Gladbeck. Die Stadtverwaltung stellte die aktuelle Situation der verfügbaren Kindergartenplätze vor. Der Kita-Ausbau muss weitergehen, weil Plätze fehlen.
Trotz aller Anstrengungen, zügig weitere Kindergartenplätze für die 3842 berechtigten Kinder in Gladbeck zu schaffen, kann die bestehende Versorgungslücke kaum geschlossen werden. Fakt ist, dass zum Start des neuen Kindergartenjahres im August allein für die 2388 Kinder im Alter ab drei Jahren 324 Plätze fehlen. Diese Altersgruppe hat einen Rechtsanspruch auf Betreuung in einer Kindertagesstätte. Ihre Unterbringungsmöglichkeit entspricht stadtweit einer Quote von lediglich 84,4 Prozent.
Die Stadtverwaltung stellte dem Jugendhilfeausschuss „schönere“ Zahlen vor, da sie einerseits die erst im kommenden Jahr sukzessive zur Verfügung stehenden Plätze in geplanten Neubauten schon mit einrechnete und andererseits eine „reale Nachfragequote“ von 98 Prozent als Vollversorgung der Ü3-Kinder ansieht. Nach diesem Berechnungsmaßstab würden also 2340 Plätze die Nachfrage decken. So ergab sich die von Michael Freudiger (Abteilungsleiter Frühe Bildung und Betreuung) dem Ausschuss vorgetragene leicht verbesserte Versorgungsquote von 94,7 Prozent (Vorjahr 91 %), die faktisch aber erst im Jahresverlauf 2021 steht, wenn die drei Container-Kitas des Sofortprogramms der Stadt alle in Betrieb gegangen sind.
Erste Sofortprogramm-Kita entsteht bis Januar 2021 an der Uhlandstraße
Die dazu geplante Einrichtung an der Uhlandstraße (75 Plätze, ehemaliger Standort Flüchtlingsunterkünfte) sollte eigentlich schon für das neue Kita-Jahr zur Verfügung stehen, sie wird aber „erst zum Jahreswechsel 2020/21“ ihre Türen öffnen. In den weiteren Monaten folgen laut Ausbauplan eine weitere Drei-Gruppen-Kita am Sportplatz Berliner Straße sowie Einrichtung mit zwei Gruppen (50 Plätze) an der Holthausstraße im Bereich der städtischen Kita Vehrenbergstraße. „Alle Fachämter sind mit großer Anstrengung, bei eng bemessenem Personal, dabei, die Kitas an den Start zu bringen“, teilte Christine Hellebrand, Leiterin des Amtes für Jugend und Familie, mit.
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Apropos Personal. Wo die Fachkräfte für die neuen Kitas bei leer gefegtem Personalmarkt herkommen sollen, diese kritische Frage stellten Ausschussmitglieder. „Wir wissen selber nicht, wo wir das Personal für die im Bau befindliche neue Kita an der Christuskirche sowie für die geplante Randzeitenkita an der Heringstraße herkriegen sollen“, so Wilfried Allkemper, Geschäftsführer der Ev. Kirche Gladbeck. Kita-Leiter Michael Wichert (CDU) mahnte, „dafür auch das nötige Geld in die Hand zu nehmen“ und die Betreuungsqualität angesichts der gestiegenen Anforderungen (multinationale Kinder) nicht zu schwächen, indem Kita-Träger von bestehenden Einrichtungen Fachkräfte bis auf den Mindeststandard abziehen, um Personallücken anderswo zu schließen. Volker Musiol (SPD) regte an, weiter bei der Johannes-Kessels-Akademie zu insistieren, zusätzliche Ausbildungsplätze für Erzieherinnen und Erzieher einzurichten.
Nur für 28 Prozent der jüngeren Kinder gibt es in Gladbeck einen Kitaplatz
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Die Situation verschärft sich in Gladbeck zudem, weil ein Kind bereits ab dem ersten vollendeten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf Betreuung hat. Diese frühkindliche Förderung kann allerdings in einer Kita oder in einer Kindertagespflege erfolgen. Letztere Möglichkeit ist mit aktuell 173 Plätzen eine wichtige Säule, um den Betreuungsbedarf angesichts fehlender Kita-Plätze abzufedern. Denn selbst mit dem neuen Platzangebot stehen für die 2300 Kinder im Alter unter drei Jahren in Gladbeck nur 455 Plätze in Kindertageseinrichtungen zur Verfügung. Mit den Kindertagespflegeplätzen (173) und denen der Großtagespflegen (27) ergibt sich eine Versorgungsquote von 28,5 Prozent (Vorjahr 27,7).
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Insgesamt bestehe deshalb weiter dringlicher Bedarf, zusätzliche Kita-Plätze zu schaffen, da die Grenzen des Möglichen erreicht seien, die Betreuungswünsche noch erfüllen zu können. Michael Freudiger: „Wir haben aktuell 226 Ü3-Kinder auf unserer Warteliste, die wir nicht unterbringen können.“ Und bis 2025 sei angesichts erwarteter gleichbleibender Geburtenzahlen mit einem Absinken des Betreuungsbedarfes nicht zu rechnen. Die Stadt visiere deshalb an, zwei weitere Kitas in Zweckel und Stadtmitte zu errichten.
Die schwer kalkulierbare Zahl der Zuzüge von Asylbewerbern und EU-Bürgern verschärft die Situation
Nicht abzusehen sei zudem, inwieweit weitere Zuzüge von Asylbewerbern und EU-Bürgern aus Osteuropa die Situation zuspitzen. Beispiel hierzu: 2019 sind der Stadt Gladbeck 54 Kinder im Alter von 0-6 Jahren aus Asylbewerberfamilien neu zugewiesen worden, der Großteil (46) im Alter ab drei Jahren. Michael Freudiger: „Allein diese Zahl entspricht zwei zusätzlichen Kindergartengruppen.“