Gladbeck. . Nicole Lasing-Duleba pflegt als Tagesmutter vier Kleinkinder. Warum ihr die Arbeit so Spaß macht – und was sie sich und ihren Kollegen wünscht.
- Rund 80 Tageseltern sind zurzeit in Gladbeck aktiv, 2016 betreuten sie zusammen 179 Kinder
- Für die Kleinsten ist die Geborgenheit in der Tagesfamilie besonders geeignet, ab drei Jahren sollen sie aber in den Kindergarten
- Die Stadt sucht laufend neue Pflegestellen, Ausbildung umfasst 160 Unterrichtsstunden
„Nicht die Kiste umdrehen!“ Rums! Nicole Lasing-Dulebas Warnruf wurde nicht erhört. Die Bauklötze purzeln aus der Box, Marie grinst zufrieden. Es ist kurz vor elf, und die Viererbande wird langsam hungrig – und rebellisch. Für die Tagesmutter bedeutet das: Aufmerksamkeit auf 110 Prozent hochdrehen und den Herd anschmeißen.
Sophie, Emma, Marie und Alexander(alle Namen auf Wunsch der Eltern geändert) halten ihre Tagesmutter auf Trab. Das Wohnzimmer ist fest in ihrer Hand. Bunte Spielzeugkisten, Spielteppiche, im Hintergrund dudeln Kinderlieder.
Bei „Heidi“ gibt es ein kleines Tänzchen
Als „Heidi“ läuft, zeigt der kleine Alexander, dass ein Tänzer in ihm steckt. Den Hüftschwung beherrscht er auch mit seinem Windelpo. Doch schon fällt dem Dotz etwas Neues ein – wo ist der Aufsatz, der auf das Duplo-Fahrwerk passt?
Marie heult jetzt. „Das ist Trotz“, sagt Nicole Lasing-Duleba gelassen. Sie kennt ihre Tageskinder, weiß, wann Trost angesagt ist, und wann es reicht, ein bisschen Lärm auszuhalten. Wer freiwillig vier Einjährige betreut, jeden Werktag, muss dicke Nerven haben – und natürlich ein großes Herz.
Das hat die gelernte Erzieherin auf jeden Fall. „Wir sind ja so etwas wie Ersatzeltern“, sagt die 39-Jährige. Teilweise verbringt sie mehr Zeit mit den Kleinen als deren Eltern – Marie zum Beispiel kommt vom Montag bis Donnerstag früh morgens an, und wird erst am Nachmittag abgeholt. Mama muss arbeiten.
Vier Kinder unter drei Jahren nimmt sie auf
Seit 2012 arbeitet Nicole Lasing-Duleba als Tagesmutter. Bis zu vier Kinder nimmt sie auf – im Sommer werden zwei ihrer Plätze neu besetzt. Zwischen 7 und 15.30 Uhr ist sie für ihre Schützlinge da. Sie hat sich entschieden, Kleinkinder ab 25 Stunden in der Woche zu betreuen. „Weil es für die Kinder am Besten ist, wenn sie einen regelmäßigen Ablauf haben“, sagt sie. Sonst sei der Eingewöhnungsprozess zu schwierig.
Sich auf die ganz Kleinen einzustellen, ist ihr als Mutter eines achtjährigen Sohns nicht schwer gefallen. Weil sie die Betreuung aber natürlich professionell angeht, hat sie neben anderen Fortbildungen jüngst eine Ausbildung zur U3-Fachkraft absolviert. „Als ich damals meine Ausbildung zur Erzieherin gemacht habe, gab es keine Kinder unter drei im Kindergarten“, sagt sie.
Geborgenheit ist für die Kleinsten besonders wichtig
Mittlerweile ist das anders. Auch die Kleinsten haben ab dem ersten Lebensjahr ein Recht auf Betreuung, den Job übernehmen in Gladbeck überwiegend Tageseltern. Zusätzlich gibt es 18 U3-Plätze in der sogenannten Großtagespflege.
Für die Kleinkinder, da sind sich Nicole Lasing-Duleba und Ursula Kühnel vom Amt für Jugend und Familie einig, ist die Geborgenheit in der kleinen Ersatzfamilie sehr gut geeignet. „Für Kinder ab Drei ist es wesentlich besser, in den Kindergarten zu gehen, die brauchen dann einfach mehr Input“, sagt die Tagesmutter. Was nicht bedeutet, dass ihre Zwerge nichts erlebten.
Kater Max lässt sich von den Kindern nicht stören
Überall im Wohnzimmer finden sich Spielsachen, die alle zusammen selbst gebastelt haben. Zum Beispiel Raschel- und Klapperflaschen, gefüllt mit unterschiedlichen Materialien. Und wann immer es geht, wird draußen gespielt.
Aber heute ist es grau und usselig. Also bleibt die Tagesfamilie drinnen. Kater Max lässt sich vom Kinderlärm nicht stören – er hat es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht. Ein guter Assistent, findet Nicole Lasing-Duleba – und auch Alexander ist glücklich, zupft dem Tier sachte am Ohr – nur ein bisschen. Es ist Zeit fürs Mittagessen. Und dann für ein Schläfchen.
Regelmäßige Treffen mit anderen Tagesmüttern
Regelmäßig trifft sich Nicole Lasing-Duleba mit anderen Tagesmüttern, damit die Kinder zusammen spielen können. Und natürlich auch, um sich auszutauschen. Ein organisiertes Netzwerk gibt es in Gladbeck nicht. Sie würde sich aber mehr Austausch mit lokalen Kolleginnen und Kollegen wünschen – auch, um in eigener Sache Lobbyarbeit zu machen.
„Wir werden oft in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen“, sagt die Zweckelerin. Das werde ihr immer bewusst, wenn in der Politik der Mangel an U3-Betreuungsplätzen beklagt werde. Obwohl sich doch so viele Tageseltern gerne kümmerten. Und noch etwas spreche für die Tagespflege: Lange Wartelisten gebe es da nicht.
80 Tagesmütter und -väter gibt es in Gladbeck
Insgesamt sind in Gladbeck an die 80 Tageseltern aktiv (darunter auch ein Mann), im vergangenen Jahr betreuten sie zusammen 179 Kinder. Zu den unter Dreijährigen kamen 23 Kinder über drei Jahren und 39 Schulkinder, die aufgrund der Arbeitszeiten ihrer Eltern vor oder nach Kindergarten oder Schule betreut werden.
Der Bedarf an Tageseltern ist weiterhin groß. Anwärter müssen in Gladbeck eine 160 Unterrichtsstunden umfassende Ausbildung absolvieren. Tageseltern erhalten eine „Aufwandsentschädigung“ von insgesamt 5,20 pro Stunde und Kind. Außerdem übernimmt die Stadt die Unfallversicherung und zahlt einen Teil der Renten- und Krankenversicherung.
Ansprechpartnerin ist Ursula Kühnel beim Amt für Jugend und Familie, 99 26 20.