Gladbeck. . Vor 130 Jahren gingen Kumpel wegen schlechter Arbeitsbedingungen auf die Straße. In Gladbeck starben einige. Am 8. Mai gibt es einen Gedenktag.

130 Jahre ist es am 8. Mai her, dass bei einem Bergarbeiterstreik im gesamten Ruhrgebiet Bergleute einen gerechten Lohn für ihre Arbeit und ein menschenwürdiges Leben forderten. In Gladbeck kamen bei dem Streik drei Menschen ums Leben, fünf wurden verletzt. Der Bergmanns- und Geschichtsverein Zeche Graf Moltke rund um Walter Hüßhoff will an das Ereignis erinnern und lädt für diesem Tag zu einem kulturellen Abend ein (siehe Box).

Zum Steinkohle-Aus im Ruhrgebiet sei der Bergbau auf einen Sockel gehoben worden. „Der Sockel ist aber nicht so schön gewesen, wie er sich darstellt“, sagt der ehemalige Bergmann. Auch daher möchte er an den Aufstand erinnern, zu dem er viel recherchierte.

Schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen waren der Auslöser

„Elend und Willkür trieb sie zum Streik“, so heißt es in einem Artikel der einstigen Gewerkschaftszeitung „Einheit“, den Hüßhoff beim WAZ-Gespräch auf seinem Küchentisch liegen hat. Grund für die Unzufriedenheit: schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen. „Es gab etwa keine Bewetterung und Schichten von neun bis zwölf Stunden. Auch die Lebensumstände waren schlecht“, weiß Hüßhoff.

Gladbecker können sich an dem Abend beteiligen

Der Bergmanns- und Geschichtsverein Zeche Graf Moltke erinnert an den Bergarbeiterstreik an einem kulturellen Abend mit Geschichten, Gedichten und Liedern der Arbeiterbewegung

Beginn ist am Mittwoch, 8. Mai, um 18.30 Uhr in der Jugendkunstschule, Schachtstraße 59.

Museumsleiter Alexander Borchard führt in die Veranstaltung ein. Musik kommt von Norbert Gerbig, Bürgermeister Ulrich Roland liest.

Gladbecker, die Interesse haben, bei dem Abend aus Arbeiterliteratur zu lesen, können sich bei Walter Hüßhoff melden: 62207. Gäste sind zu der Veranstaltung in der Jugendkunstschule willkommen.

Denn Infrastruktur, Wohnungen und auch Schulen mussten erst einmal geschaffen werden. „Viele Versprechungen, die bei der Anwerbung der Bergleute aus Europa gemacht wurden, wurden nicht eingehalten.“ Die Kumpel waren abhängig von den jeweiligen Zechenleitungen. „Die Steiger beschimpften und schlugen die Bergleute zum Teil.“ Auch die hygienischen Zustände unter Tage waren katastrophal. „Viele hatten Würmer oder eine Staublunge.“

Bergmänner empfingen das Militär mit Steinwürfen

Grund genug für die Bergleute, zu streiken. Der Aufstand von 1889 war einer von einigen, die bereits 1880 begannen. Insgesamt 90.000 Bergleute waren im Ruhrgebiet im Ausstand. Am 8. Mai 1889 dann schließlich kam es zu den ersten politischen Toten. Vor der Zeche Moltke hatten sich rund 500 Kumpel versammelt, das Militär war wegen befürchteter Unruhen gekommen. Die Bergmänner empfingen das Militär mit Steinwürfen. Hüßhoff: „Als einer der Soldaten am Helm getroffen wurde, feuerten die Soldaten auf die Menge.“ Drei Kumpel starben, fünf wurden verletzt.

Ein Zeitungsausschnitt zu dem Bergarbeiterstreik aus der Gewerkschaftszeitung „Einheit“.
Ein Zeitungsausschnitt zu dem Bergarbeiterstreik aus der Gewerkschaftszeitung „Einheit“. © Lutz von Staegmann

„Damals gab es nicht die soziale und gesellschaftliche Absicherung, wie sie heute besteht“, erinnert Hüßhoff, der über den Bergarbeiterstreik 1889 vor zehn Jahren ein Theaterstück geschrieben und mit Schülern der Hauptschule Butendorf aufgeführt hatte. Die Menschen, die aus halb Europa als Tagelöhner nach Gladbeck kamen, seien unorganisiert und den Zechenbesitzern ohne Rechte ausgeliefert gewesen, so der leidenschaftliche Gewerkschafter.

Als Gewerkschafter immer seine Stimme erheben

Erst nach dem Streik organisierte sich eine Gewerkschaftsbewegung. „Auch deshalb ist es so wichtig, an den Streik zu erinnern“, so der 70-Jährige. „Man muss wissen, wie die Gewerkschaftsbewegung entstanden ist und was Armut und Elend bedeuten.“ Die Rechte, die Arbeitnehmer heute hätten, aber auch allen Menschen, egal woher sie kommen, müsse mit Wertschätzung begegnet werden.

Bestimmte Forderungen umzusetzen, sei alleine nicht möglich, sondern nur in der Gemeinschaft mit anderen. „Als Gewerkschafter muss man immer seine Stimme erheben und mahnen. Nur so kann man Veränderungen herbeiführen.“