Gladbeck. Herbert Sokolowski, ehemaliger Schulleiter in Gladbeck, moniert in seinem Buch „Schul-Zeit“ das „unselige Aussortieren“ nach der Grundschulzeit.
Der Mann bleibt seinem Ruf als scharfer Analytiker, Mahner und Querdenker treu: Herbert Sokolowski, legendärer Chef des Heisenberg-Gymnasiums und inzwischen 88 Jahre alt, hat soeben sein neues, drittes Buch „Schul-Zeit“ vorgestellt, in dem er sich kritisch mit dem deutschen Schulsystem auseinandersetzt.
„Sehr kritisch“ untermauert der Autor im WAZ-Gespräch und verweist auf jahrzehntelange Erfahrungen, die er als Schüler, Student, Lehrer und Schulleiter in die Betrachtung einbrachte. Allein das „unselige Aussortieren“ der Kinder nach dem vierten Schuljahr rufe seinen Widerstand hervor, betont Sokolowski. „Es ist eine Illusion, Begabungstypen nach vier Grundschuljahren erkennen zu können.“
Ex-Schulleiter äußert Kritik auch an Kollegen
Es gehe ihm um die Art und Weise der Behandlung der Schüler. Scharf setzt er sich auch mit seinen Berufskollegen auseinander: Es gebe sicher viele gute, engagierte Lehrer, mit denen sich neue Ideen realisieren ließen und der „pädagogische Eros“ nicht verdorre, aber eben auch solche, mit denen die Institution Schule verknöchere, die sich – produziert vom deutschen Schulsystem – auf administrative Korrektheit fixieren, ihre Pflicht tun und so den „Enthusiasmus des Teams“ ersticken.
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Sokolowski freut sich schon jetzt auf Resonanz und Diskussionen. „Es könnte gute Schulen geben, aber dafür müsste unser Schulsystem, unsere Schulorganisation komplett geändert werden“, ist Sokolowski überzeugt. Dafür sei eine breite Bestandsaufnahme und ehrliche Diskussion Voraussetzung. Er selbst hat auf rund 150 Seiten Erinnerungen und Reflexionen seiner Schulzeit zusammengefasst und seine Schlussfolgerungen gezogen.
Der Pensionär gräbt in vielen Erinnerungen
Der Renforter Pensionär gräbt tief in seinen Erinnerungen, blickt zurück auf seine eigene Schulzeit in Buer (er stammt aus Erle), in eine Zeit, als „allen humanistischen Vordenkern zum Trotz unmenschliche Ideale und völkischer Größenwahn zum unwidersprochenen Lernstoff gehörten“. In den 50er Jahren gehörte er als Jung-Lehrer zur „skeptischen Generation“, setzte sich Ende der 60er aufgeschlossen mit der „Phase der Umorientierung auseinander. Schließlich wurde er ab 1968, als er die Schulleitung des Heisenberg-Gymnasiums übernahm, nicht müde, seiner Schule und ihren Schülern, wie er beteuert, „neue Wege und Einsichten zu eröffnen“.
„Betonierte Vorgaben“ im Schulsystem aufbrechen
Sokolowski kommt zu dem Schluss, dass es „gute Schulen“ durchaus geben könnte, wenn „betonierte Vorgaben“ aufgebrochen würden. Es müsse sogar „gute Schulen“ geben, so der ehemalige Heisenberg-Chef, um Anforderungen gerecht zu werden, denen die nachfolgenden Generationen ausgesetzt sein werden.
Gespickt ist das Buch auch mit vielen emotionalen Erinnerungen Sokolowskis an „sein“ Heisenberg-Gymnasium, das er ab 1968 aufbaute 24 Jahre lang leitete. Dort unterrichtete er die Fächer Deutsch und Geschichte. Seit 1992 ist er in Pension.
1000 mal „Schul-Zeit“
„Schul-Zeit“ ist das dritte Buch von Herbert Sokolowski, das sich erstmals mit dem Thema Schule beschäftigt. Das erste Buch war seine Biografie, das zweite eine politische Schrift.
Sokolowski selbst ist ein Büchernarr – sein Haus ist voll guter Bücher, die er schon als Schüler begann zu verschlingen. „Mein Gedächtnis funktionierte wie ein saugender Schwamm.“
Sein neues Buch hat 152 Seiten, ist im Verlag R.G.Fischer in einer Auflage von 1000 Stück erschienen und kostet 12,90 Euro. ISBN: 978-3-8301-9696-9