Gladbeck. Das Gladbecker Sozialamt ist künftig für existenzsichernde Leistungen zuständig. Kreistag stimmte gegen den Wunsch der meisten Stadtverwaltungen.

Eine gute Nachricht zum komplexen System des neuen Bundesteilhabegesetzes für Menschen mit Behinderung konnte jetzt im Sozialausschuss mitgeteilt werden: In Sachen Beantragung von existenzsichernden Leistungen müssen in Gladbeck lebende Bezieher dafür in Zukunft nicht nach Recklinghausen fahren. Grund: Das örtliche Sozialamt als Träger der Sozialhilfe übernimmt auch diese Leistungsabwicklung und nicht der Kreis.

Sozialdezernent Rainer Weichelt teilte mit, dass die Mitglieder des Kreistages mehrheitlich die Delegationsregelung befürwortet hätten, so dass die Anträge dezentral vom jeweiligen Sozialamt im Wohnort der Betroffenen bearbeitet werden. In Gladbeck profitieren davon aktuell 207 leitungsberechtigte Menschen mit Behinderung, kreisweit sind es rund 1800.

Kreistag stimmt gegen den Großteil der Verwaltungen der Kreisstädte

Damit stimmten die Kreistagsmitglieder auch gegen den Großteil der Verwaltungen der zehn Kreisstädte, „da bis auf Gladbeck dort alle die Bearbeitung über den Kreis favorisiert hatten“, informierte Ausschussmitglied Elke Marita Stuckel-Lotz, zugleich Mitglied des Kreistages (B90/ Grüne).

Finanzielle Hilfe für den Lebensunterhalt

Die Eingliederungshilfen werden mit dem neuen Bundesteilhabegesetz nicht mehr institutionenzentriert (über den Träger einer Behinderteneinrichtung), sondern personenzentriert (berechtigte Person) gewährt.

Existenzsichernde Leistungen werden aus dem System der Fürsorge herausgelöst und ausgezahlt, so dass die Leistungsbezieher damit ihren Lebenunterhalt eigenständig bestreiten können.

Ratsfrau Brigitte Puschadel (SPD), weiteres Kreistagsmitglied aus Gladbeck, erläuterte, dass für die Mehrheit der Kreistagspolitiker das Argument der kurzen Wege wichtig gewesen sei. In den Städten müsste jetzt zwar jeweils mehr Personal eingestellt werden, dies hätte zur Sachbearbeitung aber auch im Kreishaus erfolgen müssen, so Puschadel, „zusätzlich der Stelle einer Leitungsposition, die über die Dezentralisierung jetzt eingespart werden kann“.

Neue Fallmanagerin soll schnellstmöglich ihre Stelle antreten

Amtsleiter Thomas Andres informierte, dass man langfristig mit zwei Fallmanagern zur Bearbeitung dieser Anträge im Amt für Soziales und Wohnen plane. Kurzfristig werde zunächst aber eine Stelle in der Abteilung Existenzsicherung aufgestockt (Steigerung Personal- und Sachkosten circa 80.000 Euro/ Jahr). „Nach dem Vorstellungsterminen im April haben wir uns für eine Dame aus Gelsenkirchen entschieden.“ Sie solle die Stelle so schnell wie möglich, spätestens zum 1. September antreten.

Nur etwa zehn Prozent der Menschen mit Behinderung in Gladbeck, die Eingliederungshilfe beziehen, verfügen derzeit über ein ausreichendes Einkommen. Der Großteil ist so auf weitere Sozialhilfen wie die existenzsichernden Leistungen angewiesen, über die zum Beispiel auch die Kosten der Unterbringung getragen werden.

Das Einkommen reicht meist nicht für den Lebensunterhalt aus

Ein Großteil der existenzsichernden Leistungen wird vom Bund übernommen. Die mit dem neuen Teilhabegesetz propagierte und ab 2020 beabsichtigte Entlastung der Kommunen sieht aber auch die Gladbecker Stadtverwaltung kritisch. Grund: Die Zuständigkeit der Finanzierung der Eingliederungshilfe (Fachleistungen, z.B. Assistenzleistungen) verbleibt bei den über die Kommunen umlagefinanzierten Landschaftsverbänden.

Trotz der neu geschaffenen Stelle für die Fallbearbeitung der existenzsichernden Leistungen, geht das Gladbecker Sozialamt schon jetzt davon aus, dass es aufgrund des ersten Andranges zur Antragstellung zu Verzögerungen in der Beratung und der Bewilligung der Leistungen kommen wird. Gleichwohl wird versprochen, dass die Leistungen pünktlich ab 1. Januar 2020 gezahlt werden, da alle vorliegenden Anträge zunächst pauschal vorläufig gewährt werden.