Gladbeck. . Mit Mode fing es an. Jetzt hat Matthias Bohm in Gladbeck auch noch ein etwas anderes Kochstudio aufgezogen. Einen Videoblog darüber gibt’s auch.

Ellinghorst. Bergarbeitersiedlung. Ein richtiges Stück Ruhrgebiet. Und mittendrin: Junge kreative Köpfe, die dem angestaubten Bild vom immer-noch-grauen Pott neue Farbe verpassen wollen. Den ersten Pinselstrich hat Matthias Bohm schon im vergangenen Jahr gemacht, mit seinem Mode-Label „Grubenhelden“, mit dem er von Gladbeck aus klassische Stoffe aus dem Bergbau in schicken Freizeitklamotten einem neuen Zweck zuführt.

Doch das Bild wächst weiter. Seit Anfang des Jahres darf Bohm seinen Laden namens Freiraum an der Maria-Theresien-Straße auch für Veranstaltungen nutzen. Und da ist der Name Konzept. Jede Idee, die dem Gladbecker gefällt, wird umgesetzt.

Kumpel „Molle“ brutzelt neuerdings im Freiraum-Kochstudio

Ein Konzert hat es schon gegeben, eine Fußballtalkshow mit dem Ex-Schalke-Profi Martin Max – und im Freiraum-Kochstudio brutzelt Kumpel Daniel „Molle“ Molitor alias „Veggiekowski“ neuerdings, was ihm in den kreativen Kopf kommt.

Und damit alle was davon haben, machen Bohm und Molle eine richtige Show daraus. Ein Kameramann bannt auf Film, was Veggiekowski brutzelt, und das Video ist dann auf Facebook und Youtube zu sehen. Folge eins ist bereits veröffentlicht.

Der Koch gibt den Malocher - typisch Ruhrpott!

Es gibt einen Falafel-Burger auf Laugenbrötchen. Typisch Ruhrpott, der sich aus allen Töpfen bedient – der Koch gibt den Malocher, dreht Kichererbsen durch den Fleischwolf, würzt großzügig freut sich über die Handarbeit. „Dann könn’ wa richtig schöne Buletten formen“, sagt er und geht zu Werke, aus dem vegetarischen Teig einen Burger zu machen. Dazu läuft im Hintergrund muntere Fahrstuhlmusik.

Molle ist Koch aus Leidenschaft, bevor er vor einem Jahr Vegetarier wurde, kochte und bloggte der Bottroper bereits als „Health Nut“ – allerdings vorwiegend und gerne Fleisch. Damit brachte er es sogar ins Fernsehen, dreimal kochte er beim WDR – besonders gut kam sein Weihnachtsburger an.

Molle isst aus Tierliebe kein Fleisch mehr

Er will nicht missionieren, aber Molle hat sich nun mal entschieden, kein Fleisch mehr zu essen. „Aus Tierliebe“, sagt er, „und es gibt ja wirklich genug Alternativen zum Fleisch.“

Den Bottroper Daniel Molitor hat die Tierliebe zum Vegetarier gemacht. Er sagt: „Es gibt genug Alternativen zum Fleisch.“
Den Bottroper Daniel Molitor hat die Tierliebe zum Vegetarier gemacht. Er sagt: „Es gibt genug Alternativen zum Fleisch.“ © Michael Korte

Deshalb hat er sich auch den neuen Namen gesucht. Veggiekowski, ein Name, der wie alles im Freiraum super ins Bergbau-Bild passt – eigentlich lässt sich ja fast jedes Wort im Ruhrpott-Sprachgebrauch um eine kerniges „-kowski“ ergänzen.

Der Name passt überdies besonders gut zu dem 28-Jährigen, der seine Brötchen nicht am Herd, sondern unter Tage verdient.

Als Elektriker bei der RAG arbeitet er auf der Zeche Prosper Haniel. Harte körperliche Arbeit auf der einen Seite, kreatives, gesundes Essen auf der anderen – für Molle ist das kein Spagat, sondern eine sinnvolle Ergänzung. Sogar Kollegen beißen gern mal in seine Veggie-Buletten. Allein die Arbeitszeit macht ihm manchmal einen Strich durch die Rechnung. „Seit einem Jahr mache ich nur noch Nachtschicht, da ist es schon schwer, das unter einen Hut zu bringen“, erzählt er.

2018 ist Schicht im Schacht auf Prosper

Gut, dass er nicht so viel Schlaf braucht, ein paar Stunden reichen ihm. 2018 ist Schicht im Schacht auf Prosper, wie es dann für die Bergleute weitergeht, ist ungewiss. Nicht zuletzt deshalb haben Daniel Molitor und Matthias Bohm sich vorgenommen, Veggiekowski zur Marke zu machen. Ein Logo gibt es bereits, entwickelt von Freunden der Firma Logobox. „Wenn wir so eine Sache entwickeln, machen wir das nicht auf einer Arschbacke“, sagt Bohm lachend. Mehr so mit dem ganzen Körper und vor allem mit Köpfchen.

In seinem Freiraum will er die kreativen Ruhrpott-Köpfe zusammen bringen. Nicht als Hobbytruppe, sondern auf professioneller Basis. Dabei soll die Tradition immer eine Rolle spielen, wie bei den „Grubenhelden“. „Wir versuchen, mit allem drum und dran die Geschichte des Potts zu erzählen.“ Und dazu soll es künftig immer öfter auch etwas vegetarisches zu essen geben. Wat einfachet, wat leckeres. Pott eben. Neu interpretiert.

Der „Freiraum“ bietet ganz viel Raum für kreative Ideen

Matthias Bohm ist ein Mann mit Fantasie. Berufsbedingt kennt er sich mit Marketing aus – er arbeitet als Vertriebsleiter in einem Gelsenkirchener Unternehmen.

Vom Supermarkt zur Pizzeria zum kreativen „Freiraum“: Das Ladenlokal an der Maria-Theresien-Straße
Vom Supermarkt zur Pizzeria zum kreativen „Freiraum“: Das Ladenlokal an der Maria-Theresien-Straße © Michael Korte

Die „Grubenkinder“ und der Freiraum stehen noch in den Kinderschuhen, und können langsam wachsen, denn noch sind sie zwar seine Herzensangelegenheit, aber nicht sein Haupterwerb.

Die Geschichte des Gladbeckers, der dem Bergarbeiterzwirn ein neues Gesicht verpasst, hat sich längst herumgesprochen. Mehr als 100 Kilometer Anfahrt nehmen manche Kunden in Kauf. Dafür bekommen sie nicht nur Mode, sondern treffen auf überaus aufgeschlossene Zuhörer. „Hier wird jeder nach seiner Geschichte gefragt“, sagt Bohm. Auch neugierige Nachbarn sind immer willkommen.

Mehr Tradition geht nicht

Er habe sich bewusst gegen einen Laden in der Innenstadt entschieden. Die Grubenkinder in einer klassischen Bergarbeitersiedlung – mehr Tradition geht nicht. Donnerstags und freitags ist der Laden (Maria-Theresienstraße 1) von 13 bis 19 Uhr geöffnet, samstags von 10 bis 16 Uhr.

Seit Jahresanfang darf der Freiraum auch für Veranstaltungen genutzt werden. Ruckzuck verwandelt er sich in einen Konzertraum – alle Kleiderregale haben Rollen. Künftig soll es auch Bastelkurse und Näh-Workshops geben. Und natürlich Veggiekowski-Kochabende.