Gelsenkirchen. Floki sollte eingeschläfert werden, war aggressiv und gestresst. Bei der Polizei Gelsenkirchen bekam er eine zweite Chance – und die nutze er.

  • Der belgische Schäferhund Floki sollte eigentlich eingeschläfert werden, galt als nicht vermittelbar.
  • Doch dann bekam er bei der Polizei Gelsenkirchen eine zweite Chance.
  • Der einst ängstliche Hund blühte bei der Arbeit mit der Polizei immer weiter auf – und bestand seine Prüfung als Schutzhund mit Bravour.

Mit konzentriertem Blick folgt Polizeihund Floki den Bewegungen seines Hundeführers Patrick. Seine Körperhaltung richtet er nach seinem Chef aus, setzt achtsam eine Pfote nach der anderen auf den Boden, stets orientiert an den selbstbewussten Schritten von Patrick. Wie ein Schatten bleibt er an seiner Seite. Nur ein kleines Zeichen, eine kurze Bewegung mit der Hand signalisiert Floki, dass er an Ort und Stelle bleiben soll – bereit im Ernstfall Patrick zu beschützen. Kaum zu glauben, dass dieser Hund bei diesem Temperament eigentlich eingeschläfert werden sollte.

Polizeihund aus Gelsenkirchen hatte bereits vier verschiedene Halter

„Ich war seine letzte Chance“, betont Patrick, Hundeführer bei der Gelsenkirchener Polizei. Seinen vollen Namen möchte er aus Sicherheitsgründen lieber nicht nennen. Seit knapp einem Jahr ist der belgische Schäferhund (2) – die Rasse wird auch oft Malinois genannt – nun schon bei ihm. Der Tierschutzverein „Malinois Hilfe Deutschland“ suchte vergeblich nach einem Zuhause für Floki, der in seiner Vergangenheit durch seine offensive Art negativ aufgefallen war.

Die einzige Lösung schien die Einschläferung zu sein – bis er zur Polizei kam. „Seine alten Besitzer wussten nicht mit ihm umzugehen“, sagt Patrick. Vier „Herrchen“ hatte der Hund bereits, wehrte sich mit Bissen gegen jedes Kommando. Heute, durch die strenge, aber auch liebvolle Arbeit mit seinem Hundeführer, sei Floki sogar zu einem Familienhund geworden, so Patrick. „Er ist wie mein bester Freund, auf den ich mich immer verlassen kann.“

Der Gelsenkirchener Vierbeiner ist ein richtiges Familienmitglied geworden

Auch mit Patricks alter Pina, die nun ihre wohlverdiente Rente als Polizeihund genießt, kommt Floki super zurecht – „ein Herz und eine Seele“ seien die Spürnasen. „Obwohl es immer hieß, dass er nicht mit anderen Hunden vergesellschaftet werden kann.“ Patricks Kinder – vier und acht Jahre alt – verwöhnen Floki zusätzlich regelmäßig mit Streicheleinheiten. „Meine Kinder haben sich natürlich an Regeln zu halten“, so der Hundeführer, wie zum Beispiel Flokis Freiräume zum Entspannen zu akzeptieren. Doch nicht immer habe das Zusammenleben so friedlich funktioniert.

Sich an sein neues Zuhause zu gewöhnen, das musste Floki zu Beginn erstmal mit einem Maulkorb. „Vertrauen aufbauen“, so der Hundeführer, stand ganz oben auf der To-do-Liste. Denn die Bindung zum Hund sei gerade in diesem Beruf enorm wichtig. In seiner Vergangenheit hätte Floki diesbezüglich sehr schlechte Erfahrungen gemacht: „Einer seiner alten Besitzer hatte ein Alkoholproblem. Auf Biegen und Brechen versuchte er, den Hund zu erziehen – auch mit zweifelhaften Methoden“, berichtet Patrick mit einem trüben Blick. Demnach war Gewalt ein Mittel zum Zweck. Er erinnert sich daran, in welch’ schlechtem Zustand sein heute bester Freund war, skeptisch gegenüber Menschen, abgemagert und ständig unter Stress. Interessant:Polizeihund Duke beißt Gelsenkirchener mit Pistole in den Arm

Schnell hätte sich das Potenzial des Polizeihundes in Gelsenkirchen gezeigt

An Nähe war anfangs gar nicht zu denken: Streicheln, Pfoten anfassen, geschweige denn Zecken ziehen – Floki kannte liebevolle Zuwendung nicht. Er wies alles ab, zu stark die Erinnerung an seine durch Gewalt geprägte Jugendzeit. „Das war eine Menge Arbeit“, berichtet Patrick. Von Aufgabe zu Aufgabe hangelten sich die beiden durch diese Herausforderung. „Er musste sich daran gewöhnen, dass sein Vertrauen nicht missbraucht wird.“ Jetzt klappe das Untersuchen der Ohren mittlerweile sogar besser als bei Vorgängerin Pina.

