Gladbeck/ Recklinghausen. Der Haushalt 2020 des Kreises bietet den Städten offensichtlich wenig Anlass zur Kritik. Doch die Sorgen um die städtischen Etats bleiben.
Die zehn Städte des Kreises Recklinghausen wollen darauf verzichten, ihre Meinung zum Haushalt des Kreises in einer Kreistagssitzung mündlich vorzutragen. Auch ihre schriftliche Stellungnahme zu den Eckdaten des Etats 2020 zeichnet sich eher durch Hinweise als durch Kritik aus. In früheren Jahren nutzten die Bürgermeister diese Gelegenheit regelmäßig, um dem Kreis die Leviten zu lesen, denn die Städte müssen das Handeln des Kreises zum großen Teil über die Kreisumlage mitfinanzieren. Herrscht nun eitel Sonnenschein in der „kommunalen Familie“ des Kreises?
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Das zu behaupten, würde den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Denn die Städte kämpfen nach wie vor darum, ihre eigenen Haushalte positiv zu gestalten. Aus Gladbeck und Dorsten gibt es bereits deutliche Hinweise, dass das im Jahr 2020 möglicherweise nicht gelingen wird. Doch mittlerweile gilt nicht mehr der Kreis als Sündenbock der Finanzmisere.
Der Kreisdirektor muss an das Eigenkapital gehen
Kreisdirektor Roland Butz, der dem Kreistag einen 1,23 Milliarden Euro „schweren“ Haushaltsplanentwurf für 2020 vorgestellt hat, sagte den Städten zu, ihnen bis 2023 nicht mehr Geld abzuknöpfen als in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen. Um diese Zusage einzuhalten, muss der Kreis allerdings an sein Eigenkapital gehen. Allein 2020 sollen fast 14 Millionen Euro aus der Ausgleichsrücklage genommen werden, in den beiden Folgejahren ebenfalls zweistellige Millionenbeträge.
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Die Bürgermeister begrüßen in ihrer Stellungnahme diese „Verlässlichkeit“, sagen aber gleichzeitig, dass sie, was die Zahllasten gegenüber dem Kreis angeht, am absoluten Limit seien. 2020 sollen die Städte zusammen fast 500 Millionen Euro an den Kreis überweisen, das entspricht der Belastung des laufenden Jahres.
Die Perspektiven bleiben bescheiden
Die Perspektiven bleiben bescheiden. Und das sieht auch Landrat Cay Süberkrüb so, zumindest solange kein Schuldenschnitt für die Städte erfolge und es keine „faire und auskömmliche Finanzausstattung durch Bund und Land“ gebe. 500 Millionen Euro hat der Kreis nach eigenen Berechnungen in den zurückliegenden zehn Jahren für Aufgaben ausgegeben, die vor allem der Bund hätte finanzieren müssen. Letztendlich mussten die kreisangehörigen Städte die Rechnung über die Kreisumlage begleichen.
Und auch der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bleibt aus fiskalischer Sicht eine tickende Zeitbombe. Mit 173,4 Millionen Euro ist die vom Kreis an den LWL zu zahlende Umlage der größte Ausgabeposten im Haushaltsentwurf. Der LWL selbst ächzt unter der Last der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, verfügt aber noch über eine Ausgleichsrücklage in Höhe von 242 Millionen Euro. Diese, fordert Kreisdirektor Roland Butz, sollte der LWL zunächst einmal einsetzen, um die Zahllasten für die Mitgliedskreise und -städte in den nächsten Jahren abzufedern. Entschieden ist darüber noch nicht.
Mittel sind vorhanden, um den Sanierungsstau aufzulösen
Immerhin verfügt der Kreis noch über Mittel, um den Sanierungsstau der letzten Jahre aufzulösen. Der Kreistag hat in diesem Jahr ein Investitionspaket in Höhe von 200 Millionen Euro für Straßen, Brücken, Berufskollegs und öffentliche Gebäude bis 2024 auf den Weg gebracht. Finanziert werden soll das ganze aus Eigenkapital, Krediten und Fördermitteln. Der Vorteil für die Städte: Die Kreisumlage wird sich dadurch so gut wie nicht erhöhen, aber den Nutzen haben auch die Städte, in denen investiert wird.