Gladbeck. Sammed Gebes will an der Humboldtstraße nicht nur Haare schneiden und Bärte stylen. Sein Geschäft soll sich auch zu einem Treffpunkt entwickeln.
Ins „Haus der Kirche“ an der Humboldtstraße zieht ein neuer Mieter, genauer gesagt in das Geschäftslokal, in dem viele Jahre ein chinesisches Restaurant ansässig war und danach der Betreiber eines Burger- Restaurants ein kurzes Gastspiel gab. In wenigen Wochen will Sammed Gebes seinen Barbershop von der Rentforter Straße zur Humboldtstraße verlegen.
Mut gehört schon dazu, wenn man sich von jetzt 65 Quadratmetern auf (inklusive der Lagerflächen im Untergeschoss) auf mehr als 300 Quadratmeter „ausweitet“, aber Sammed Gebes hat da schon Erfahrungen: Der Friseurmeister startete in einem winzigen, gerade mal 15 Quadratmeter großen Laden an der Rentforter Straße 2011 in die Selbstständigkeit, kümmerte sich zuerst allein um die Haare und Bärte seiner Kunden. Die Nachfrage war so groß, dass er auf die andere Straßenseite zog. Mittlerweile beschäftigt der 29-Jährige drei Angestellte. „Barbershops liegen im Trend. Männer investieren einfach mittlerweile viel mehr in ihre Pflege als früher“, sagt er.
Das Geschäft als Ort der Kommunikation
Schon sein jetziges Geschäft ist mehr als ein Friseursalon und Barbershop. Gebes versteht es als Treffpunkt, als Ort der Kommunikation. Und genau das soll am neuen Standort ausgebaut werden. „Dort kann ich mein Konzept viel besser umsetzen“, sagt er. Arbeitsplätze, an denen das Team Haare schneidet, Bärte auf traditionelle Weise – mit Rasierseife und scharfem Messer – abrasiert oder mit Schere, Föhn, manchmal auch Farbe stylt, nehmen die Hälfte des Ladenlokals ein. Die übrige Fläche, direkt im Eingangsbereich, will Gebes als eine Art Lounge gestalten, mit Theke und Sitzgelegenheiten. Dort sollen sich nach seinen Vorstellungen Männer, Frauen und Kinder treffen, Kaffee und Kaltgetränke genießen und vor allem miteinander ins Gespräch kommen.
Gepflegte Bärte
Bärte sind bei vielen Männern seit geraumer Zeit wieder in, weiß Sammed Gebes.
Und deutsche wie türkische Kunden in seinem Barbershop legen großen Wert darauf, dass ihre Gesichtshaare gepflegt aussehen.
Der Friseurmeister ist stolz darauf, dass sein Geschäft bei einem Online-Voting des Playboy-Magazins 2018 und auch in diesem Jahr zu den 100 besten Barbershops in Deutschland gewählt wurde.
Die Bartpflege gehörte übrigens nicht zu seiner Ausbildung zum Friseur. „Das habe ich mir selber beigebracht“, sagt Gebes.
Seine Kunden können dort entspannt darauf warten, dass sie an die Reihe kommen. Das kann manchmal etwas länger dauern, denn eben der Kommunikation wegen vergibt der Friseurmeister keine Termine. Er wünscht sich, dass aber auch Leute bei ihm einkehren, während sie auf den Bus warten, der vor der Tür hält, dass Besucher der Innenstadt bei ihm eine Erholungspause einlegen, dass Geschäftsleute seine Lounge als Treffpunkt für Kundengespräche nutzen . . . „Menschen sollen hier einfach Zeit miteinander verbringen.“
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Der 29-Jährige hat noch weitere Pläne
Noch gibt es viel zu tun, aber Sammed Gebes hofft, dass er Sam’s Barbershop am neuen Standort Anfang Dezember eröffnen kann. Und weitere Pläne hat der 29-Jährige auch schon. Friseurbedarf möchte er später in seinem neuen Laden verkaufen und – „aber das ist noch Zukunftsmusik“ – selber produzieren lassen.
Über den neuen Mieter freut sich natürlich auch der Hauseigentümer, der evangelische Kirchenkreis Gladbeck, Bottrop, Dorsten. Schließlich stand das Geschäftslokal schon etwa drei Jahre leer. „Wir hätten es wahrscheinlich auch früher wieder vermieten können, aber die Gemeinde Mitte hat im Zusammenhang mit dem Abriss des Bonhoeffer-Hauses geprüft, ob sie es für eigene Zwecke nutzen könnte. Diese Pläne haben sich allerdings zerschlagen“, berichtet Superintendent Dietmar Chudaska und ist deshalb froh, dass zumindest dieser Teil der Gebäudes neben der Christuskirche wieder vermietet ist.
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Deutlich schwieriger gestaltet sich die Vermietung des Verwaltungstrakts im 1975 eröffneten „Haus der Kirche“. Auf drei Etagen hatten dort früher die Verwaltung des Kirchenkreises und die der Kirchengemeinde Gladbeck-Mitte ihr Domizil. Die Gemeindeverwaltung ist mittlerweile ins ehemalige Pfarrhaus an der Mittelstraße umgezogen, der Großteil der Arbeit im Kirchenkreis (Finanzen, Liegenschaften pp.) wird schon seit einigen Jahren in Recklinghausen zentral erledigt. Etliche Büros im „Haus der Kirche“ sind verwaist. Chudaska: „Einige kirchliche Aktivitäten gibt es noch, der evangelische Betreuungsverein und die Mitarbeitervertretung beispielsweise nutzen Räume, aber da ist viel Luft nach oben.“
Der Verwaltungstrakt könnte eigentlich nur en bloc vermietet werden, sagt der Superintendent, ist aber eher skeptisch, dass es dafür Bedarf gibt in Gladbeck. Für mehrere Mieter teilen ließe sich das Gebäude aus baurechtlichen Gründen nur mit sehr hohem Aufwand, erklärt Chudaska. Die nötige Investitionssumme könne weder der Kirchenkreis, geschweige denn die Gemeinde stemmen.