Gladbeck. . Manche Siedler an der Durchholzstraße kennen sich seit der Gründung 1957 – und einige sind zwischen Durchholzstraße und Lökensweg groß geworden.

Gespräche am Gartenzaun.Wachsame Nachbarn. Farbenfrohe Erinnerung daran, wie es früher war. Manchen mag es ein Grauen sein, wenn die Menschen von nebenan derart nah herankommen. Den Mitgliedern der Siedlergemeinschaft Durchholz geht es allerdings ganz anders.

Sie schätzen den engen Kontakt, lieben ihr dörfliches Miteinander mitten im Ruhrgebiet. Und die alten Geschichten – die verbinden, ohne dass sich alle nach der „guten alten Zeit“ sehnen.

Viele Siedler lebten erst im Pestalozzidorf

Rund 70 Ellinghorster haben sich vor 60 Jahren zusammengefunden, die in den Häusern zwischen Eikampstraße, Durchholzstraße und Lökensweg wohnten – ganz nah am Pestalozzidorf. „Wir wollten nicht so viele Leute sein“, sagt Wolfgang Carolus (76) zur Begründung, warum die Durchholzer ihre eigene Gemeinschaft gründeten.

Dabei sind die Bande zur Nachbarsiedlung eng. Viele, die später in die Einfamilienhäuser zogen, lebten zuerst in den Wohnheimen, die 1954 als Pestalozzidorf entstanden. Der Bergbau brauchte dringend Nachwuchs und warb junge Männer aus ganz Deutschland an, die in den Neubauten unterkamen.

Familie Carolus zog von der Mosel nach Gladbeck


  
  © Hasnik

So war es auch in der Familie Carolus. Sein älterer Bruder ging zunächst allein nach Gladbeck, später zog Wolfgang Carolus samt Eltern und den anderen Brüdern nach („Wir waren sechs Jungs, alle wilde Kerle.“), weg von Bad Kreuznach, auf ins Ruhrgebiet, wo es Arbeit gab. „Die hatten ja nichts an der Mosel“, sagt Carolus, und Bärbel Faak (73) nickt. Bei ihrem Mann war es ja genau so.

Die zugezogenen Familien schickten ihre Söhne nach Abschluss der Volksschule in den Bergbau, dafür durften sie in die neugebauten Häuser an der Durchholzstraße ziehen. Nicht, dass es dort besonders luxuriös gewesen wäre. Um die Raten zu bezahlen, mussten die meisten Familien noch Mieter aufnehmen.

Siedlergemeinschaft profitiert von Rabatten

Weil niemand besonders viel Geld hatte, wurde bald die Siedlergemeinschaft Durchholz gegründet, denn in einer Solidargemeinschaft konnten die Bewohner in großem Stil zum Beispiel Baumaterial einkaufen und so von Mengenrabatten profitieren. Noch heute bekommen Mitglieder von Siedlergemeinschaften Rabatt, zum Beispiel im Baumarkt.

Die Häuser wurden von Generation zu Generation weitergegeben. Als Wolfgang Carolus heiratete, mussten die Eltern umziehen, und bei den Faaks war es auch so. Fast alle Männer in der Siedlung waren Kumpel, da war das Zusammenleben automatisch eng. Und auch die Frauen rückten zusammen, denn der Bergbau verband ja auch sie. Dass die Kinder sich zusammen taten, Banden gründeten und Allianzen gegen die Pestalozzis und Haarbacher und die anderen schmiedeten, ist ja klar.

In der Papageiensiedlung gab es bunte Häuser

Früher waren viele Häuser bunt angestrichen.
Früher waren viele Häuser bunt angestrichen. © Lutz von Staegmann

In dieser Gemeinschaft ist Christiane Keina (51) aufgewachsen. Ein Kind der Papageienssiedlung, wie sie damals auch genannt wurde, weil mache Hausbesitzer sich für extravagante Fassadenfarben entschieden. Heute sind die meisten Häuser klinkerfarben oder neutral verputzt.

Aber die Geschichten sind geblieben. „Is dat nicht die kleine. . .“ hört Christiane Keina noch oft. Und sie ist es ja. Wie sie sind viele der ehemaligen Siedlungskinder als Erwachsene mit ihren Familien zurückgekommen. Nicht alle engagieren sich so sehr wie die Keinas – Christian Keina (53) ist mittlerweile Vorsitzender der Siedlergemeinschaft.

Zwar ist die Gemeinschaft nicht mehr ganz so eng wie früher, und auch auf der Straße ist es ruhiger geworden, doch zum Feiern treffen sich die Siedler immer noch besonders gern. „Alle zwei Jahre ist Straßenfest, in den Jahren dazwischen ist immer die Weihnachtsfeier“, sagt Keina, der selbst mal auf dem Pütt gearbeitet und nun bei RBH auf der Schiene immer noch mit Bergbauprodukten zu tun hat. 89 Familien zählt die Siedlergemeinschaft zurzeit, und auch die jungen Familien, die nach und nach zuziehen, nehmen die Vorteile gern wahr. Und das Gespräch am Gartenzaun, das gehört in der Siedlung eben einfach dazu.