Gladbeck. In Gladbeck nähen Mitarbeiter der Caritas und Awo Atemschutzmasken. Pflegedienste bereiten sich auf die Ausbreitung des Coronavirus’ vor.

Not macht erfinderisch. Wie wahr diese Binsenweisheit ist, zeigt sich jetzt während der Corona-Krise. Mundschutze sind Mangelware, kaum noch verfügbar. Das gilt für Kliniken ebenso wie in der Pflege. Denn der Markt ist so leergefegt, wie es die Straßen sein sollten. Der Caritasverband Gladbeck stellt nun in seinen Werkstätten für Menschen mit Behinderung selbst Atemschutzmasken her.

Gladbeck: Mitarbeiter bei der Caritas nähen selbst Schutzmasken

Antonia Gemein berichtet: „Unsere Mitarbeiter nähen zurzeit Masken.“ Die Caritas-Sprecherin unterstreicht: „Sie sind für unseren Eigenbedarf bestimmt.“ Der Verband muss sich jedoch nicht auf seine Qualitäten als Selbstversorger verlassen: „Wir haben gerade mehrere Hundert Schutzmasken an unsere Standorte verteilt.“ Und eine weitere Quelle habe die Caritas aufgetan: „Da haben wir noch einmal eine größere Menge FFP2-Atemschutzmasken nachgeordert.“ Also Partikelfiltrierende Modelle.

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Antonia Gemein, Sprecherin des Caritasverbandes Gladbeck: „Wir haben eine größere Menge FFP2-Masken geordert.“
Antonia Gemein, Sprecherin des Caritasverbandes Gladbeck: „Wir haben eine größere Menge FFP2-Masken geordert.“ © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Wann indes die Lieferung Gladbeck erreichen wird, lässt sich nicht sagen. Nuray Gemici, Chefin der Mipcura24 GmbH an der Hegestraße, erzählt: „Wir haben am 10. Februar Material geordert, ein normaler Bestellvorgang.“ Schließlich benötigt der ambulante Pflegedienst, der Intensivpflegepatienten betreut, permanent Artikel wie Schutzmasken und Desinfektionsmittel. Zu diesem Zeitpunkt seien die Auswirkungen der Coronavirus-Verbreitung noch nicht absehbar gewesen. Doch: „Bis dato ist uns nichts geliefert worden. Die Recherche hat ergeben, dass unsere Bestellung aufgenommen worden ist.“ Bezahlt sei sie auch schon, doch es gebe Lieferschwierigkeiten. Das findet Gemici „erschreckend“, auch wenn sie meint: „Wir haben immer einen Vorrat. Wir sind für etwa sechs Monate safe.“

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52 Beschäftigte betreuen aktuell bei Mipcura24 zwölf Intensivpatienten, die beatmet werden: Menschen zwischen 18 und 96 Jahren. Gemici: „Meine Mitarbeiter sind alle wohlauf, gut aufgeklärt und nicht in Panik.“ Was allerdings die Chefin aufregt, ist „die Frechheit, mit der jetzt Preise aufgerufen werden“: „Sie sind doppelt oder sogar dreimal so hoch wie sonst.“ Wucher mit Medizinprodukten in einer Notlage sollte „strafrechtlich verfolgt werden“.

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Stefan Horn vom gleichnamigen Pflegedienst sagt: „Kurz vor dem großen Run haben wir Kittel, Überschuhe, Hauben und Handdesinfektionsmittel bekommen. Mund-Nasen-Masken haben wir auch in ausreichender Menge.“ Er sieht den Betrieb „im Moment sehr gut aufgestellt“.

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Die Mundschutze setzen, so Horn, seine rund 80 Mitarbeiter streng nach den Richtlinien des Robert-Koch-Instituts ein. Der Fachmann legt Wert darauf, dass die Ressourcen nicht vergeudet werden, da „Mundschutze in Krankenhäusern gebraucht“ werden. Sollten die Mittel zu Neige gehen, müsste man sich an Minister Spahn wenden. Bei personellen Engpässen – immerhin betreut das Horn-Team einschließlich Tagespflege 450 Menschen – sei das Gesundheitsamt Ansprechpartner.

