Gladbeck. Für mehr Kinder in Gladbeck wird die Möglichkeit des Unterhaltsvorschusses genutzt. Kritik der Lokalpolitik: Die Kosten sind nicht fair verteilt.
Das Ziel, mit der Neuregelung des Unterhaltsvorschussgesetzes Alleinerziehende länger zu entlasten, wenn der (ehemalige) Partner nicht für das gemeinsame Kind zahlt, wird von der Gladbecker Lokalpolitik fraktionsübergreifend begrüßt. Das wurde jetzt im Sozialausschuss deutlich. Ebenso deutlich wurde aber auch Kritik gegenüber dem Land NRW in Sachen Kostenübernahme formuliert. Grund: Entgegen der zuvor geäußerten Absicht, mit der Novellierung die Kommunen finanziell zu entlasten, sieht die Stadt unterm Strich eine Mehrbelastung bei ihren Kosten.
Zunächst die Fakten: 1980 ist das Unterhaltsvorschussgesetz in Kraft getreten. Die öffentliche Hand greift seither damit überwiegend alleinerziehenden Müttern durch den Vorschuss des Unterhaltes unter die Arme, um dann das Geld bei den Vätern einzufordern. Seit dem 1. Juli 2017 wurde der Anspruch des Kindes auf Unterhaltsvorschuss bis auf das 18. Lebensjahr ausgeweitet (zuvor 12. Lebensjahr).
Die Kostenübernahme wurde neu geregelt
Das führte in Gladbeck zu einer Verdoppelung der Fallzahlen von 482 (Ende 2016) auf 990 Ende 2018. Mit einer dementsprechender Mehrbelastung für die Sachbearbeiter im Sozialamt einerseits, wo die Fälle verwaltet werden, so dass das Personal im Bereich Existenzsicherung auf vier Personen verdoppelt wurde. Anderseits führte dies zu höheren Kosten, da mit Zunahme der Fallzahlen auch die Summe für den vorgestreckten Unterhalt von insgesamt einer (2016) auf 2,6 Millionen Euro (2018) anstieg.
Um die oft finanzschwachen Kommunen zu entlasten, wurde daher auch die Kostenübernahme neu geregelt. Die Kommunen übernehmen statt 50 ,nur’ noch 30 Prozent des vorgestreckten Unterhalts (für Gladbeck rund 780.000 Euro). Das Land NRW erhöht von zuvor zehn auf 30 Prozent, nur der Anteil des Bundes blieb bei 40 Prozent (1,04 Mio. Euro für Gladbeck).
Die beabsichtigte Entlastung der Kommunen ist nicht erfolgt
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Die beabsichtigte Entlastung der Kommunen sei damit aber nicht erfolgt, kritisierte Sigrid Stienen, Abteilungsleiterin Existenzsicherung der Stadt, im Ausschuss. Denn obgleich der Kostenanteil auf Bund-Länderseite erhöht wurde, „sind die Kosten für die Stadt unterm Strich um rund 250.000 Euro gestiegen, da ja mit der Fallzunahme wesentlich mehr Unterhaltsvorschuss erbracht werden muss“. Diese Mehrausgaben entsprächen einer Steigerung von fast 50 Prozent, so Stienen.
Im Juli tritt nun eine weitere Neuerung in Kraft: Das Landesamt für Finanzen übernimmt dann zentral die Regie, um den Unterhaltsvorschuss wieder einzutreiben. Zudem müssen die Kommunen sich nicht mehr an den Unterhaltsvorschusszahlungen beteiligen, die fortan Land (60 Prozent) und Bund (40 Prozent) allein tragen.
Letzte Chance, um politisch Einfluss zu nehmen
Klinge zunächst gut, ändere aber nichts an der bestehenden Mehrbelastung kritisiert die Stadt. Denn: Diese Regelung betrifft nur Neufälle ab dem Stichtag 1. Juli. Bedeutet: Alle bisherigen rund 1000 Bestandsfälle bleiben in der Regie der Stadt – mit allem gestiegenen finanziellen wie personellen Aufwand.
Sozialdezernent Rainer Weichelt machte dem Sozialausschuss deutlich, dass die Novellierung des Unterhaltsvorschussgesetzes „aktuell noch einmal auf den Prüfstand und das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist“. Die Kommunalpolitik habe so jetzt noch eine wohl letzte Chance, „um beim Finanzministerium und beim Städtetag Einfluss auf das Verfahren zu nehmen“.
Es gelte den Finger zu heben, darauf hinzuweisen, dass das Land im Wort sei, dass sich die Situation für die Kommunen beim Unterhaltsvorschuss nicht verschlechtern sollte. „Aktuell haben wir aber die Mehrbelastung von einer Viertelmillion Euro, die den angespannten Haushalt der Stadt weiter belastet.“
Die Mitglieder des Sozialausschusses beschlossen so einstimmig, die Stadtverwaltung zu bitten, mit den weiteren Kommunen des Kreises Recklinghausen ein Schreiben an den Städtetag und das Land zu senden, in dem einerseits die positive sozialpolitischen Ausrichtung der Gesetzesänderung begrüßt werde. In dem andererseits aber auch klar gemacht werde, „dass die zusätzlichen Belastungen für Städte wie Gladbeck nicht tragbar sind“. Verdeutlichen müsse das Schreiben zudem, dass der Sozialausschuss erwarte, „dass das Land Ausgleichsregelungen trifft, die garantieren, dass die finanziellen Belastungen für die Kommunen nicht höher sind als im Jahr 2016“.