Gladbeck. Die Hitzewelle sorgt für Temperaturen um 40 Grad im Schatten. Das ist allerdings eher kühl im Vergleich zu Jobs, wo bis 70 Grad auszuhalten sind.
Wenn die Hitzewelle die Thermometer-Anzeige Richtung 40 Grad schiebt und vielleicht sogar darüber, dann ist auch im Job Schwitzen angesagt. Besonders dort, wo keine kühlende Klimaanlage brummt oder sich erfrischende Ventilatoren drehen. Wer jetzt klagt, kann sich ins Bewusstsein rufen, dass es einige sicher heißere Arbeitsplätze in Gladbeck gibt. Den Top-Platz an der Sonne hat dabei wohl eine Berufsgruppe, die jetzt bei Temperaturen bis 70 Grad malochen muss.
Im Vergleich dazu „nur“ kuschelige 40 Grad hinterm Geschäftstresen treiben Chef Nevzat Sirin und seinem Cousin Erkan schon am Morgen bei der Öffnung ihres Imbisses „Fresh, Fritjes, Döner“ an der Hochstraße den Schweiß auf die Stirn. Schnell klettern aber die Temperaturen in den heißen Arbeitsbereichen: an der Pommes-Friteuse, die auf 160 Grad hoch heizt, vor dem Pizzaofen mit 350 Grad Celsius und dem Döner-Spieß, der sich vor dem rot-glühenden Grill dreht. „Viel trinken, drei bis vier Liter mehr als sonst, und das T-Shirt öfters wechseln“, viel mehr könnten sie ja nicht gegen die Hitze tun, sagt Nevzat Sirin. Denn, klar, ihr Hauptgeschäft sei nun mal dann, wenn auch die Außentemperatur am höchsten sei, „am Mittag und Nachmittag“. Wobei die Hitze zum doppelten Spielverderber wird, da sie auch die Lust auf heißes Essen mindert. Sirin: „Wir haben an extrem heißen Tagen einen Umsatzrückgang von 30 bis 40 Prozent.“
ZBG-Mitarbeiter können ihre Wasserflaschen kostenlos „betanken“
Umsatz braucht der Trupp von Erol Ergün nicht zu machen. Die Männer in leuchtendem Orange müssen aber bei jedem Wetter ihre Aufgabe bewältigen, damit es den Gladbeckern nicht kräftig zum Himmel stinkt. „Rund
180 große-1100 Liter-Restmüllbehälter leeren wir auf unserer Tour“, informiert Ergün am Steuer des großen Müll-Lkw. Hinten stehen Marcel Reimann und Julian Fey zumindest kurz im Fahrtwind, bevor beim nächsten Stopp wieder ein schwerer Müllbehälter durch die Sonnenhitze zum Ladearm gezogen werden muss. Die Hitze im Sommer sei ihm aber lieber als Dauerregen im Frühjahr oder Herbst, sagt Fey. „Jetzt schwitzt man nur die Kleidung durch, die dann wieder trocknet.“ Bei Starkregen im Herbst sei man aber „schnell bis auf die Knochen nass und fängt dann bei Kälte an zu frieren“. Etwas Abkühlung auf der Runde bringen jetzt die Sommer-Arbeitskleidung mit kurzer Hose und die Kühlbox im Fahrzeug mit Wasserflaschen, die an der Füllstation am Betriebshof kostenlos „nachbetankt“ werden können. Außerdem starten die Entsorger jetzt eine Stunde früher, ab 6 Uhr am kühleren Morgen zur Schicht.
