Gladbeck. Auch fünf Tage nach der turbulenten Ratssitzung streiten sich die Parteien um die Art der Mittelaufstockung für den Neubau des neuen „Heisenberg“
Der Rücktritt des bisherigen SPD-Ratsherrn Jörg Baumeister aus Partei und Fraktion hat die Debatte um die umstrittene Ratssitzung mit dem Votum für zusätzliche 10 Millionen, um das Heisenberg-Projekt zu stemmen, noch einmal befeuert. Während sich Baumeister von der Verwaltung „überrumpelt“ fühlt, spricht die CDU von einem „handstreichartigen Beschluss des Bürgermeisters und der Fraktionen von SPD und Grünen“. Die Linke-Fraktion kündigt gar eine rechtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ratssitzung an.
CDU-Fraktionschef Peter Rademacher kritisiert die „dreiste und fragwürdige Vorgehensweise“ der Stadtspitze, per Tischvorlage über Mehrkosten von 10 Millionen Euro entscheiden zu sollen. Er betont, die CDU liege nach wie vor richtig, den Mehrausgaben für den Heisenberg-Neubau (der nicht in Zweifel gezogen werde) nicht ohne intensive Prüfung zugestimmt zu haben. Baumeisters „mutiger Schritt“ bestätige dies, wenn dieser als Jurist Bauchschmerzen bekomme, diese Vorgehensweise im Rat zu billigen, und seine Konsequenzen ziehe.
Auch die SPD-Fraktion war vorab nicht informiert
Linke-Fraktionschef Olaf Jung sieht „ganz klar“ die Achtung des Rates als Organ beschädigt. Jung sagte zur WAZ, es gebe viele Dinge, die noch geklärt werden müssten im Zusammenhang mit den Mehrkosten. In einer Anfrage an den Bürgermeister will Jung wissen, welche Fraktionen überhaupt in der zur Verschwiegenheit verpflichteten Projektgruppe Heisenberg saßen. Die Linken waren laut Jung dort jedenfalls nicht vertreten.
Sowohl die CDU als auch die Linke betonen, erst am Tag der Ratssitzung über die Aufstockung der Mittel um 10 auf 35 Millionen für das Bauprojekt informiert worden zu sein. Die CDU bleibt dabei: Ihr Vertreter in der Projektgruppe erfuhr dort am 1. Oktober zwar Details, sei aber weiter zur Verschwiegenheit verpflichtet worden.
Hübner: Wurden Verantwortung für die Stadt gerecht
Grüne Stuckel-Loth kritisiert
Grünen-Politikerin Elke Marita Stuckel-Lotz bezeichnet in einer Mitteilung den Austritt Jörg Baumeisters aus der SPD-Fraktion als „konsequent und richtig“.
48 Seiten Tischvorlage in der Sitzung „ist ein Unding“ und zehn Millionen Kostensteigerung seien „kein Pappenstiel“. Diesem Vorgang könne man keinesfalls unkritisch gegenüber stehen“, so Stuckel-Lotz.
Selbst die SPD-Fraktion, so dessen Chef Michael Hübner, erfuhr aus gleichem Grund erst am Morgen der Ratssitzung von der Mittelaufstockung und dem Plan, der Rat solle am Abend zustimmen. „Natürlich habe ich geschimpft, eigentlich ist sowas im Eiltempo nicht zumutbar“, so Hübner. Da bringe die Diskretionsforderung des EU-Vergaberechts die Rechte des Rates in Bedrängnis.
Für ihn sei wichtig gewesen, unter Abwägung aller Kriterien seiner „Verantwortung für die Stadt und das Heisenberg gerecht zu werden“. Der Rücktritt Baumeisters überrasche ihn nicht, es habe sich schon länger eine „Entfremdung zwischen der SPD und Baumeister“ entwickelt. Das Thema Heisenberg „war höchstens der Anlass“. Hübner betont, dass SPD und Grüne mit der Stimme des Bürgermeisters weiter die Mehrheit im Rat haben – eine Stimme.
Bürgermeister hat Verständnis für das „Unwohlsein“ der Politik
Bürgermeister Ulrich Roland räumte gegenüber der WAZ ein, dass er das „Unwohlsein“ mancher im Rat verstehe. Aus den genannten Diskretionsgründen sei die Kommunikation mit den Fraktionen „auf den letzten Metern nicht geschmeidig“ gewesen. Roland: „Beim nächsten Mal suchen wir einen anderen Weg.“ Der Bürgermeister betont, es sei kein Schaden entstanden. Die Aufstockung der Mittel auf 35 Millionen Euro sei nötig gewesen, weil für die bislang zurückgestellten 25 Millionen lediglich ein Ersatzgebäude hätte gebaut werden können. „Wir bauen aber jetzt ganz etwas anderes.“
Wie am Dienstag aus Politik- Kreisen verlautete, habe die Essener Hochtief AG zu den Zuschlag fürs neue Heisenberg erhalten. Weder die Verwaltung noch der Konzern bestätigten dies aber am Dienstag.