Gladbeck. Zum ersten Mal organisiert Matthias Bohm im Freiraum einen Bergmannsabend. Bergleute werden von harter Arbeit und echtem Zusammenhalt erzählen.

Datt Schwatte vor Augen werden sie nicht mehr sehen. Wenn Walter Hüßhoff am kommenden Samstag (11. November) auch nur einen Teil seiner Anekdoten aus 33 Jahren Arbeit unter Tage erzählt, werden sich die Zuhörer vermutlich zwischendurch einen Hauch Kohlenstaub aus den Augenwinkeln wischen.

Der Bergbau spielt im Freiraum an der Maria-Theresien-Straße in Ellinghorst beim ersten Bergmannsabend eine große Rolle, schließlich baut Matthias Bohms Modelabel „Grubenhelden“ auf der traditionellen Arbeitsbekleidung der Bergleute auf. Aber Bohm geht noch einen Schritt weiter und will die Geschichte des Kohleabbaus bewahren – und die Geschichten weitererzählen.

Nur 30 Plätze gibt es im Freiraum

Damit trifft er offenbar den Nerv der Leute in der Region – und auch darüber hinaus. Mehr als 500 Menschen bekundeten im sozialen Netzwerk Facebook ihr Interesse an dem Abend, viel zu viele für den kleinen Veranstaltungsraum, in den früher mal ein Tante-Emma-Laden das Luftschacht-Viertel versorgte. Für den Samstag wird es keine Reservierungen geben – früh da sein lohnt sich also, ab 18 Uhr ist Einlass.

Tickets für den Bergmannsabend gewinnen

Der Eintritt zum Bergmannsabend ist frei, die Zuschauerzahl ist jedoch auf 30 begrenzt. Wer sicher gehen will, am Samstag einen Platz im Freiraum (Maria-Theresien-Straße 1) zu ergattern, hat hier die Chance: Die WAZ verlost zwei Tickets.

Von 8 bis 23.59 Uhr ist am Mittwoch, 8. November, das Online-Gewinnspiel am heutigen Mittwoch freigeschaltet: www.waz.de/bergmannsabend

In Walter Hüßhoff (69) hat Bohm einen begeisterten Partner für den Bergmannsabend gefunden. 33 Jahre unter Tage, davon 22 auf Nachtschicht – da kommen Geschichten zusammen, die der begeisterte Erzähler unmöglich an einem einzigen Abend loswerden kann. Und schon gar nicht, wenn auch noch andere Kumpels zu Wort kommen sollen, oder auch das Publikum. Aber Hüßhoff kann sich entspannen: Der Bergmannsabend soll in Serie gehen.

Anekdoten aus dem Alltag tief unter der Erde

Nun aber erstmal die Premiere. Und da werden Themen von A wie Arbeitszeit („Wir haben ja erst 1964 die Fünf-Tage-Woche eingeführt“) bis Z wie Zappenduster (Ende 2018 ist Schluss mit Ruhrkohlebergbau) behandelt. Und wer bis dahin geglaubt hat, dass es irgendwie romantisch zugeht tief unter der Erde, darf dann getrost noch einmal darüber nachdenken.

Denn ja, Hüßhoffs Erzählungen sind voller Leidenschaft. Da geht es um den Zusammenhalt, der unter Tage so lebenswichtig ist, dass Herkunft und andere Äußerlichkeiten an der Oberfläche zurückgelassen werden. „Ich habe immer gesagt: Wir wechseln die Haut, wenn wir uns umziehen.“ Klar: Unter Tage sind alle Männer schwarz.

„Unter Tage gibt es keine Arschlöcher“

Aber unter Tage zählt vor allem harte Arbeit. Manches von dem, was Hüßhoff und die anderen Kumpels zu erzählen haben, wäre auch gut geeignet für Führungskräfte-Schulungen außerhalb des Bergbaus. Denn im Team unter Tage geht es vor allem um die Sicherheit für Leib und Leben. Da bleibt kein Platz für Kapriolen. „Unter Tage gibt es keine Arschlöcher“, fasst Hüßhoff zusammen. Was nicht bedeutet, dass dort alle beste Freunde wären, sondern nur, dass an diesem extremen Arbeitsplatz alle an einem Strang ziehen müssen, und das schon allein aus Selbstschutz.

Der Gladbecker, der in der Stadt vor allem wegen seines sozialen Engagements im Geschichtskreis Revag und in der Gewerkschaft bekannt ist, erzählt mit dem gesamten Körper. Wie der Kumpel den Finger an die falsche Stelle in der Maschine steckte, wie es rummste, als einmal das Hangende über einer Strecke herunterkam und zum Glück alles gut ging. Und wie sich der raue Ton von unter Tage („Komm, lass geh’n, du faule Sau“) sich auch über Tage als ruhrpott-typisch etablierte.

Für manche wird der Bergmannsabend eine Reise in die Vergangenheit sein, wird Erinnerungen wecken, Geschichten zu Tage fördern. Und die anderen werden ganz sicher eine Menge lernen – auch wenn ihnen dabei kurzfristig schwarz vor Augen werden könnte.