Gladbeck. Bei einer Bürgerversammlung informierte die Stadt die Anwohner über den Rückbau der Schrottimmobilie. Ein straffer Zeitplan ist vorgesehen.
Der Saal des Evangelischen Gemeindezentrums in Rentfort-Nord platzte am Montagabend aus allen Nähten, so groß war das Interesse an der Bürgerversammlung rund um die Zukunft der Schrottimmobilie Schwechater Straße 38. Rund 160 Interessierte, hauptsächlich Bewohner des Stadtteils, waren gekommen, um sich über Abriss und Neubau des verwahrlosten, asbestverseuchten Gebäudes zu informieren, das den Menschen seit Jahren ein Dorn im Auge ist.
Im Haupt- und Finanzausschuss am 1. Juli wurden die geplanten Maßnahmen des Düsseldorfer Projektentwicklers Implementum GmbH, der das Gebäude übernehmen wird, erstmalig vorgestellt. Das Unternehmen hat bereits das Geschäftshaus Hoch10 in der Innenstadt errichtet.
Die Stimmung zu Beginn der Versammlung war angespannt
An diesem Abend waren auf Einladung des Runden Tisches Rentfort-Nord und des SPD-Ortsvereins Rentfort Bürgermeister Ulrich Roland, Stadtbaurat Dr. Volker Kreuzer und Wirtschaftsförderer Peter Breßer-Barnebeck vor Ort, um die Anwohner auf den neuesten Stand zu bringen und mögliche Hinweise und Anregungen entgegenzunehmen. Die Stimmung war angespannt, viele Besucher waren in freudiger Erwartung, „weil nun endlich dieser Schandfleck verschwinden soll“, andere aber auch skeptisch bis ungläubig, „ob nach der langen Warterei tatsächlich etwas unternommen wird.“
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Bürgermeister Roland zeigte sich zufrieden, „dass die Stadt, gemeinsam mit dem Land NRW und dem Investor, eine Lösung gefunden hat, die trägt, doch Sie sollen auch wissen, was während der Abrisszeit und des Neubaus auf Sie zukommt.“
Erstmals wurde das neue Recht des Rückbaugebots angewandt
Baurat Kreuzer stellte die Fakten vor. Noch seien es geschätzte Zahlen, die er zur Verfügung habe, aber damit könne man arbeiten, stellte er fest. So werden die Rückbaukosten auf 4,34 Millionen Euro beziffert: „Bereits 1,67 Millionen Euro an Städtebauförderungsmitteln sind bewilligt. Nach dem Abriss liegt der Grundstückswert bei 1,75 Millionen Euro, so dass eine Lücke von gut 920 000 Euro klafft, die die Stadt schließen will“, so die Botschaft.
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Gladbeck habe als erste Stadt in Nordrhein-Westfalen ein neues Instrument angewendet, das ihr die Möglichkeit gebe, ein Rückbaugebot an einen Eigentümer zu verhängen, erläuterte Roland. Bisher hatte es diese Gestaltungsmacht nicht gegeben, wenn es sich nicht um städtisches Eigentum handelte und Sicherheit und Ordnung nicht gefährdet waren: „Mit diesem Instrument kommen Gründe der Stadtentwicklung ins Spiel, die auf die Immobilie zutreffen.“ Damit sei der ganze Prozess wieder in Bewegung gekommen.
Ein Nahversorgungszentrum mit großem Supermarkt entsteht
Natürlich fragten sich einige Bürger, woher denn das Geld kommen solle und ob etwa an anderen Stellen gekürzt werde, was Roland verneinte. Die Stadt werde die Summe auf zehn Jahre verteilen. Sie rechnet mit neun bis zwölf Monaten für den Abriss, wobei das zweigeschossige Geschäftszeile (westlicher Trakt) stehen bleiben wird: „Ein ausdrücklicher Wunsch der Eigentümer“, so der Bürgermeister. Der Wohnturm wird einem eingeschossigen Nahversorgungszentrum weichen – darin ein Supermarkt und eine Drogerie, soviel scheint sicher. Baurat Kreuzer betonte ausdrücklich, dass die Pläne eine transparente Bebauung vorsehen, was auf Wunsch des Einzelhandels allerdings nicht für die Rückseite des Zentrums gelten könne. „Ein verdammt langer Riegel“, monierte eine Anwohnerin.
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Sehr optimistisch zeigte sich die Stadtspitze, obwohl sie auf die entsprechende Nachfrage einschränken musste, die Verträge mit dem Investor seien „quasi“ unterschrieben. Und wenn dann alles so abläuft, wie geplant, sollen die Verträge noch 2019 unterschrieben, mit dem Abriss 2020 begonnen und der Neubau 2021 errichtet werden. „Am Ende wird eine Story entstehen, die positiv sein wird“, warb Ulrich Roland am Schluss der Veranstaltung für „mehr Zuversicht“.
Die Geschichte des Hauses begann 1973
1973 gebaut, galt der Hochhauskomplex an der Schwechater Straße zunächst als „gute Adresse“. Die 127 Wohnungen waren alle vermietet, ebenso die Geschäftslokale und Praxen im Schatten des Wohnturms.
Mit dem Verkauf des Komplexes, den die GWG in den 1980er Jahren teilweise an Nutzer und als Geldanlage an Privatleute vornahm, begann der Niedergang, der seinen traurigen Höhepunkt mit dem Gladbecker Geiseldrama 1988 hatte.
In den 1990er Jahren gab es über 250 Teileigentümer. Das Haus wurde zunehmend leergezogen und 2006 Strom, Wasser und Heizung abgestellt. Seither rottet es vor sich hin zum Ärger der Rentforter Bürger.