Gladbeck. Heinz-Dieter Oelmann ist Transplantationsbeauftragter im St. Barbara-Hospital Gladbeck. Er kennt die Schwierigkeiten für Angehörige.

Es bleibt dabei: Wer nach seinem Tod seine Organe spenden möchte, muss dem gezielt zustimmen. Der Bundestag hat am Donnerstag gegen eine Widerspruchslösung gestimmt. Die WAZ sprach mit Heinz-Dieter Oelmann, Transplantationsbeauftragter im St. Barbara-Hospital, über die Situation in Gladbeck und den Alltag in seiner Funktion.

Wie sehr haben Sie auf eine Widerspruchslösung gehofft?

Aus rein pragmatischen Gründen würde ich mir eine Widerspruchslösung wünschen. Wir haben eine gesellschaftliche Verpflichtung und die heißt Solidarität. Die Widerspruchslösung hätte die Arbeit vor Ort deutlich erleichtert. Und es wäre die glatteste Lösung für Angehörige gewesen.

Heinz-Dieter Oelmann ist Transplantationsbeauftragter im St. Barbara-Hospital und hält die Absage an die Widerspruchslösung für falsch.
Heinz-Dieter Oelmann ist Transplantationsbeauftragter im St. Barbara-Hospital und hält die Absage an die Widerspruchslösung für falsch. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Inwiefern?

Der Mensch ist von Natur aus faul. Er sieht nicht gerne die dunklen Seiten des Lebens. Mit dem Thema Tod möchte niemand etwas zu tun haben, das ist urmenschlich. Daher geraten wir im Krankenhaus-Alltag aber oft in Situationen, in denen uns Angehörige eines Verstorbenen sagen, dass sie über das Thema Organspende nie gesprochen haben. Das ist problematisch. Es ist ok, wenn jemand sagt, er möchte seine Organe nicht spenden. Aber das muss gesagt werden. Und das fehlt im Moment.

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Wie viele Menschen in Gladbeck warten auf ein Organ?

Das kann ich nicht sagen. Ich kann nur die bundesweite Zahl nennen. Demnach warten rund 10.000 Menschen in Deutschland auf ein Spenderorgan.

Was ist Ihre Aufgabe als Transplantationsbeauftragter?

Im Gladbecker St. Barbara-Hospital werden Organe zwar nicht transplantiert aber explantiert. Ich bin dafür verantwortlich, dass bei uns im Krankenhaus niemand übersehen wird, der transplantiert werden könnte. Sobald ich jemanden sehe, der potenzieller Spender sein könnte, muss ich handeln. Das kommt aber höchstens einmal im Jahr vor. Denn es kommen nur wenige Menschen dafür in Frage.

Angehörige müssen im Zweifel entscheiden

Gerade für Angehörige kann es schwierig werden, wenn sie nicht wissen, ob der Verstorbene seine Organe spenden möchte oder nicht. Sie müssen dann über den mutmaßlichen Willen entscheiden.

Viele entscheiden sich in solchen Fällen gegen eine Spende.

Woran liegt das?

Um überhaupt als Organspender in Frage zu kommen, muss der Mensch Hirntod sein. Das betraf früher vor allem Motorradfahrer nach Unfällen. Aufgrund von verbesserter Kleidung und Schutzhelmen kommen diese Fälle aber kaum noch vor. Auch die Fahrradfahrer tragen jetzt überwiegend Helme. Heute sind es in der Regel Patienten, bei denen eine Ader im Kopf platzt, die für eine Organspende in Frage kommen. Die verlegen wir aber gleich in umliegende Kliniken. Von daher sind es in Gladbeck nur wenige Menschen.

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Wenn Sie einen Patienten haben, der potenzieller Organspender ist, wie gehen Sie dann vor?

Da gibt es sehr strenge Abläufe. Zunächst muss ich auf die behandelnden Ärzte und natürlich auf die Angehörigen sowie auf die Deutsche Stiftung Organtransplantation zugehen.

Was ist die Herausforderung im Gespräch mit den Angehörigen?

Das läuft völlig unterschiedlich ab. Es gibt einige, die sehr skeptisch sind. Wir sind aber auch mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert. Vor einigen Monaten hatten wir den Fall, dass eine verstorbene Frau ihre Leber spenden sollte. In letzter Minute haben wir einen bösartigen Tumor in ihrer Lunge entdeckt. Also durfte die Leber nicht transplantiert werden. Das wäre ethisch nicht vertretbar gewesen. Es bestand die Gefahr, bösartige Zellen zu transplantieren. Das Leid des Empfängers hätte sich nur verlagert.