Gladbeck. Über den Pflegeberuf und die Belastung von Krankenpflegern wird viel diskutiert. Die WAZ erlebt einen Tag im Gladbecker St. Barbara-Hospital mit.
Dass Krankenschwestern und -Pfleger nur Händchen halten und Patienten waschen, ist ein Vorurteil, dem Karin Schmitz, Stationsleitung im St. Barbara-Hospital, entschieden widerspricht: „Ohne das Pflegepersonal läuft nichts.“ Zu diesen unterschiedlichen Einschätzungen mischen sich Medienberichte über den Pflegenotstand und teils prekäre Situationen in den Krankenhäusern. Die WAZ hat sich daher genau angeschaut, wie der Alltag des Pflegepersonals in einem Krankenhaus wirklich aussieht.
Der Frühdienst auf Station 24 – Unfallchirurgie und Orthopädie – beginnt um 6.10 Uhr, WAZ-Mitarbeiterin Anna Kisten darf mit auf Schicht gehen. Schwester Karin und ihr Team tauschen bei der Übergabe zunächst wichtige Patienteninformationen mit den Kollegen der Nachtschicht aus und teilen Zuständigkeiten für die jeweiligen Zimmer ein. Mindestens drei examinierte Fachkräfte, ebenso viele Auszubildende und meist auch Freiwilligendienstleistende kümmern sich um die Patienten.
Bei pflegebedürftigen Patienten dauert die Grundpflege mindestens eine halbe Stunde
Vitalzeichen prüfen, Hautinspektion, allgemeine Krankenbeobachtung: Bei der Grundpflege am Morgen geht es neben Hygiene auch um die medizinische Versorgung. Bei fitteren Patienten, die nicht mehr viel Unterstützung brauchen, dauere die Grundpflege morgens etwa 15 bis 20 Minuten. „Am ersten Tag nach einer Operation oder bei pflegebedürftigeren Patienten braucht sie aber mindestens eine halbe Stunde“, erklärt Schmitz. Bei Vollbelegung mit 33 Patienten hat die Belegschaft so alle Hände voll zu tun.
Gerade morgens ist der Zeitplan auf der Station eng getaktet: Nach der Grundpflege folgt das Frühstück, bei dem einige Patienten Hilfe benötigen, dann kommt die Visite und Wundkontrolle durch den Arzt sowie eine Verbandsrunde, bei der die Verbände der Patienten gegebenenfalls gewechselt werden. Schwester Karin erklärt dabei, wie zum Beispiel die Naht einer Hüftoperation nach sieben Tagen aussehen soll und worauf die Auszubildenden bei der Versorgung achten müssen.
Neben der Kenntnis der Abläufe ist die Kommunikation mit dem Patienten besonders wichtig
An eine Pause können die Pflegefachkräfte am Vormittag noch nicht denken: Vor dem Mittagessen bekommen die Patienten ihre Medikamente, bei Diabetespatienten soll zudem noch der Blutzucker gemessen werden. Da Schwesternschülerin Clerin in ihrer Ausbildung schon fortgeschritten ist, misst sie den Blutzuckerspiegel einer Patientin selbstständig, während Praxisanleiterin Hayat El Hebri ihr über die Schulter guckt. „Neben der Kenntnis der Abläufe ist die Kommunikation mit dem Patienten besonders wichtig“, erklärt El Hebri. Sie und Clerin besprechen nicht nur die gemessenen Werte mit der Patientin, sondern reflektieren auch das Vorgehen der Auszubildenden.
Im Laufe des Vormittags können einige Patienten entlassen werden. „Vor Weihnachten stehen kaum geplante Eingriffe an, so dass wir auch weniger geplante Aufnahmen haben“, erläutert Schmitz, die sich freut, dass die meisten Patienten ihre Arbeit wertschätzen und sich entsprechend herzlich von ihr verabschieden. Bevor auf der Station etwas Ruhe einkehrt, wird es um die Mittagszeit noch einmal unruhig auf den Fluren: Pfleger bringen Patienten zu Untersuchungen, immer wieder klingeln einige, die Hilfe brauchen, am Stationszimmer hat sich der Krankentransport gemeldet. Schwester Karin sucht Entlassungspapiere, benötigtes Verbandsmaterial sowie Medikamente zusammen und findet noch Zeit, sich von der Patientin zu verabschieden. Ihr Team verteilt derweil das Mittagessen und steht den Patienten zur Seite, die dabei Unterstützung benötigen.
Einen großen Teil der Arbeit des Pflegepersonals nimmt die Dokumentation ein
Einen großen Teil der Arbeit nimmt die Dokumentation ein: Jede Zustandsveränderung, jeden Befund und jede Behandlung halten die Fachkräfte fest. „Mit der Dokumentation machen wir die Qualität der Pflege transparent. Man kann sehen: Das leiste ich als Fachkraft“, sagt Schmitz. Neben der Fachkompetenz brauche man als Pflegekraft ausgeprägte Empathie und Kommunikationsstärke, da der persönliche Kontakt zu den Patienten ungemein wichtig sei. Schwester Karin resümiert: „Man muss sich im Klaren sein, dass der Beruf auch stressig sein kann: Der Job verlangt sehr viel, gibt einem aber auch sehr viel zurück.“