Gladbeck. . Melis Bilici und Achmed Khodr lernen im Jugendrat viel über ihre Stadt – aber nicht nur das. Besonders stolz sind sie auf das Jugendcafé „3Eck“.
Alle Jahre wieder wählen Kinder und Jugendliche in der Stadt ihre Vertreter für den Jugendrat. Zur Halbzeit der diesjährigen Amtszeit sprach die WAZ mit den langjährigen Mitgliedern Melis Bilici (21) und Achmed Khodr (19) darüber, warum es wichtig ist, sich zu engagieren und wo sie manchmal an Grenzen stoßen. Die beiden bezeichnen sich selbst als Urgesteine des Jugendrats, sind bei jeder Veranstaltung dabei.
Warum ist es so wichtig, dass sich die Jugend in die Politik einmischt?
Achmed Khodr: Es ist die Chance, in der eigenen Stadt etwas gestalten zu können. Wenn wir zufrieden sein wollen mit unserer Stadt dann müssen wir uns auch einbringen.
Melis Bilici: Unsere Meinung wird ernst genommen, das sollte man schätzen. Unser Rathaus ist unser Bundestag. Und die Erwachsenen werden nicht immer da sein, irgendwann wählen die Jugendlichen. Um richtige Entscheidungen bei Wahlen treffen zu können, müssen wir uns früh mit Politik beschäftigen.
Sie investieren viel Zeit in die Arbeit des Jugendrats. Was gibt Ihnen Ihr Engagement zurück?
Bilici: Wir sind ganz nah dran am Stadtgeschehen. Auf Fragen habe ich meist eine Antwort, zum Beispiel was gerade beim Projekt „Hoch10“ passiert. Mein Papa sagt immer: „Meine 21-jährige Tochter weiß mehr über die Stadt als ich.“ Da bin ich schon stolz auf mich. Wir sind ja auch in Ausschüssen aktiv. Erst einmal hört sich das vielleicht langweilig an und manchmal ist es das auch, aber man bekommt einfach sehr viel mit und das ist dann auch interessant.
Khodr: Ich bekomme sehr viel Anerkennung. Und ich merke, dass ich durch den Jugendrat viel selbstständiger geworden bin. Ich habe auch gelernt, wie ich mit verschiedenen Jugendlichen umgehe. Man trifft hier auf unterschiedliche Menschen und auch Kulturen. Als ich vor drei Jahren im Jugendrat begann, war ich noch ein ganz anderer Mensch. Im Jugendrat lernen die Mitglieder, ihre Meinung zu sagen, egal, was andere dazu sagen.
Bilici: Wir diskutieren, ohne uns zu streiten. Wir wollen den Jugendlichen vermitteln, dass es ok ist, seine Meinung zu sagen, auch wenn 500 Menschen etwas anderes denken.
Was war für Sie damals Anlass, beim Jugendrat mitmachen zu wollen?
Bilici: Ich bin über eine Freundin auf den Jugendrat aufmerksam geworden und war total begeistert, wie engagiert und organisiert die Mitglieder sind. Ich hatte vorher mit Politik nur wenig zu tun und im Jugendrat ist es mit Workshops und Übungen eine ganz andere Herangehensweise als etwa in der Schule. Ich habe jetzt mehr mit Politik zu tun, als ich jemals dachte und wollte.
Zehn- bis 21-Jährige können sich engagieren
Zum Jugendrat gehören derzeit 66 aktive Mitglieder. Engagieren können sich Jungen und Mädchen zwischen zehn und 21 Jahren.
In diesem Jahr haben sich besonders viele jüngere Gladbecker in den Jugendrat wählen lassen.
Die Wahlen zum Jugendrat finden jährlich zu Beginn des Schuljahres statt.
Khodr: Als ich als Schülersprecher der Erich-Kästner-Schule zum zehnjährigen Jubiläum zum Jugendrat eingeladen wurde, hat mir die Atmosphäre gut gefallen. Ich dachte, Politik ist langweilig und nur etwas für Ältere, aber es war total schön.
Wie wollen Sie andere Kinder und Jugendliche für die Arbeit im Jugendrat und somit auch für Politik begeistern?
Bilici: Das ist sehr schwierig. Es gibt Jugendliche, die sich engagieren, aber auch diejenigen, denen alles egal ist. Wir haben uns immer viel Mühe gegeben, alle in den Schulen anzusprechen. Manchmal sind wir dabei jedoch vor Wände gelaufen.
Khodr: Wir wollen begeistern, indem wir aktiv sind. Zum Beispiel bei unserer Veranstaltung „Jugend debattiert“, in der Jugendliche eine eigene Rede halten konnten, haben viele mitgemacht. Die Schüler haben gemerkt, dass es bei uns im Jugendrat nicht langweilig ist und wir auch coole Sachen machen, zum Beispiel gemeinsam fürs Zimtsternfest Plätzchen backen. Toll ist auch, dass sich schon 30 Jugendliche bei der Taschengeldbörse engagieren und so älteren Menschen gegen ein Entgelt Hilfe im Alltag bieten. Das zeigt uns, die Bereitschaft etwas zu bewegen, ist da.
Was war bisher Ihr größter Erfolg?
Khodr: Das Jugendcafé „3Eck“. Wir wollten einen Treffpunkt haben, wo wir uns unverbindlich treffen können. Das haben wir geschafft.
Bilici: Wir haben sehr lange an der Entstehung gearbeitet. Wir haben uns viele Gedanken gemacht: Wie soll das Café heißen, wie sollen die Räume aussehen? Bis ins Detail durften wir entscheiden und etwa Teppiche und Wandfarbe aussuchen. Auch die Möbel haben wir in einem Workshop selbst gebaut.
Was haben Sie sich für Ihre weitere Arbeit vorgenommen?
Bilici: Das „3Eck“ ist noch kein öffentliches Café. Wir suchen Mitarbeiter, so dass wir öfter öffnen können. Bislang kommen die Jugendlichen nur zu AGs oder Workshops dorthin.
Können Sie sich vorstellen, auch beruflich in die Politik zu gehen?
Khodr: Ich habe mich bei der Stadt für ein duales Studium zum Stadtinspektoranwärter beworben. Von daher kann ich mir auch vorstellen, in die Politik zu gehen.
Bilici: Ich habe gesehen, wie stressig die Politik sein kann. Ich möchte mir nicht jeden Tag den Kopf darüber zerbrechen müssen, was gerade hier oder in Berlin passiert. Ich studiere BWL und möchte Lehrerin an einem Berufskolleg werden. Im Jugendrat möchte ich mich auf jeden Fall weiterhin engagieren, auch wenn ich mit 21 Jahren jetzt schon fast zu alt dazu bin.
>>> Die Mitglieder des Jugendrats treffen sich am Samstag, 8. Dezember, zu einem Workshop. Dabei geht es um die Außengestaltung des Cafés „3Eck“, Friedrich-Ebert-Straße 10. Beginn ist um 10 Uhr, wer mitmachen möchte, kann einfach vorbeikommen.