Gladbeck. . Redner am 1. Mai appellieren in Gladbeck, die Werte der Europäischen Union zu verteidigen. Und sie fordern auf, bei der EU-Wahl wählen zu gehen.
Mit einem Appell für ein soziales und gerechtes Europa sowie – anlässlich des 100. Stadtgeburtstages – einer Erinnerung an die Entwicklung der städtischen Arbeits- und Lebensbedingungen seit 1919 ging der 1. Mai, der Tag der Arbeit, in Gladbeck über die Bühne, der weniger gewerkschaftlich sondern stadtpolitisch geprägt war und auf eine eher überschaubare Teilnahme stieß.
Abgesehen von einem kleinen Statement der Verdi-Gewerkschaftssekretärin Bärbel Sumagang zum Thema Europa sprach an diesem Morgen kein offizieller Gewerkschaftsvertreter. Die Zurückhaltung des DGB, eigentlich die prägende Kraft an einem „Tag der Arbeit“, war auffallend und war auch bei den Plakaten und Fahnen erkennbar – sie waren neben denen von Verdi und der IGBCE nicht wahrzunehmen.
Bürgermeister Roland fordert, das „Erkämpfte zu verteidigen“
Die Rede zum 1. Mai hielt Bürgermeister Ulrich Roland beim politischen Vormittag in der Stadthalle und mahnte, den Tag der Arbeit nicht als nostalgisch abzutun. Man sei es denjenigen, die für die Rechte der Arbeitnehmer auf die Straße gegangen seien, schuldig, das Erkämpfte zu verteidigen. „Nichts ist selbstverständlich“, so Roland.
Zum Thema Europa rief der Bürgermeister dazu auf, „das Geschäft“ nicht den Rechtspopulisten zu überlassen. „Die Situation ist ernst, wir müssen Grund zur Sorge haben“, so Roland und erinnerte an die Werte Europas, die Gefahr liefen, verloren zu gehen. „Diese Erfahrung brauchen wird nicht“, sagte er und ermunterte das Publikum in der nicht voll besetzten Stadthalle, bei der EU-Wahl am 26. Mai wählen zu gehen. Auch Vertreter von Jugend-, Senioren- und Integrationsrat sowie der Frauenberatungsstelle würdigten neben der Verdi-Gewerkschafterin in Statements die Vorteile der EU – und riefen ihrerseits zur Wahl auf.
Treffen auf dem Rathausplatz stieß nicht auf große Resonanz
Bereits vor der Veranstaltung in der Stadthalle war zur Einstimmung auf dem Willy-Brandt-Platz ein Zeichen für Europa und den Stadtgeburtstag gesetzt worden: 100 bunte Luftballons starteten zum 100. Geburtstag der Stadt mit 100 Wünschen zur Zukunft der Europäischen Union in den grauen Vormittagshimmel.
Heinrich Menning, Vorsitzender der Freunde Marcq-en-Baroeul, lobte die freundschaftlichen Bande ins Nachbarland und die über 50 Jahre währende Städtepartnerschaft zu Marcq. Er drückte vor weniger als 100 Menschen, die vors Rathaus gekommen waren, seinen Wunsch nach einem weiterhin vereinten, sozialen und friedlichen Europa aus. Im Anschluss setzte sich ein kleiner Marsch Richtung Stadthalle in Bewegung.
Die Arbeiterschaft prägte die Entwicklung der Stadt entscheidend mit
Dort erinnerte Erster Beigeordneter Rainer Weichelt, Sozialdezernent und ehemaliger Stadthistoriker, als Höhepunkt und Abschluss der Veranstaltung zum 1. Mai an die Entwicklung der Arbeiterschaft und ihr politisches Mitwirken in der jungen Stadt Gladbeck nach 1919. Die sozialdemokratisch, aber auch die christlich geprägte Arbeiterschaft hätte, so Weichelt, zunächst nach der Revolution 1918 gemeinsam mit dem preußischen Amtmann Michael Jovy eine Art „Übergangsregierung“ gebildet, in der sie mitbestimmten, wie sich die Stadtgesellschaft weiter entwickeln sollte. Nach der allerersten Kommunalwahl im März 1919 bildeten Sozialdemokraten und Zentrumsleute gemeinsam die Stadtregierung.
Weichelt: „Das war zur Geburtsstunde der kommunalen Demokratie sowas wie eine große Koalition.“ Gemeinsam habe man Gladbeck weiter entwickelt „und die Stadt lebensfähig gemacht“. Weichelt nannte als Beispiele das Schaffen von Naherholungsgebieten, die aktive Wohnungsbaupolitik der Stadt in der 1920er Jahren oder auch die Schaffung einer „staubfreien Müllentsorgung“. Weichelt: „Die Stadt wurde so gestaltet, dass die Menschen, die auf den Pütts die wirtschaftlichen Werte schafften, auch etwas davon hatten.“ Nach dem Krieg hätte die Gewerkschaftsbewegung einen umfassenden Beitrag zur Wachstum und Wohlstand in der Stadt geleistet.