Gladbeck. . Eine Fotoschau zu den Industriewelten des Reviers ist Berta Walter-Hamzas Beitrag zum 100. Geburtstag Gladbecks. Ausstellung läuft bis September.

Klänge von zwei Trompeten, einer Posaune und einer Tuba unterbrechen die Gespräche der Besucher im Aufführungsraum der Musikschule Gladbeck. Zu der Melodie des Steigerliedes ziehen vier Musiker ein. Einer von ihnen ist Musikschulleiter Rolf Hilgers. Der Anlass, zu dem er an diesem Sonntagvormittag die mehr als 50 Besucher begrüßt, ist die Eröffnung einer Fotoausstellung zum 100. Geburtstag der Stadt Gladbeck: „Keine x-beliebige, sondern eine zum Bergbau. Von einer sehr vielseitigen und engagierten Kollegin. Sie ist Geigenlehrerin hier in der Musikschule, leitet das Unterstufen-Sinfonieorchester und gibt auch JeKits-Unterricht: Berta Walter-Hamza.“

Kathedralen des Ruhrgebiets

Die Schau „Am Puls der Zeit“ besteht aus 21 großen Fotos von Eindrücken aus der Maschinenhalle Zweckel, der Zeche Zollverein, der Jahrhunderthalle Bochum und vom Landschaftspark Duisburg. Die „Skelette“ zweier Kühltürme in Bochum gehören genauso dazu wie ein „Triptychon“ aus Außenansicht, Innenansicht und Förderturm der Maschinenhalle Zweckelsowie oft übersehene Details an den Wänden der alten Industriegebäude. Die Fenster der Maschinenhalle, durch die farbiges Licht fällt, könnte man wirklich für Kirchenfenster halten – kein Zufall, zumal man Fördertürme und Maschinenhäuser oft die „Kathedralen des Ruhrgebiets“ nennt.

Bergbau hinterlässt auch „Ewigkeitswerte“

Unter dem Titel „Am Puls der Zeit“ dürften Betrachter in der Fotoausstellung Vertrautes – wie die Maschinenhalle Zweckel –  erkennen und Unbekanntes entdecken.
Unter dem Titel „Am Puls der Zeit“ dürften Betrachter in der Fotoausstellung Vertrautes – wie die Maschinenhalle Zweckel – erkennen und Unbekanntes entdecken. © Andreas Hofmann

„Ohne den Bergbau gäbe es nicht die vielfältige Kulturlandschaft im Ruhrgebiet und auch nicht die Musikschule“, erinnert Bürgermeister Ulrich Roland in seiner Ansprache, „der Bergbau hat uns Ewigkeitslasten hinterlassen, aber auch Ewigkeitswerte: Zusammenhalt, Toleranz und Respekt. Für ihre Ausstellung gibt es kaum einen besseren Ort als die Musikschule, die ehemalige preußische Berginspektion. Als Zugereiste hat Berta Walter-Hamza einen unverklärten und doch liebevollen Blick: Sie zeigt nicht nur Bergbauromantik, sondern auch die Wunden, die unsere Industrie geschlagen hat.“

Drei persönliche Anlässe

Bis Ende September wird die Fotoschau im Aufführungsraum der Musikschule zu sehen sein. Berta Walter-Hamza wird zur Finissage rechtzeitig einladen.

Diese wird für sie mit drei persönlichen Anlässen verbunden sein: Sie wird in diesem Jahr 65 Jahre alt und unterrichtet seit 45 Jahren Geige und Bratsche, davon 30 Jahre lang an der Musikschule Gladbeck.

Schließlich ist Walter-Hamzas Heimat das bayerische Ansbach. Für sie sei es ein Kulturschock gewesen, als sie nach Abschluss ihres Studiums von Österreich nach Nordrhein-Westfalen umzog, wie sie in ihren Begleittexten zur Ausstellung schreibt. Berta Walter-Hamza präsentiert sich am Sonntagvormittag nicht nur als Fotografin und Ausstellerin, sondern auch in ihrem Hauptberuf als Musikerin, namentlich als Bratschistin: Mit ihrem Mann Joan Hamza am Cello, Werner Pecl an der Geige und Volker Kolmetz am Klavier bringt sie ein Klavierquartett von Beethoven und das Werk „Beryll“ des Gladbecker Komponisten Heinz-Josef Florian zu Gehör. „Beryll“ nutzt alle möglichen Klänge der vier Instrumente, um die vielen Facetten des gleichnamigen Halbedelsteins musikalisch darzustellen.

Berta Walter-Hamza zieht Hut vor Bergleuten

Für Berta Walter-Hamza sind ihre Bilder auch eine Hommage an ihre Heimat. Sie sagt: „Wir haben viele Freunde im Bergbau. Ich ziehe wirklich meinen Hut vor ihnen. Ohne sie gäbe es kein Wirtschaftswunder, keine EU und kein vereintes, friedliches Europa. Deshalb ist der ‘Aufruf an die Jugend aller Nationen’ von Olu Oguibe für mich persönlich auch besonders wichtig.“ Auch dieses Bochumer Kunstwerk ist mit zwei Fotos gewürdigt.