Gladbeck. . Vor dem Beschluss zur Ausrufung des Klimanotstands nennt Baurat Kreuzer Fakten. Appell an alle Bürger: Jeder Einzelne ist gefordert.
Von Maria Lüning
Dieser Sommer soll wieder ein ziemlicher heißer werden. Und wer weiß, wann der nächste Starkregen erneut Dutzende Keller in der Stadt volllaufen lässt. Der Klimawandel, das ist bekannt, zeigt auch in Gladbeck längst Wirkung. Daran wird sich auch dann so schnell nichts ändern, wenn der Rat am Donnerstag beschließt, den Klimanotstand auszurufen – wohl wissend, dass die Stadt seit Jahren viel tut, um das Klima zu schützen und den Folgen veränderter klimatischer Bedingungen entgegen zu wirken. Aber es kann noch mehr getan werden, und bei der Rettung des Klimas müssen so viele Bürger wie möglich ins Boot geholt werden. Darin sind sich alle politischen Fraktionen einig und stimmten in der Sitzung des Umweltausschusses am Montag dafür, dem Rat die Empfehlung zur Ausrufung des Klimanotstands zu geben.
Baurat Dr. Kreuzer: „Es wird auch weh tun“
Was es heißt, wenn Gladbeck sich dazu verpflichtet, bei jeder relevanten politischen Entscheidung für die Stadt den Klimaschutz mitzudenken? Im Umweltausschuss redete Baurat Dr. Volker Kreuzer dazu Klartext: „Das wird auch weh tun. Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Jeder Einzelne ist gefordert, sein Verhalten zu ändern, auch ganz persönlich.“
Ein Beispiel: Bei Straßensanierungen gebe es oft stundenlange Diskussionen über wegfallende Parkbuchten. „Zwei Parkplätze weniger scheinen dann den Weltuntergang zu bedeuten. Ich habe noch nie gehört: Baut weniger Parkplätze, dafür aber bitte mehr Radwege“, sagt Kreuzer. Dabei gehe es beim Klimaschutz doch darum, den Privat-Verkehr, der 36 Prozent des CO2-Ausstoßes verursacht, zurückzudrängen. An der Friedrichstraße, wo der kleine Parkplatz hinter der Volksbank ab jetzt nur noch Anwohnern vorbehalten bleibt, ist das bereits gelungen. Dort wird es nun keinen „Parkplatz-Suchverkehr“ mehr geben.
„Wir können nicht den Klimanotstand ausrufen und die Kettensäge glühen lassen“
Ausschussvorsitzender Klaus Omlor (SPD) nennt ein anderes Beispiel: „Wir können nicht den Klimanotstand ausrufen und die Kettensäge glühen lassen“, spielt er darauf an, dass es immer wieder mal Anträge zur Abschaffung der Baumsatzung gibt, obwohl diese doch die für den Schutz des Klimas so wichtigen Bäume schützt.
Noch eine Konsequenz aus der Verpflichtung für den Klimaschutz: „Den gibt es nicht zum Nulltarif“, machte der Baurat klar, dass auf die Bürger auch Kosten zukommen werden. Ein besseres ÖPNV-Angebot mit höherer Taktung, wie beispielsweise unter anderem von Dr. Martin Lange (CDU) gefordert, wäre wünschenswert. „Aber dafür sind Investitionen nötig“, machte Wolfgang Wedekind (SPD) deutlich. „Das wird dann nicht billiger.“ Grundsätzlich müsse man realistisch schauen, was die Stadt leisten könne, gab er zu bedenken.
Linke sorgt sich um Erhalt der Kaltluftschneisen
Um brachliegende Flächen, die als Kaltluftschneisen für das Stadtklima von Bedeutung sind, sorgt sich die Linke. Vorsitzender Olaf Jung sieht diese im Regionalplan weniger geschützt und befürchtet zunehmende Bebauung.
Mit dem Beschluss zum Klimanotstand verpflichte sich die Politik zur Prüfung jeder Entscheidung mit Blick auf die Klimarelevanz, machte jedoch Klaus Omlor deutlich. „Wilde Bebauung ist in Gladbeck nicht erlaubt“.
Doch klar wurde in der Sitzung auch: Gladbeck fängt beim Klimaschutz ja nicht bei null an, machte Kreuzer an vielen Beispielen deutlich. Seit 2010 gibt es ein Klimaschutzkonzept, seit 2012 eine Klimamanagerin, die Stadt ist mit dem Projekt Innovation City in Rentfort-Nord und Stadtmitte unterwegs, hat ein Förderprogramm zur Fassaden- und Dachsanierung, macht mit bei „Wasser in der Stadt von morgen“, bezieht den Strom für kommunale Gebäude zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien . . . Darüber hinaus wurde Gladbeck nach dem Modell der Gartenstadt gestaltet, hat dazu die höchste Alleendichte in NRW.
Klimaschutz ist kein Neuland für die Verwaltung
Gute Voraussetzungen also, um sich für die Ausrufung des Notstands zu entscheiden. „Klimaschutz ist kein Neuland für die Verwaltung, das Thema ist bei allen angekommen. Wir müssen dafür nicht alles andere stehen und liegen lassen“, machte Kreuzer Mut für die Entscheidung, die andere Städte, z.B. Bergkamen, nicht getroffen haben. Ziel sei, eine klimaresiliente Region zu schaffen. Wobei resilient meint: Gewappnet sein.
„Uns muss niemand zum Jagen tragen“, stimmte Klaus Omlor zu. Eben deshalb gebe es auch keinen Grund „hibbelig“ zu werden, mahnte György Angel (SPD) in Richtung CDU. Die Fraktion hatte die Entscheidung zur Ausrufung des Klimanotstands in der Ratssitzung am 23. Mai so dringlich gemacht, dass die Sondersitzung am 6. Juni vereinbart wurde und der Umweltausschuss ebenfalls vorgezogen tagte.