Gladbeck. Ausstellung zeigt realistische Arbeiten von Künstlerin Jana Merkens. Lebensechte Silikon-Flüchtlinge sitzen mit Kanzlerin Merkel in einem Boot.

Abstrakt kennt man sie ja schon aus den Fernsehnachrichten: die Bilder von flüchtenden Menschen, die im Mittelmeer aus akuter Seenot gerettet werden. Bald wird diese Flucht ganz greifbar, denn Flüchtlinge werden quasi mitten in Gladbeck stranden. Genauer gesagt, werden sie mitsamt Schlauchboot im Stadtsüden zu sehen sein. Als realistische Silikon-Skulpturen und Teil der ökumenischen Ausstellung „Jeder Flüchtling ist ein Mensch“, zu der die Flüchtlingshilfe der ev. Kirchengemeinde und die Akteure der Zukunftskirche St. Marien vom 10. November bis 8. Dezember nach Brauck einladen.

Künstlerin Jana Merkens bearbeitet das Silikon-Antlitz von Papst Franziskus.
Künstlerin Jana Merkens bearbeitet das Silikon-Antlitz von Papst Franziskus. © Merkens

Wer dann genau hinschaut, im alten Altarraum des Gotteshauses an der Horster Straße 341, der wird sehen, dass Jana Merkens auch Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ins Boot geholt hat. Die freischaffende Künstlerin aus Bornheim bei Bonn zeigt beklemmend lebensecht mit (Kunst)Haut und Haar gestaltete Silikon-Menschen, in deren Mimik sich Angst, Hoffnung und Trauer widerspiegeln – wie bei dem Kind, dem eine Träne über das Gesicht läuft und das sich im Flüchtlingsboot an einen schmutzigen Teddy klammert.

Künstlerin hat sich selbst in der Flüchtlingsarbeit engagiert

Die Botschaft ihres Projektes sei einfach, sagt die 29-Jährige, die sich über ihre Eltern selbst in der Flüchtlingsarbeit engagiert hat: „Annehmen, mitfühlen und verstehen, hin statt weg zu schauen und aufklären, statt Fremdenfeindlichkeit zu fördern.“

Man habe zuvor überlegt, berichtet Uli Völker von der Zukunftskirche, „wie wir das Thema Flüchtlinge aufgreifen könnten“. Beim Besuch einer Ausstellung in Essen sei man dann auf Jana Merkens’ Arbeiten aufmerksam geworden, „und wir haben gewusst: Das ist es“. Der Kontakt zur ev. Flüchtlingshilfe wurde geknüpft, um das Projekt zu stemmen, „da es eines vierstelligen Betrages bedurft hat, die Arbeiten ausstellen zu können“.

Die Menschen, die zu uns geflüchtet sind, gehören zu uns

Erschöpft von der Flucht: Die lebensechte Silikon-Darstellung eines auf einem Feldbett schlafenden Mannes hat etwas wehrlos Anrührendes.
Erschöpft von der Flucht: Die lebensechte Silikon-Darstellung eines auf einem Feldbett schlafenden Mannes hat etwas wehrlos Anrührendes. © Merkens

Für ihre Mitstreiter sei es das Wichtigste, sagt die ehemalige Pfarrerin Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup, „die Botschaft herüber zu bringen, dass die Menschen, die zu uns geflüchtet sind, zu uns gehören. Dass es wichtig ist, miteinander zu reden und nicht wegzuschauen, um so Fremdenfeindlichkeit und Hass entgegen zu wirken, wie wir ihn leider auch aktuell in Deutschland erleben“.

Sondertermine für Gruppen

Künstlerin Jana Merkens wurde 1990 in Beckum NRW geboren. Nach ihrem zweijährigen Kunststudium an der Academy of Art University in San Francisco absolvierte sie ihren Bachelor in Kunst-Pädagogik und -Therapie an der Alanus Hochschule in Bonn und anschließend ihren Master in Kunst-Pädagogik an der Universität Duisburg-Essen.

Die Ausstellung „Jeder Flüchtling ist ein Mensch“ kann zu folgenden Öffnungszeiten in der Kirche St. Marien vom 10. November bis 8. Dezember besucht werden: Sonntag 12 bis 13.30 Uhr, Mittwoch 15 bis 18 Uhr, Freitag 17 bis 19 Uhr, Samstag 11.30 bis 13 Uhr. Sondertermine für Schulklassen oder Gruppen können vereinbart werden unter 71071 oder 22277

In die Ausstellung „Jeder Flüchtling ist ein Mensch“ wird Künstlerin Jana Merkens selbst mit einem Vortrag einführen. Gelegenheit, mit Geflüchteten ins Gespräch zu kommen, besteht auch zum Auftakt der Ausstellung, die nach einem ökumenischen Gottesdienst (11 Uhr) am Sonntag ab 12 Uhr mit Grußworten von dem stellv. Bürgermeister Ulrich Namyslo, Superintendent Dietmar Chudaska und Propst André Müller offiziell eröffnet wird. Gottesdienst wie Ausstellungsauftakt wird der Internationale Gladbecker Freundschaftschor gesanglich mitgestalten, dem Geflüchtete und Migranten aus sieben verschiedenen Nationen angehören. Zudem sind Besucherinnen des Internationalen Mädchenzentrums mit ihren Familien mit dabei, die hier selbst inszenierte Portraits aus ihrer Fotoausstellung „Ich kann in meiner Kunst verschwinden“ zeigen.

Vorträge mit besonderen Gästen flankieren die Ausstellung

Um für die ganz besondere Schicksals-Schau zum Thema Flüchtlinge im Ausstellungszeitraum erneut Aufmerksamkeit herzustellen, folgen Vorträge mit besonderen Gästen. So wird am Freitag, 15. November, der Vorsitzende von Cap Anamur, Werner Strahl, erwartet. Er berichtet über die Arbeit des Hilfsvereins, der aktuell versucht, die Lebensbedingungen im Herkunftsland Afrika zu verbessern, damit die Menschen in ihrer Heimat bleiben können.

Am Donnerstag, 21. November, wird ab 19 Uhr Christian Jakob aus seinem Buch lesen: „Diktatoren, die Türsteher Europas: wie die EU ihre Grenzen nach Afrika verlagert“. Der TAZ-Redakteur hat die Fluchtwege recherchiert, die durch die Abriegelung der Grenzen gefährlicher geworden sind. Dazu werden auch Ausschnitte eines Dokumentarfilms gezeigt. Um auch optisch auf diese Ausstellung hinzuweisen, „wollen wir an der Marien-Kirche die großen Banner mit Namen und der Anzahl der bei der Flucht über das Mittelmeer bis diesen Sommer ertrunkenen Menschen aufhängen, die auch auf dem Kirchentag zu sehen waren“, so Uli Völker.

Der Besuch der Flüchtlings-Schau ist kostenfrei möglich

Der Besuch der Ausstellung „Jeder Flüchtling ist ein Mensch“ in der Zukunftskirche St. Marien ist kostenfrei, um eine Spende wird herzlich gebeten.