Essen. Clemens Kill, Leiter der Notfallmedizin am Uni-Klinikum, fürchtet, dass es durch die Hitze zu lebensbedrohlichen Fällen kommt und gibt Hinweise.

Unter der Hitze leidet auch die Gesundheit. Wann wird es gefährlich? Wie kann ich mich schützen? Die Redaktion sprach darüber mit Professor Clemens Kill, Direktor des Zentrums für Notfallmedizin am Universitätsklinikum Essen.

WAZ: Laut Wetterprognose klettern die Temperaturen am Donnerstag auf 40 Grad oder sogar darüber. Spüren Sie die Hitze bereits in der Notfallambulanz, steigt die Zahl der Notfälle?

Prof. Clemens Kill, Direktor der Notfallmedizin am Uni-Klinikum.
Prof. Clemens Kill, Direktor der Notfallmedizin am Uni-Klinikum. © Foto: Jürgen Laackman

Professor Clemens Kill: Es gab schon einige Fälle: Ältere Leute, die ohnehin zu wenig trinken und dann unter Flüssigkeitsmangel leiden; Leute, die im Freien arbeiten und denen schwarz vor Augen geworden ist. Aber noch bewegt sich das alles im üblichen Rahmen. Das ist nicht so wie im Winter, wenn bei Glatteis plötzlich zehn Leute mit Knochenbrüchen in die Notaufnahme kommen. Wir befürchten aber, dass es zu lebensbedrohlichen Fällen kommen wird bei Temperaturen über 36 bis 38 Grad. Leute, die zum Beispiel in einer überhitzten Dachgeschosswohnung wohnen, sich abends ins Bett legen und einen Hitzschlag erleiden, weil die Körpertemperatur auf über 41 Grad steigt. Das ist, als würden Sie in einer Sauna einschlafen.

Hat es das in diesem Sommer schon gegeben?

Als es vor einigen Wochen schon einige Tage sehr heiß war, hatten wir zwei solche Notfälle. Die Menschen hatten das Bewusstsein verloren, es war absolut lebensbedrohlich. Das sieht man in Deutschland in der Tat selten.

Wie verhalte ich mich bei dieser Hitze richtig?

Anstrengungen im Freien sollte man vermeiden. Wer meint, joggen gehen zu müssen oder Sport treiben will, sollte das besser am frühen Morgen statt abends. Am Nachmittag einen Marathon zu laufen, wäre totaler Irrsinn. Natürlich sollte man genug trinken, mindestens zwei Liter pro Tag. Dazu die Menge, die man ausschwitzt. Man sollte auch keinesfalls nur Leitungswasser trinken, sondern Mineralwasser und Fruchtsäfte. Sonst sinkt der Salzhaushalt im Körper. Das kann lebensbedrohlich werden. Getränke sollten auch nicht zu kalt sein, sonst meint der Körper, er müsste sich wieder aufwärmen. Auf alkoholische Getränke sollte man in der Hitze besser verzichten.

Bei welchen Symptomen sollte ich den Arzt rufen?

Es gelten dieselben Kriterien wie bei Notfällen sonst auch. Hitzebedingte Probleme sind immer akut, das häufigste Symptom ist ein kurzzeitiger Bewusstseinsverlust, es wird jemandem ,schwarz vor Augen’. Wann immer es zu einer Bewusstlosigkeit kommt, müssen Zeugen des Geschehens umgehend den Notruf 112 wählen. Bei einer lebensbedrohlichen Hitzeerkrankung verliert man das Bewusstsein und ist selbst nicht mehr in der Lage die 112 anzurufen.