Gladbeck. Durch das Niedrigwasser im Rhein fehlt immer mehr Cumol, aus dem Phenol hergestellt wird. Benie Marotz löst Joachim Pieper als Geschäftsführer ab

Die anhaltende Dürre hat die Gladbecker Industrie erreicht und sorgt inzwischen für negative Auswirkungen auf die Produktion. Ineos Phenol in Zweckel hat die Werksanlagen seit einigen Tagen deutlich heruntergefahren, wie der neue Geschäftsführer des Unternehmens, Benie Marotz, der WAZ bestätigte. Dem Phenolhersteller fehlt mehr und mehr das Ausgangsprodukt Cumol.

Grund sind logistische Einschränkungen, weil der Rhein seit Wochen und Monaten Niedrigwasser hat und große oder voll beladene Tankschiffe die Wasserstraße nicht mehr nutzen können. Dadurch fehlt den Zulieferern von Ineos Rohöl als Ausgangsprodukt für die Cumolherstellung. Marotz: „Wir leiden unter der Trockenheit, wie alle Chemieunternehmen.“ Bislang aber hat die zurückgefahrene Produktion noch keine Auswirkungen auf die Beschäftigung im Chemieunternehmen, das 260 eigene Mitarbeiter sowie 50 von Partnerfirmen im Werk an der Dechenstraße beschäftigt.

Drei Herausforderungen für den neuen Ineos-Phenol-Chef

Die logistische Situation ist eine von drei Herausforderungen, vor denen Marotz mit Übernahme der Geschäftsführung im Zweckeler Werk steht. Der 45-jährige Düsseldorfer ist seit September neuer Geschäftsführer bei Ineos Phenol, 1952 gegründet, und damit Nachfolger des langjährigen Ineos-Phenol-Chefs Joachim Pieper. Eine zweite wichtige Aufgabe, die es augenblicklich zu bewältigen gebe, sei die Planung einer zusätzlichen Cumolanlage, die im Chemiepark Marl entstehen soll. „Die Investitionsentscheidung ist noch nicht gefallen, aber wir sind relativ weit“, so Marotz.

Gedacht sei, so der Geschäftsführer, an eine neue Anlage zur Herstellung von 750.000 Tonnen Cumol im Jahr. Sie soll im Chemiepark Marl auf einem Teilgelände des ehemaligen Mutterunternehmens Hüls entstehen. Mit den 260.000 Jahrestonnen, die Ineos in Marl bislang schon selbst herstellt, hätte Ineos das in Zweckel zur Phenolherstellung benötigte Cumol „komplett aus eigener Hand“ und wäre unabhängiger von Lieferanten – was freilich nicht bei den derzeitigen Logistikproblemen als Folge der Trockenheit helfen würde. Dennoch: Die eigene Cumol-Herstellung bedeute „Zukunftssicherung für Zweckel“, so Marotz.

Die Digitalisierung des Werkes wird fortgesetzt

Joachim Pieper geht früher

Der bisherige Ineos-Pheol-Geschäftsführer Joachim Pieper (61) hat am 1. Oktober das Unternehmen verlassen und ging in Frühpension. Er leitete das Unternehmen seit 2008.

Der Maschinenbauer war seit 1990 bei der Hüls AG, der „Mutter“ der alten Phenolchemie. Dorthin wechselte er 1995. Er war an der Kapazitätsverdopplung des 1997 fertig gestellten Zweitwerkes in Antwerpen und am Bau eines weiteren Werks in den USA beteiligt. 2001 wurde er technischer Leiter im Zweckeler Mutterwerk, 2007 Werkleiter.

Eine weitere Herausforderung für die nahe Zukunft sei die weitere Digitalisierung des Werkes – von der Steuerung der Anlagen bis zur Kommunikation mit den Kunden. „Der Trend trifft auch Ineos, viele Dinge am Standort sind von der Digitalisierung 4.0 betroffen“, so Marotz, der seit 2007 im Ineos-Konzern arbeitet.

Der Maschinenbau-Ingenieur, der aus Schleswig-Holstein stammt und auch in der Chemie zu Hause ist, leitete zuletzt bei Ineos Köln den Bereich Acrylnitril-Herstellung, eines von dort fünf Geschäftsfeldern.