Gladbeck. Die Fraktionen sind verärgert, dass die Verwaltung die Politik über das geplante islamische Schülerwohnheim nicht vorab informiert hat.

Die Politik reagiert in Sachen islamisches Jungenwohnheim mit deutlichem Ärger gegenüber der Stadtspitze. „Es ist völlig unangemessen, dass dieses Thema nicht über die politischen Gremien in den Diskurs eingebracht worden ist und wir über Presseberichte davon überrascht werden“, schimpft SPD-Fraktionschef Michael Hübner. Geradezu „handstreich- und überfallartig mit einem so wichtigen Thema konfrontiert zu werden, das ist ein absoluter Hammer“, sagt CDU-Fraktionschef Peter Rademacher.

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Seine Fraktion hatte umgehend noch am Mittwochabend reagiert und einen Dringlichkeitsantrag für die Ratssitzung am 19. Februar gestellt, den Punkt „Informationspolitik der Stadtverwaltung“ zu diskutieren, da das Vorgehen der Verwaltung, „bezüglich der Pläne zur Errichtung eines islamischen Wohnheims, allen demokratischen Gepflogenheiten“ widerspreche.

Knappe Mitteilung im Integrationsrat, ohne Details zu nennen

Sozialdezernent Rainer Weichelt hatte am Mittwochmittag die Presse im Rathaus gemeinsam mit Vereinsvertretern über das Bauvorhaben auf dem ehemaligen Kirchengrund der Paulus-Gemeinde informiert. Am Abend erfolgte zudem zum Ende der Sitzung des Integrationsrates eine knappe Mitteilung des Dezernenten, dass der Verein Interkulturelles Bildungszentrum Gladbeck (IBG) den Bau einer Bildungseinrichtung auch mit Übernachtungsmöglichkeit plane – ohne konkreter auf Details einzugehen. Etwa, dass es sich hierbei, wie im Pressegespräch von der WAZ erfragt, im Schwerpunkt um ein islamisches Teilzeit-Internat handelt, indem ausschließlich Jungen von Montag bis Freitag leben und übernachten, die hier nach dem Regelschulbesuch auch mit religiösem Schwerpunkt weitergebildet werden.

Stadt reagiert auf Kritik

Bürgermeister Ulrich Roland reagiert am Donnerstagnachmittag auf die Kritik, die sich zur Informationspolitik der Stadt in Sachen islamisches Wohnheim artikuliert hat. „Diese Kritik wird nachvollzogen“, so der Bürgermeister.

In seinem Schreiben an die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses beantragt Roland weiter, das Thema auf die öffentliche Tagesordnung der Ausschusssitzung am 17. Februar zu setzen. Bisherige Planungen und Inhalte des Projektes sollen dann vorgestellt werden.

Das Wohnheim, das der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) als Dachverband des IBG in Gladbeck bauen möchte, ist kein absolutes Novum, da der Verband deutschlandweit schon rund 20 dieser Einrichtungen errichtet hat. Diese Teilzeitinternate stehen auch in der Kritik. So soll ein im Auftrag des hessischen Sozialministeriums erstelltes, nicht veröffentlichtes wie durchaus umstrittenes Gutachten, feststellen, dass die Heime integrationshemmend seien und einen strengen scharia-orientierten Islam indoktrinieren würden. Ein veröffentlichtes und so nachvollziehbareres Gegengutachten im Auftrag des VIKZ bestätigt eine Indoktrination und muslimische Elitenbildung nicht. Gleichwohl spiegelt die Expertise aber die konservative religiöse Grundhaltung der Betreiber wider, die eben im Heim nicht den kritischen politischen, gesellschaftlichen und interreligiösen Diskurs fördert.

„Die Stadt beweist so wenig Fingerspitzengefühl wie bei der Einführung des Muezzin-Rufes“

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Man müsse auch in Gladbeck akzeptieren, dass sich die Gesellschaft verändert hat und Menschen mit muslimischem Glauben einen großen Teil der Gladbecker Bürger ausmacht, „die auch ihrer Religion leben wollen“, sagt Michael Hübner. Gerade angesichts der laufenden Integrationsbemühungen, müsse die Stadt solche Themen aber sensibler an die Öffentlichkeit bringen. „Die Stadt beweist hier ebensowenig Fingerspitzengefühl, wie bei der Einführung des Muezzin-Rufes“, sagt Peter Rademacher. „Die Stadtspitze hat aus dem damaligen Fehler, nicht rechtzeitig vorab informiert zu haben, und der breiten öffentlichen Empörung, offensichtlich nichts gelernt.“

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Simone Steffens, Fraktionsvorsitzende der Grünen, möchte, dass Ruhe in die Diskussion kommt. Sie habe Bedarf, „mehr zu den Zielen des Vereins zu erfahren“, und warum es überhaupt Bedarf für ein Wohnheim zur schulischen Nachhilfe gebe. „Unterschrieben ist zu den Plänen noch nichts, es gibt noch keinen mit der Stadt geschlossenen Erbpachtvertrag für das Baugrundstück“, unterstreicht Michael Hübner. Seine Fraktion sehe das Thema kritisch. „Hier hat die Politik noch ein Wort mitzureden und zu entscheiden, ob es überhaupt zur Unterschrift kommt.“ Für die CDU ist die Entscheidung dazu schon jetzt klar. Peter Rademacher: „Wir werden dem Vertrag zum Bau eines solchen Internats nicht zustimmen.“