreiber der Senioreneinrichtungen Johannes-van-Acken- und St. Altfrid-Haus sowie des Suitberthauses für Behinderte und seine Außenwohngruppen, hat man sich ein paar schöne Aktionen ausgedacht, um den Bewohnern das Leben ohne Besuch ein wenig zu erleichtern. Vorstand Rainer Knubben: „Im Innenhof des van-Acken-Hauses haben Mitarbeiter musiziert, und die Bewohner haben an den offenen Fenstern mitgesungen.“ Für Palmsonntag ist ein Gottesdienst nach diesem Muster geplant. Im Suitberthaus basteln Bewohner Kerzen, die sie ihren Angehörigen zu Ostern schicken.

Die Krise schweißt noch enger zusammen

Mechtild Eckholt ist sehr stolz auf ihre Bewohner und das Personal: „Die Krise und ihre Folgen schweißen noch enger zusammen. Wir sind alle betroffen, und das schafft Solidarität.“ Sie zitiert Eduard Michelis, den Namengeber des Hauses: „Zusammenwirken gibt eine unbezwingbare Kraft.“

Und mit einem Augenzwinkern fügt sie noch ein Zitat aus einem Film mit Hape Kerkeling hinzu, das sie in dieser Krisenzeit auch zum Leitmotto im Eduard-Michelis-Haus erklärt hat: „Ich nehm’ gern noch einen Eierlikör. Das Leben muss ja weitergehen.“

Von allen Aktivitäten werden Clips und Fotos ins Internet gestellt, „damit die Verwandten sehen, dass unsere Bewohner hier nicht heulend rumsitzen“. Aber natürlich bringt die außergewöhnliche Situation auch Probleme in allen Einrichtungen. Rainer Knubben weiß zwar, dass es auch in Krankenhäusern Schwierigkeiten gibt, trotzdem wünschen er und die anderen Verantwortlichen in den Seniorenzentren sich, dass Bewohner bei einem Klinikaufenthalt auf das Coronavirus getestet werden und nur bei negativem Befund wieder zurück kommen. Knubben: „Wir müssen diese Menschen 14 Tage unter Quarantäne stellen, weil wir nicht wissen, ob sie sich infiziert haben. Das ist ein enormer Aufwand und schlimm für die Betroffenen.“

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Und noch etwas ärgert ihn ungemein: „Ich musste in der vergangenen Woche fünf Mitarbeiter vorsorglich in häusliche Quarantäne schicken, weil sie Kontakt zu Infizierten hatten und trotzdem nicht getestet worden sind. Wenn ich dann lese, dass jetzt alle Profifußballer regelmäßig getestet werden sollen, läuft mir wirklich die Galle über. Welche Prioritäten werden hier gesetzt?“

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Mechtild Eckholt ist Einrichtungsleiterin im Eduard-Michelis-Haus.
Mechtild Eckholt ist Einrichtungsleiterin im Eduard-Michelis-Haus. © FUNKE Foto Services | Thomas Goedde

Nach draußen geht es nur noch mit einem Mundschutz

Im Wohnpark Luisenhof (Betreiber: Charlston Holding aus Füssen) leben 107 Männer und Frauen. Gruppenangebote hat man dort vorübergehend gestrichen. Auch im Foyer dürfen sich die Bewohner nicht mehr treffen. Wer in den Rosengarten möchte, muss einen Mundschutz tragen. Das gilt auch, wenn Bewohner das Gelände für einen kurzen Spaziergang in Begleitung eines Mitarbeiters des sozialen Dienstes verlassen, was noch erlaubt ist. „Die meisten Bewohner reagieren verständnisvoll“, hat Einrichtungsleiterin Simone Mettbach festgestellt. „Sie halten auch von allein den nötigen Abstand zu einander.“ Mit den Angehörigen können sie über Skype in Verbindung bleiben.

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Im Eduard-Michelis-Haus (Träger ist der Orden der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung) ist man aktuell damit beschäftigt, diese Möglichkeit auch für seine 120 Bewohner bereitzustellen. „Das ersetzt zwar nicht den persönlichen Kontakt zu den Lieben, aber man kann sich zumindest sprechen und sehen“, sagt Einrichtungsleiterin Mechtild Eckholt. Innerhalb des Hauses sind alle ein bisschen auseinandergerückt. In den Speiseräumen beispielsweise stehen weniger Stühle als üblich, die Bewohner essen in zwei „Schichten“. Auch in den Wortgottesdiensten („Die sind für unsere Bewohner sehr wichtig.“) wird mehr Abstand gehalten. Und Improvisationstalent beweist man auch: Eigenes Personal – eine gelernte Friseurin und eine Fußpflegerin – haben übernommen, was zu normalen Zeiten von externen Fachleuten erledigt wird, die jetzt nicht mehr ins Haus dürfen.