Gladbeck. In ein russisches Dorf entführten die Teilnehmer vom Literaturkurs ihr Publikum. Sie führten ein Stück von Gogol auf. Dafür gab’s viel Applaus.
Abdeckplanen, Absperrband, Farbeimer, lose Tapeten, einzeln hängende Glühbirnen und leere Wodkaflaschen machen das Bühnenbild aus in der alten Sporthalle des Riesener-Gymnasiums. Nicht nur die Bühne ist eine Baustelle, sondern auch das russische Dorf, in dem das Theaterstück „Der Revisor“ von Nikolai Gogol spielt. Der Literaturkurs vom Riesener-Gymnasium hat es Donnerstagabend auf die (Schul-)Bühne gebracht.
Ist ein Reisender aus St. Petersburg vielleicht der Revisor?
Zur Handlung: Der Polizeimeister (gespielt von Justin Chhun) kündigt an, dass das Dorf in Kürze Besuch von einem Revisor der Regierung bekommen soll, jedoch weist er alle Spionage-Vorwürfe entschieden zurück. Man fragt sich, ob Iwan Chlestakow (Nick Steinbrich), ein Reisender aus St. Petersburg, der seit zwei Wochen in seinem Hotel die Zeche prellt, vielleicht dieser Revisor ist.
Panik bricht aus: Alle im Ort, ob Schulinspektor Chlopoff (Tom Lenfers), Krankenhausleiter Semljanika (Alexander Julius), Amtsrichter Ljapkin-Tjapkin (Maximilian Urbaneck) oder wer auch immer, haben Dreck am Stecken. So hält zum Beispiel Postmeister Schpekin (Tobias Lösing) die Briefe, die über seinen Tresen gehen, für die interessanteste Lektüre überhaupt – was ihn zu einem wichtigen Spionage-Abwehr-Helfer macht. Gleichzeitig prahlen alle vor dem vermeintlichen Revisor mit der angeblichen Sauberkeit und Redlichkeit des Dorflebens.
Ein nie enden wollendes Spiel um Macht, Einfluss, Geld und Alkohol
Niemand weiß, ob er seinem Gegenüber trauen kann – aber mit ein bisschen Bestechungsgeld versteht man sich gleich viel besser. Keiner bleibt von dem Verwechslungsspiel verschont, noch nicht einmal die Frau (Blanka Cibulsky) und die Tochter (Loreen Möllenbeck) des Polizeichefs. Als der Schwindel auffliegt, ist der angebliche Spion längst über alle Berge. Dieses nicht enden wollende Spiel um Macht, Einfluss, Ansehen, Geld und Alkohol sorgt auf der Bühne in der alten Sporthalle des Gymnasiums permanent für kuriose und witzige Situationen. Entsprechend fällt jedes Mal der Applaus des Publikums aus.
Den Literaturkurs leitet Dr. Jörg Judersleben
Auf die Bühne gebracht hat diese Inszenierung der von Dr. Jörg Judersleben geleitete Literaturkurs des 11. Schuljahres vom Riesener-Gymnasium.
Diesen bietet die Schule als Ersatz für den Musik- oder Kunstunterricht an – oder zusätzlich dazu. Das Stück hatten die 24 Jugendlichen des Kurses am Anfang des Schuljahres selbst ausgewählt. „Die Schüler haben viele Ideen selbst eingebracht“, so Judersleben, „Ich war eigentlich kaum Regisseur, sondern mehr Spielleiter. Die Schüler haben alles in Eigenregie auf die Bühne gebracht, einschließlich Werbung, Kartenverkauf und Pausen-Verpflegung.“