Runden bei der Arbeit dreht Debora Mombelli auch. Beziehungsweise sie lässt die große, zwei Meter breite Walze drehen, die sie unten mit Kleidung und Wäsche „füttert“, die dann völlig geplättet und knitterfrei wieder oben herauskommt. Der Arbeitsplatz der Geschäftsführerin der Gladbecker Heißmangel an der Hermannstraße 92 verwandelt sich zurzeit in eine muckelige Dampf-Sauna. Denn die mehr als 60 Jahre alte Mangel-Maschine im Raum wird mit Gasbrennern auf 160 Grad aufgeheizt. Wärme, die dann von unten zu ihr nach oben drücke, so dass sie „so um die 60 Grad“ am Arbeitsplatz hinter der Mangel habe. Ein dünnes Sommerkleid und viel Flüssigkeitszufuhr macht den Hitze-Job erträglicher. „Und ab und zu ein Stoß kühlende Wassernebel ins Gesicht“, sagt Mombelli mit einem Grinsen. Aus dem Sprühschlauch, der eigentlich für das Befeuchten der Wäsche vor dem Weg durch die Mangel an der Maschine angebracht ist.
Bäckermeister: „Der Winter ist die schönste Jahreszeit“
Über Mangel an Hitze kann sich auch Markus Walinski nicht beklagen, wenn er die Brot-Teiglinge auf dem Schießer, dem Brett an der langen Holzstange, in den Ofen schiebt. 240 Grad Hitze schlagen dem Bäckermeister dann entgegen, die die Backstube weiter aufheizen. Etwa 80 Brote, 50 Stuten und 3000 Brötchen werden täglich im Traditionsbetrieb an der Gildenstraße 14 frisch gebacken. Hinzu kommen diverses Hefegebäck – und Konditorware aus Sahne, die freilich nicht durch den Ofen geht. Um Mitternacht, eine Stunde früher als üblich, startet Walinski mit seinem Team jetzt ins Handwerk. Er sagt ganz klar: „Der Winter ist die schönste Jahreszeit, da ist der Teig wegen der Temperaturen auch belastbarer, und die Leute essen mehr Backwaren als im Sommer.“
Wohl der stärksten Temperaturbelastung sind jetzt die Handwerker ausgesetzt, die einen besonders hohen Platz an der Sonne haben. Dachdecker wie Bernd Schucht, der den Betrieb seines Vaters
Leichter Wind und 40 Grad
Der Wetterdienst sagt am Donnerstag für Gladbeck Höchsttemperaturen von 40 Grad Celsius im Schatten voraus. Dabei kann eine leichte Bewölkung aufziehen bei Windgeschwindigkeiten bis 11 km/h. Die Luftfeuchte beträgt rund 30 Prozent.
Am Wochenende soll sich das Wetter schon wieder verschlechtern, mit stärkerer Bewölkung, Höchsttemperatur bis 32 Grad und vereinzelt möglichen Gewittern. Bedeckten Himmel und Regenschauer soll es auch am Sonntag und Montag geben.
Erich in dritter Generation am Bramsfeld 8 fortführt und mit einem Lachen sagt: „Wir haben auch bei mehr als 40 Grad im Schatten kein Hitzefrei.“ Und die sind eigentlich noch angenehm, wenn Schucht sagt, dass „die Temperatur auf dem Dach bei sengender Sonne an die 70 Grad erreichen kann“. Das sei eine „unmenschliche Hitze“, die von den schwarzen Dachpfannen zudem noch reflektiert oder zusätzlich bei der Arbeit befeuert wird. Wie jetzt, beim Verlegen von Schweißbahnen mit offener Brennerflamme auf dem Bottroper Einkaufszentrum. Damit seine sieben Mitarbeiter sich gesundheitlich nicht gefährden, habe er als verantwortungsbewusster Chef klare Order gegeben: „Wenn es nicht mehr auszuhalten ist, dann geht es halt nicht mehr und ihr müsst vom Dach runter.“ Gut, wenn dann weniger heiße Arbeiten, etwa im Schatten des Gebäudes erledigt werden können, „zum Beispiel Fallrohre von den Dachrinnen ziehen“. Für die Dachdecker bei dann angenehm „niedrigen“ Temperaturen von nur noch 35 bis 40 Grad.