Gladbeck. Ein 28-jähriger Bundeswehrsoldat und seine Freundin bauten alkoholisiert einen Unfall. Die Frage, wer am Steuer saß, bleibt ungeklärt.

Ein Pkw prallt frühmorgens auf der Bottroper Straße gegen einen am Straßenrand abgestellten Lastwagen. Die beiden Insassen werden verletzt, stehen unter Alkoholeinfluss. Rettungsdienst und Polizei sind schnell am Unfallort. Eine ganz entscheidende Frage bleibt offen: Wer saß am Steuer? Der heute 28-jährige Bundeswehrsoldat S. oder seine damalige Freundin (heute 24)? Mehr als zwei Jahre liegt der Unfall zurück. Jetzt – nach drei Verhandlungen in dieser Sache – setzte das Schöffengericht am Amtsgericht Gladbeck den Schlusspunkt.

Ihre kurz nach dem Unfall abgesprochene Aussage, ein Dritter habe den Wagen gefahren und sei geflüchtet, korrigierte der 28-Jährige schon wenige Stunden später im Krankenhaus: Seine Freundin habe am Steuer gesessen. Ermittelt wurde zunächst gegen beide Fahrzeuginsassen. S. wurde schließlich der versuchten Strafvereitelung angeklagt, blieb bei seiner Aussage. Das Verfahren wurde gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt.

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28-Jähriger kletterte aus dem Fenster der Fahrerseite

Im August 2018 dann musste sich die 24-Jährige wegen des Unfalls unter Alkoholeinfluss vor Gericht verantworten. Auch da wiederholte er als Zeuge seine Version des Geschehens: Man habe in größerem Kreis zuerst in einer Kneipe, später in seiner Wohnung in Rentfort gefeiert und reichlich Alkohol getrunken. Gegen 5 Uhr in der Frühe habe seine damalige Freundin darauf bestanden, ihre Hunde aus ihrer Wohnung in Ellinghorst zu holen. Er habe vergeblich versucht, sie von dieser Autofahrt abzuhalten und sei schließlich „in meinem verliebten und betrunken Kopf“ mit ins Auto gestiegen.

Nach dem Crash auf der Bottroper Straße hätten sich auf seiner Beifahrerseite weder Tür noch Fenster öffnen lassen. Deshalb hätten er und seine Freundin die Plätze getauscht, und er sei auf der Fahrerseite durch das Fenster aus dem Auto geklettert, um sich ein Bild von der Situation zu machen und eine Möglichkeit zu finden, seine Freundin aus dem Wagen zu holen.

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Die ehemalige Freundin konnte sich an nichts erinnern

In der Verhandlung gegen die 24-Jährige kam das Gericht – nach Anhörung weiterer Zeugen – zu einer anderen Überzeugung. Die junge Frau wurde freigesprochen. Weil der 28-Jährige nach seiner Zeugenaussage vereidigt worden war, stand er jetzt folgerichtig wegen Meineids vor Gericht.

„Es war keine Falschaussage. Sie ist gefahren“, wiederholte der Berufssoldat auch hier. Seine damalige Freundin trug als Zeugin zur Aufklärung nichts bei: Sie könne sich an die Vorfälle jener Nacht überhaupt nicht erinnern, behauptete sie. Sie sei betrunken gewesen. In ihrer eigenen Verhandlung hatte sie geschwiegen. Weitere Zeugen stützen die Angaben des Angeklagten: Zwei McDonalds-Mitarbeiter sagten aus, die beiden seien am frühen Morgen am Drive-in vorgefahren, die Frau habe am Steuer gesessen. Sie konnten sich gut erinnern, weil beide Insassen kein Geld bei sich hatten, um das Essen zu bezahlen.

Wer am Steuer des Unfallautos saß, bleibt letztlich ungeklärt

Die entscheidende Frage, ob die junge Frau nach dem Unfall auf dem Beifahrersitz eingeklemmt war, dort also beim Unfall saß, wurde nicht zweifelsfrei beantwortet. Ein Feuerwehrmann sagte aus, man habe das Autodach abgeschnitten, um die offensichtlich verletzte Frau schonend aus dem Fahrzeug zu heben. Ob sie eingeklemmt war, wisse er nicht.

Am Ende waren sich Staatsanwältin, Verteidiger und Schöffengericht einig: Der 28-jährige Oberfeldwebel wurde freigesprochen. Im Falle einer Verurteilung hätte ihm ein weiterer Prozess wegen der Trunkenheitsfahrt gedroht. Wer am Steuer des Unfallautos saß, bleibt also letztlich ungeklärt, denn nach ihrem Freispruch kann auch die 24-Jährige nicht noch einmal belangt werden.