Gladbeck. . Stadt Gladbeck hat das Bild ohne vorherige Absprache verwendet. Künstler sehen Urheberrecht verletzt. Um den “Engel“ gab es schon einmal Ärger.
Als ein Symbol für Toleranz und Dialog für den Frieden wurde der „Engel der Kulturen“ vom Künstlerpaar Carmen Dietrich und Gregor Merten geschaffen. Nun aber ist das künstlerische Werk Anlass für einen Streit.
Denn die Stadtverwaltung hat eine Abbildung des Kunstwerks, das mit Kreuz, Davidstern und Halbmond die drei abrahamitischen Religionen symbolisiert, bei der Einweihung der neuen Trauerhalle auf dem Friedhof Mitte als Lichtinstallation gezeigt – ohne Einverständnis oder Wissen der Künstler. Ebenso wurde das Bild auf der Einladungskarte gezeigt.
Dietrich und Merten finden es "ungeheuerlich" nicht einmal gefragt worden zu sein
Dass sie nicht einmal gefragt wurden, empfinden Dietrich und Merten als „ungeheuerlich. Das hätte eine Selbstverständlichkeit sein müssen.“
In einem Schreiben an Bürgermeister Ulrich Roland kündigen sie an, wegen mehrfacher Verletzung des Urheberrechts finanzielle Ansprüche gegen die Stadt geltend machen zu wollen. Die Künstler haben sich das Werk europaweit als Marke und auch den Begriff „Engel der Kulturen“ schützen lassen.
Die Abbildung hatte die Stadt von der Homepage herunter geladen
Die Abbildung, die bei der Trauerfeier am 26. Januar auf die Wand projiziert wurde, hatte die Verwaltung von der Homepage des Künstlerpaars heruntergeladen. Was Dietrich und Merten, abgesehen vom fehlenden Einverständnis, zusätzlich ärgert: Durch die Projektion wurde das Bild, das als Grafik von den Künstlern gestaltet wurde, verfremdet. „Der Kreis, der sinnbildlich für den Erdenkreis steht, ist zum Ei deformiert worden. Das Foto eignet sich wegen zu geringer Auflösung nicht als Lichtinstallation“, so Merten.
Die Stadtverwaltung hat das Schreiben der Künstler überrascht. „Wir haben da kein Problem gesehen“, teilt Reingard Ruch mit. Wenn Urheberrechte verletzt worden seien, würde die Stadt ihren Verpflichtungen nachkommen. Man habe bei der Verwendung der Abbildung gedacht, dass das Werk mit der Darstellung der drei Religionen Christentum, Judentum und Islam gut zu der Ausrichtung der neuen Trauerhalle passt, die nicht konfessionell gebunden ist. Je nach Bekenntnis könnten bei Bestattungen religiöse Symbole unter anderem auf die Wand projiziert werden.
Engel der Kulturen wurde 2011 als Landmarke für die Mottbruch-Halde vorgeschlagen
Mit dem Engel der Kulturen verbindet sich noch eine andere Geschichte in Gladbeck. Nach einem Projekt der Künstler mit der Jordan-Mai-Schule hatte Bürgermeister Ulrich Roland 2011 den Vorschlag für die Errichtung eines Engels der Kulturen als Landmarke auf der Mottbruchhalde gemacht. Das stieß damals auf erheblichen Widerstand in Teilen der Stadtgesellschaft, wurde kontrovers diskutiert, die Idee daraufhin verworfen.
Die Ablehnung hatte die Künstler betroffen gemacht. Merten: „Wir sind viel unterwegs und erfahren viel Zustimmung, in Gladbeck war das erschreckend anders.“ Auch vor dem Hintergrund dieser Erfahrung hätten sie der Verwendung der Abbildung in einer öffentlichen Veranstaltung nicht zugestimmt.
"Das Bild bei der Einweihung zu zeigen war absolut positiv gemeint"
Bürgermeister Roland kann die Kritik nicht nachvollziehen. „Das Bild bei der Einweihung zu zeigen war absolut positiv gemeint, die vielfach veränderte Stadtgesellschaft sollte sich wiederfinden“, erklärt er gegenüber der WAZ.
Wie hoch die Kosten für die Verletzung des Urheberrechts sein werden, ist ungewiss. „Wir wenden das zum ersten Mal an, aber es kann ein erheblicher Betrag sein“, sagt Merten. Vorgespräche mit Anwälten habe es bereits gegeben.
Beitrag für den Dialog der Kulturen und Religionen
Der Engel der Kulturen ist mehr als ein Kunstwerk. Das Künstlerpaar Gregor Merten und Carmen Dietrich hatte es vor über zehn Jahren als einen Beitrag für einen friedlichen Dialog der Kulturen und Religionen geschaffen. „Die Verwerfungen zwischen den Religionen haben uns dazu veranlasst. Es gibt viel Dialog und viel Gemeinsames, aber es fehlte ein Bild dafür“, erklärt Gregor Merten die Intention.
Das Ergebnis der künstlerischen Arbeit war der Kreis mit den drei Symbolen, die die Verschiedenheit ausdrücken, in dieser Anordnung jedoch auch die gemeinsame Verantwortung für das Ganze symbolisieren. Weil man darin die Figur eines Engels erkennen kann, kam es zu dem Titel.
Seit 2016 gibt es auch eine Engel der Kulturen-Stiftung
Seitdem sind die Künstler mit ihrem Werk unterwegs, in 114 Städten hat es bislang im Zusammenhang mit dem Kunstwerk Projekte zur Förderung des Dialogs der Kulturen und Religionen gegeben. In Gladbeck war der Engel der Kulturen 2011 vom Süden der Stadt bis zum Martin Luther Forum gerollt worden. Dauerhaft erinnert daran eine Bodenintarsie im Forum: Ein Stahlring, aus dem die innere Figur herausgeschnitten wurde. So geschah es in allen Städten bei Projekten, und aus diesen Figuren entsteht zurzeit die nächste Skulptur: In Jerusalem werden alle 114 Figuren im März zu einer Säule gestapelt, als ein Zeichen für den friedlichen Dialog zwischen Israel und Palästina.
Seit 2016 gibt es zudem die Engel der Kulturen-Stiftung, bei der die Verwertungsrechte liegen. Denn der Engel der Kulturen hat vielfältigste Umsetzung gefunden, sogar als Brotbackform.