Gladbeck. . Der 18-Jährige engagiert sich bei der Taschengeldbörse und hilft Gerd Heim bei technischen Fragen. Mediziner ist seit Schlaganfall gehandicapt.

Rrrring, rrrring! Das Handy auf dem Tisch beginnt zu klingeln, Gerd Heim nimmt es in die Hand, wischt über das Display und hält das Smartphone an sein Ohr. „Hallo?“, spricht er in den Hörer. Achmed Khodr, der gleich neben ihm sitzt, freut sich. „Das hat ja super geklappt.“

Der Schüler ist an diesem Nachmittag bei dem 74-Jährigen, um ihm technische Nachhilfe zu geben. Einmal in der Woche kommt er her, im Moment üben die beiden Gespräche mit dem Handy anzunehmen. Der Besuch läuft über das Projekt Taschenbörse, das Jugendrat und Seniorenbeirat gemeinsam vor zehn Wochen an den Start brachten.

Mindestens fünf Euro Stundenlohn

Nach der Smartphone-Nachhilfe soll es für die beiden ins Tonstudio gehen. „Achmed kann mir helfen, die Geräte zu bedienen“, sagt der Ellinghorster.
Nach der Smartphone-Nachhilfe soll es für die beiden ins Tonstudio gehen. „Achmed kann mir helfen, die Geräte zu bedienen“, sagt der Ellinghorster. © Oliver Mengedoht

Zwölf Jugendliche und zwölf Senioren sind derzeit bei ihr gemeldet. Die Jungen und Mädchen können ein kleines Taschengeld verdienen, indem sie ihre Hilfe anbieten. Sei es im Haushalt, bei der Gartenarbeit oder eben in technischen Fragen. Die Jugendlichen müssen zwischen 14 und 20 Jahren alt sein, für ihre Hilfe sollen sie mindestens fünf Euro in der Stunde bekommen.

Das Besondere: Die Generationen kommen einander in Kontakt, lernen von- und miteinander. „Es hat sofort gepasst mit Achmed und mir“, sagt Gerd Heim. Seine Frau hatte sich bei der Stadt nach einer Möglichkeit erkundigt, ihrem Mann den Umgang mit PC und Smartphone zu erklären.

Ein Erfolgserlebnis für beide

Vor zehn Jahren bekam der Anästhesist einen Schlaganfall, hat seitdem Koordinationsstörungen, Schwierigkeiten mit dem Lesen. „Ich hatte Suizidwünsche. Es ist ein ganz anderes Leben, seit dem Schlaganfall bin ich richtig gehandicapt.“

Hier können sich Senioren und Jugendliche melden

Senioren, die sich Hilfe von einem Jugendlichen wünschen, können sich an Friedhelm Horbach vom Seniorenbeirat wenden: donnerstags von 10 bis 11 Uhr im Fritz-Lange-Haus, Friedrichstraße 7, 51973 oder friedhelmhorbach@web.de.

Achmed Khodr bietet für Jugendliche freitags von 15.30 bis 17.30 Uhr eine Sprechstunde im Jugendcafé 3Eck, Friedrich-Ebert-Str. 10.

Einen Tag nach Achmeds Besuch geht es für den Ellinghorster für einige Tage noch einmal ins Krankenhaus. Telefonate annehmen und seine Frau anrufen, das muss dann klappen. Dass das nun funktioniert, ist für Heim ein echtes Erfolgserlebnis. „Für mich ebenso“, sagt sein junger Lehrer. „Ich bin mit dem Medium aufgewachsen und es gibt so viele Möglichkeiten mit dem Smartphone, man muss sie nur kennen.“

1972 nahm Gerd Heim Schalke-Hymne auf

Nach der Handynachhilfe geht es für die beiden ins Tonstudio. In der Gartenlaube hat der 74-Jährige ein Tonstudio mit 24 Spuren eingerichtet. Unter seinem Künstlernamen Gerd Recat hatte er 1972 damit die Schalke-Hymne „Zeig mir den Platz in der Kurve“ aufgenommen. Über 100 000 Mal verkaufte sich die Platte. Achmed Khodr soll ihm nun dabei helfen, die Geräte zu bedienen. „Ich kann hier auch noch einiges lernen“, sagt der 18-Jährige.

Das Cover der Platte, die Gerd Heim vor vielen Jahren aufnahm.
Das Cover der Platte, die Gerd Heim vor vielen Jahren aufnahm.

In der Sprechstunde für Jugendliche (siehe Box) vermittelt er die Kontakte für die Taschengeldbörse. „Wir haben auch eine WhatsApp-Gruppe gegründet und wollen uns bald einmal mit unseren jeweiligen Partnern zusammen treffen.“ Im Moment wächst das Projekt noch. „Ich hoffe, dass sich irgendwann ganz viele Gladbecker Jugendliche bei der Taschengeldbörse engagieren.“