Gladbeck. 107 Bäume haben zum Stadtjubiläum ein Strickkleid getragen. Die Restwolle soll für karitative Zwecke verarbeitet werden. Dank von Linda Wagner.

Mehr als 100 Gladbeckerinnen haben die Nadeln klappern lassen, um Bäumen in der Stadt ein Festtagskleid zu verpassen. Chic in Strick – so würden Modedesigner diese Kollektion vielleicht nennen. Schließlich sollten die Bäume zum 100. Geburtstag der Stadt Gladbeck fein herausgeputzt werden. Kulturdezernentin Linda Wagner dankte am Sonntag den fleißigen Damen. Dazu waren sie in das Magazin eingeladen.

Die Teilnehmer der Baumstrickaktion zum Stadtjubiläum haben am Sonntag den Abschluss der Aktion im Atelier Magazin gefeiert.
Die Teilnehmer der Baumstrickaktion zum Stadtjubiläum haben am Sonntag den Abschluss der Aktion im Atelier Magazin gefeiert. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Und die Zahl „100“ zieht sich weiter durch diese Jubiläumsaktion. Susanne A. Schalz, Hausherrin des Magazins, unterstreicht: „Mitgemacht haben zu 100 Prozent Strickerinnen.“ Doch die Künstlerin weiß durchaus die Qualitäten der Herren, die nicht der Handarbeit frönen, zu schätzen: „Die Männer haben sich als Einfädler und Getränkebringer eingesetzt.“ Susanne A. Schalz: „Ich habe alle eingeladen, die sich an der Aktion beteiligt haben.“Bäume in buntem Strick zu Gladbecks 100. Stadtjubiläum

Von der Idee zum Strickkleid

Die Idee, Bäume und Laternenpfähle, Geländer und öffentliche Bänke, Türklinken und Zäune zu umgarnen, um in einer Stadt Farbakzente oder politische Statements zu setzen, ist nicht ganz neu. Susanne A. Schalz hat sich von solchen Beispielen inspirieren lassen.

Diese Form der Verschönerung hat sich unter verschiedenen Namen etabliert: Urban Knitting (Stricken) oder Knitted Graffito (Gestrickte Graffiti) sind zwei solcher Begriffe. Den Anfang machten Strick-Fans in den USA, im amerikanischen Houston. Die Streetart in Wolle ist in Deutschland beispielsweise in Bochum, Berlin und Frankfurt am Main zu sehen, in Europa unter anderem in Wien und Stockholm.

In 25 Rentforterinnen fand die Künstlerin Schalz Frauen, die sich prompt für solch eine Aktion zum 100. Stadtgeburtstag begeisterten und zu den Nadeln griffen. Und bald ließen sich weitere Gladbeckerinnen von der Stricklust anstecken.

Am Ende waren 107 Bäume in ganz Gladbeck in ein Strickkleid gehüllt

Allein zum Auftakt seien es bereits 90 Strickliesel gewesen, die Baumstämme einkleiden wollten. 100 Exemplare – eines für jedes Jahr des Stadtbestehens – sollten es werden. Und dieses Ziel übertrafen die emsigen Damen. „107 Bäume wurden bestrickt, überall in Gladbeck“, berichtet Schalz. Es habe allerdings Ballungsräume gegeben. An der Spitze stand Alt-Rentfort mit der größten Strickgruppe. Mehr als 30 Frauen hüllten fast 70 Bäume in Wolle, die meisten an der Josefstraße.

Die Rentforter Stricklieseln Tanja Siemes, Janine Klapper, Sandra Sump, Maria Makowka, Ulrike Tautz und Gabriele Siemert (v.li.) waren für die Aktion fleißig im Einsatz.
Die Rentforter Stricklieseln Tanja Siemes, Janine Klapper, Sandra Sump, Maria Makowka, Ulrike Tautz und Gabriele Siemert (v.li.) waren für die Aktion fleißig im Einsatz. © Funke Foto Services | Lutz von Staegmann

Die Masche der Aktion: Muster, Motiv, Farben – alles nach Lust und Laune. So gab’s geringelte Bäume ebenso wie welche mit Blockstreifen. Auf einander abgestimmte Farben, ein mutiges Stricken durch die Farbpalette, glatte Fäden und Flauschiges – die Jubiläumsstrickerinnen gaben alles, was Fantasie und Körbe erlaubten. In der Abschlussveranstaltung für die Aktiven liefen per Power-Point-Präsentation Fotos von den bestrickten Bäumen in Dauerschleife. Eine Gelegenheit, die Aktion visuell Revue passieren zu lassen, und eine Erinnerung, denn: „Die Wolle haben wir jetzt fast überall abgenommen“, so Schalz.

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Es haben sich einige Baumpatenschaften entwickelt

Das Material für die Baumkleider stammte aus Spenden. Susanne A. Schalz erzählt: „Es ist noch ein bisschen Wolle übrig. Wir wollen sie an Gruppen übergeben, die sich weiter zum Stricken für einen guten Zweck treffen, um beispielsweise eine Krebsstation oder eine Kinderklinik zu unterstützen.“

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Was nach der Aktion bleibt, ist neben dem karitativen Engagement auch ein karitativer Aspekt. „Es haben sich Baumpatenschaften entwickelt“, so Schalz. Sie erläutert: „Es gab Gladbecker, die Sorgen hatten, dass das Bestricken Bäumen nicht gut tut.“ Diese hätten ein Auge auf die Objekte gehabt – und wollen dies auch weiterhin tun. Die Künstlerin: „Diese Gladbecker bewässern die Bäume nicht nur, wie eine Gruppe am Jovyplatz im vergangenen Hitze-Sommer, sondern haben ein richtiges Verhältnis zu ,ihrem Baum’ entwickelt.“