Wäre Ioan Hamza etwas anderes als Profi-Musiker geworden – seine Verwandten hätten wohl verwundert aufgehorcht. Wurde er doch am 15. Dezember 1935 – heute vor 80 Jahren – in eine weit verzweigte ungarische Dynastie von Interpreten hineingeboren. Der Musikwelt wäre ein brillanter Cellist entgangen, und der städtischen Musikschule ein beliebter und engagierter Dozent.
Der Vater war Solo-Violinist, die Mutter Tänzerin. Es kam, wie es vielleicht in einem klingenden Umfeld von Rhythmen und Melodien kommen musste: Ioan Hamza setzte die Familientradition in fünfter Generation fort und griff zum Bogen. Allerdings gönnte sich der Musiker eine kleine Sonderrolle. „Alle waren Geiger, auch mein Vater und mein Bruder“, erzählt er, „ich wollte aber Cello spielen.“ Den Moment, in dem er sein Herz an dieses ‘Instrument verlor, hat er nicht vergessen: „Mein Bruder und ich haben ein Konzert in einer Kirche mit Cello und Orgel besucht.“ Da geschah es: Er verliebte sich in die Klangfarbe des Streichinstrumentes.
Eine Leidenschaft fürs Leben. Wenn Ioan Hamza sich setzt und zu seinem Violoncello greift, den Bogen behutsam-sanft und animato über die Saiten führt – ja, dann können gefühlsbetonte Naturen schon einmal einen Kloß in der Kehle bekommen. Doch nicht nur das Beseelte und Liebliche steckt in diesem Vollblutmusiker mit dem sprühenden Charme und der ansteckenden Lebensfreude. Interpretiert er mit blitzenden Augen lebhafte Kompositionen und lässt den Bogen auf den Saiten hüfen, springt im Nu der Gute-Laune-Funke über.
Ein Menschenfreund
Hamzas Kunst durften schon unzählige Menschen überall auf dem Erdball genießen. Er erblickte das Licht der Welt im rumänischen Oradea. Seine Frau Berta Walter-Hamza erzählt: „Sein Leben war sehr stark geprägt von politischen Umständen.“ Er nennt als Beispiel: „Jede Woche hatten wir die Securitate (Anm. der Redaktion: rumänischer Geheimdienst) im Haus!“ Doch er konnte nach Israel emigrieren. Er, der persönlich schwierige Zeiten meistern musste, meint: „Musik ist Therapie.“ Musik heiße für ihn auch Beten, sagt Hamza, aufgewachsen in christlich-jüdischer Tradition. Konfessionen und Glaubensfragen spielen für ihn keine Rolle. Musik überwindet eben Grenzen.
Was bedeutet für einen Menschen, der in aller Welt gelebt und gearbeitet hat, der Begriff „Heimat“? – „Eine schwierige Frage“, antwortet er. Ist Heimat dort, wo er aufgewachsen ist? Ist die Muttersprache der entscheidende Punkt? Ioan Hamza spricht fließend Ungarisch und Hebräisch. Seine Sprache ist die Musik, einerlei wo er sich gerade befindet: „Ich bin total frei. Ich kann alles über die Musik ausdrücken.“ Er schätzt es, wenn er mit kultivierten Menschen zu tun hat, die einander und der Kunst Respekt zollen, sich freundlich und ehrlich begegnen.
Und das lebt Hamza. Mit offenen Armen und überwältigender Herzlichkeit geht der Menschenfreund auf Gäste zu. Für ihn „als Künstler geht’s nicht nur um Geld, sondern ums Glücklichsein“. Glücksmomente haben junge Talente der Musikschule bei ihrem Dozenten im Fach Violoncello. Seine Frau, die Bratsche spielt und unterrichtet, sagt mit einem feinen Lächeln über ihren Mann: „Er ist ein sehr liebevoller, aber konsequenter Lehrer.“ Und er kann sich freuen: Die Hamza-Familientradition findet eine Fortsetzung – mit Tochter Felicia, die ebenfalls Cellistin ist.