Der einst ängstliche Hund blühte bei der Arbeit mit der Polizei immer weiter auf. Mit gefährlichen Situationen, wie über hohe Zäune zu springen, hat Floki nun keine Probleme mehr. „Früh haben wir bemerkt, dass er ein sehr intelligentes und aufgewecktes Tier ist“, so der 35-Jährige. Neue Sachen lerne er sehr schnell, wie zum Beispiel das Laufen auf einer Leiter. „Im Garten habe ich ein kleines Hindernis aufgebaut“, erzählt sein Halter. An einem kleinen Tisch, an dem eigentlich seine Kinder spielen, lehnte er eine Leiter an, sodass Floki die Sprossen hinauflaufen konnte. „Es hat nur einen Versuch gebraucht, bis er es verstanden hat und von alleine hochgelaufen ist.“

Das Arbeits- und Privatleben des Polizeihundes muss strikt getrennt werden

Die Erziehung des Polizeihundes sei ein Job für 24 Stunden am Tag, auch wenn Patrick sie nicht als „schwierig“, sondern eher „speziell“ bezeichnet. „Man muss sich mit dem Hund auseinandersetzen und seine Situation verstehen.“ Struktur sei sehr wichtig, ein richtiges Management für das Training. Zum Beispiel muss der Hund, wie wir Menschen auch, sein Privatleben als Familienhund strikt von der Arbeit trennen. Lesetipp:Duke, der erfolgreiche Drogenermittler auf vier Pfoten

Mit erwartungsvollem Blick achtet der Polizeihund Floki aus Gelsenkirchen auf die Körpersprache und die Kommandos von seinem Herrchen.
Mit erwartungsvollem Blick achtet der Polizeihund Floki aus Gelsenkirchen auf die Körpersprache und die Kommandos von seinem Herrchen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Impulse dafür gibt ihm sein Hundeführer durch eine bestimmte Auswahl an Kommandos, die er fleißig erlernt habe. „Bei uns zu Hause nutzen wir andere Befehle als auf der Arbeit. So kann er durch meine Anweisungen das Privatleben besser von der Arbeit unterscheiden“, gibt Patrick Einblick in das Training. Auch sein Geschirr und die Dienstkleidung von Patrick signalisieren ihm, dass er an seinem Arbeitsplatz ist – es erleichtert ihm das Umschalten vom Familien- in den Dienstmodus.

Achtsam müsse Patrick alle Male bleiben, denn insbesondere fremden Menschen gegenüber sei Floki immer noch skeptisch eingestellt. „Als Polizeihund ist das an sich erstmal eine gute Eigenschaft. Denn jeder könnte irgendwie verdächtig sein“, erklärt der 35-Jährige. So schien auch unser WAZ-Fotograf dem Hund auf den ersten Blick nicht ganz geheuer zu sein. Die prüfenden Augen von Floki folgten ihm auf Schritt und Tritt. Relativ schnell wurde ihm durch die ruhige Körperhaltung und den Blicken von Patrick klar, dass keine Gefahr bestehe. „Wir verstehen uns auch ohne Worte. Ich schaue ihn an und weiß sofort, was er denkt“, beschreibt der Hundeführer ihre Beziehung.

Durch eine Prüfung hat sich Floki als Schutzhund in Gelsenkirchen bewiesen

Seit Anfang Juni unterstützt Floki die Hundestaffel in Gelsenkirchen nun schon tatkräftig. Seine Prüfung als Schutzhund habe er mit Bravour bestanden. „Ich bin stolz auf ihn. Die gemeinsame Arbeit macht sehr viel Spaß“, sagt sein Halter. Nun hat Floki nicht nur die verantwortungsvolle Aufgabe, seinen Besitzer zu beschützen und im Ernstfall zu verteidigen, sondern auch Tätern auf die Schliche zu kommen. Mit seiner hochsensiblen Spürnase macht er sie und sogar Tatmittel wie Waffen ausfindig. Seinen ersten Einsatz habe er bereits hinter sich – mit Erfolg hat er einen Mann gestellt, der versuchte, in einen Betrieb an der Haldenstraße einzubrechen.

Zuvor musste der Vierbeiner – wie alle anderen Polizeihunde auch – einen Eignungstest bestehen. Zum Beispiel schauen die Beamten, wie ausgeprägt der Spieltrieb ist. Darunter zu verstehen ist unter anderem, wie sie auf Spielgeräte zugehen, oder auf Menschen reagieren. Auch die sogenannte Umweltsicherheit wird geprüft: Wie geht das Tier mit lauten oder fremden Geräuschen um? Genauere Einzelheiten zu dem Eignungstest gibt die Polizei auf Nachfrage nicht preis.

Auch wenn Floki nicht aus der hauseigenen Zucht der Polizei stammt, habe er dennoch die perfekte Arbeit für sich gefunden, so Patrick. Denn im Regelfall bekommen die Hundeführer bei der Polizei eigentlich einen gezüchteten Welpen gestellt. Doch manchmal gebe es Ausnahmen – so wie bei Floki – wo auch Hunde aus dem Tierheim eine zweite Chance bekommen.