Gladbeck. Das Arbeitsgericht hat im vergangenen Jahr 2377 Verfahren bearbeitet, auch aus Gladbeck. Viele Kläger wollen eine Beförderung durchsetzen.
Die angespannte wirtschaftliche Lage in Revierstädten bekamen im vergangenen Jahr auch die fünf Kammern des Arbeitsgerichts in Gelsenkirchen zu spüren, das auch für Gladbeck zuständig ist. Die Richterinnen und Richter stellten Abwanderungstendenzen des Mittelstandes fest und registrierten gleichzeitig zunehmende Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei der Auslegung von Tarifverträgen. 2377 Verfahren wurden 2019 bewältigt, 334 mehr als 2018. Aktuell sind 2814 Verfahren aufgelaufen. Kündigungsschutzklagen sind mit 1436 Fällen das beherrschende Thema vor Gericht.
Doch auch über 1114 Zahlungsklagen mussten die Gerichte entscheiden. Oft wollten Kläger vor Gericht richtige Eingruppierungen oder auch qualifizierte Zeugnisse erstreiten. In so genannten Konkurrenten-Klagen ging es um Einstellungen und Beförderung, wenn Kläger etwa gegenüber Mitbewerbern den Kürzeren gezogen haben. „Die Tendenz, Beförderung gerichtlich durchsetzen zu wollen, hat zugenommen“, bestätigt Renate Schreckling-Kreuz, Vorsitzende der 5. Kammer.
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249 Arbeitnehmer zogen ihre Klagen wieder zurück
Ziel der Gerichte ist es in erster Linie, eine gütliche Einigung der streitenden Parteien anzustreben. Das gelang in 1099 Verfahren. Im Jahr davor konnte der Rechtsstreit der Parteien in 1266 Fällen verglichen werden. Streitige Urteile mussten die Arbeitsrichter in 93 Verfahren sprechen. 249 Arbeitnehmer, die zunächst ihre Interessen vor Gericht durchsetzen wollten, zogen ihre Klagen wieder zurück.
114 ehrenamtliche Richter
Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen hat fünf Kammern. Sie werden jeweils von einem Berufsrichter geleitet. Verteilt auf die Kammern sind weiterhin 114 ehrenamtliche Richter tätig, die an den Entscheidungen mitwirken.
Das Gericht in Gelsenkirchen ist auch für Rechtsstreitigkeiten in Gladbeck und Bottrop zuständig. Die nächste Instanz in einem Berufungsverfahren ist das Landesarbeitsgericht in Hamm.
Vor allem die Auseinandersetzung zwischen gekündigten Bergleuten, die auf Prosper Haniel gearbeitet hatten, und der RAG hat die Arbeitsrichter beschäftigt. Ursprünglich lagen 166 Klagen von ehemaligen Kumpeln vor. Zwölf Kläger haben sich durch Klagerücknahme außergerichtlich mit ihrem Arbeitgeber geeinigt, einer klagte erfolgreich, ein anderer verlor. In sieben Fällen verglichen sich die Parteien. Im jüngsten Rechtsstreit entschied die 4. Kammer am 28. Januar zu Gunsten von 13 Klägern. Sie erklärte die Kündigungen für unwirksam. Die Gerichte werden sich in den nächsten Monaten noch mit Dutzenden von Fällen beschäftigen müssen.
Viele Auseinandersetzungen endeten mit einem Vergleich
In mittelständischen Betrieben endet auch die Auslegung des Tarifvertrages - mehr Geld oder mehr Freizeit - häufig vor Gericht. Arbeitnehmer wünschen sich meistens mehr Freizeit, der Arbeitgeber befürchtet dadurch zunehmende Probleme in der Produktion. Viele gerichtliche Auseinandersetzungen endeten nach Gesprächen über veränderte Organisationsmöglichkeiten in Betriebsabläufen mit einem Vergleich.
Um die Gleichbehandlung von Zuschlägen von Nacht- und Wechselschicht ging es beim Tarifkonflikt zwischen der Gewerkschaft NGG Nahrung, Genuss, Gaststätten und den Arbeitgebern. Im Tarifvertrag sind die Zuschläge festgeschrieben. 16 Klagen wiesen die Gerichte ab, drei Arbeitnehmer zogen ihre Klage zurück. Allein in 70 Verfahren stritten Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor Gericht im Zusammenhang mit der Aufgabe der Produktion des Automobilzulieferers ZF TRW.
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Mehr Arbeitnehmer fordern Einblick in ihre Personalakte
Viele Arbeitnehmer wurden abgefunden, andere arbeiten im verbliebenen Entwicklungszentrum weiter. Durch zunehmende Klagen von Mitarbeitern im Einzelhandel, im Bereich Entsorgung, Transport und Verkehr konnten die Kammern auch den Personalabbau in weiteren Branchen feststellen. Ein Novum: Seit der Einführung der Datenschutzgrundverordnung verlangen mehr und mehr Arbeitnehmer Einblicke in ihre Personalakte. Das umfassende Auskunftsrecht darf ihnen der Arbeitgeber nicht länger vorenthalten.
Auf zusätzliche Mehrarbeit in diesem Jahr können sich die Gerichte bereits einstellen. Sie müssen sich auf Einführung der elektronischen Akte vorbereiten. Seit Herbst läuft der Testbetrieb.