100 Jahre Awo in Gladbeck

Die Arbeiterwohlfahrt Awo feiert 100-jähriges Bestehen in Gladbeck vor dem Alten Rathaus. Um Punkt 12 Uhr wurde mit dem Knappenverein und dem turmbläser das Steigerlied gesungen. Foto: Oliver Mengedoht / FUNKE Foto Services
Die Arbeiterwohlfahrt Awo feiert 100-jähriges Bestehen in Gladbeck vor dem Alten Rathaus. Um Punkt 12 Uhr wurde mit dem Knappenverein und dem turmbläser das Steigerlied gesungen. Foto: Oliver Mengedoht / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht
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Sandra Schubert, Sprecherin beim Unterbezirk Münsterland-Recklinghausen der Arbeiterwohlfahrt (Awo): „Vorsichtig würde ich sagen: Es reicht. Desinfektionsmittel hatten wir schon vor der Krise auf Lager.“ Martina Waldner stimmt dieser Aussage für Gladbeck zu: „Wir sind gut gerüstet.“ Seit vier Wochen bestelle die Awo, „wo es geht“. Waldner: „Allein tausende an Litern Desinfektion verbrauchen die Schwestern.“ Eine Schneiderin habe aber auch bereits 75 Mundschutze, die gewaschen werden können, genäht. Aber Waldner macht sich Sorgen für die Situation, dass infizierte Patienten betreut werden müssen: „Dann brauchen wir FFP2-Masken.“ Für den Ernstfall seien alle Dienste „bestens geschult“.

Laut Robert-Koch-Institut ist ab sofort Mund-Nasen-Schutz angezeigt

„Es gibt noch keinen Erlass oder etwas ähnliches, nach dem unsere Pflegekräfte grundsätzlich bei ihrer Arbeit einen Mundschutz tragen müssen.“ Das sagte Antonia Gemein noch vor kurzem. Doch das ist passé. Die Caritas-Sprecherin meldet ganz aktuell: „Das Robert-Koch-Institut hält es jetzt für angezeigt, dass unsere Dienste und die Kräfte in den stationären Einrichtungen ab sofort einen Mund-Nasen-Schutz tragen.“

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Von Matthias Korfmann

Bislang, so berichten es Pflegedienstanbieter in Gladbeck, hatte das Personal einen Ermessensspielraum, durfte auch auf Wünsche der Patienten und Kunden eingehen. „Es gibt Fälle, in denen die Menschen ihre Betreuung von Angesicht zu Angesicht sehen wollen“, weiß Antonia Gemein. Das sei nicht mehr möglich.

In Zeiten von Corona ist gemeinsames Einkaufen gestrichen

In der derzeitigen Situation wurde nach ihrer Aussage die Arbeit in der Pflege bei der Caritas umstrukturiert. Kernfrage: Was sind Leistungen, auf die man akut nun verzichten kann? Gemein erläutert: „Wir bieten nicht nur Pflege an, sondern auch Unterstützung im Haushalt.“ Dass etwa Fensterputzen derzeit nicht zu den vorrangigen Aufgaben zählt, dürfte unstrittig sein. Wer ambulant in einer Wohnung betreut wird und bis vor einiger Zeit gemeinsam mit einer Kraft einkaufen ging, muss nunmehr darauf verzichten: Diese Besorgungen werden von den Beschäftigten organisiert.

Das teilt auch Martina Waldner von der Arbeiterwohlfahrt mit. Sie sagt: „Junge Leute kamen von sich aus auf uns zu und haben Unterstützung angeboten.“ Ein Beispiel: ein Einkaufsservice. Die Expertin freut sich: „Gladbeck ist die Stadt der kurzen Wege. Da ist man sehr eng mit einander verbunden, zum Beispiel Diakonie, Rotes Kreuz, Caritas und andere.“ Parteien, Vereine und Menschen, die nicht organisiert seien, wollen ebenfalls etwas Positives tun. Waldner: „Man hilft sich sich hier in Gladbeck gegenseitig.“