Gelsenkirchen. Denn: Ältere Immobilienkreditverträge sind oft fehlerhaft. Die Verbraucherzentrale berichtet von 87 Fällen seit Juni. Fachanwalt Marcel Brinkmann: „In 80 Prozent der Fälle ist die Widerspruchsbelehrung im Vertrag falsch.“ Mögliche Zinsersparnis: etwa 10. 000 bis 30.000 Euro im Durchschnitt.
Selten ist die Verbraucherzentrale Gelsenkirchen so bestürmt worden wie in den vergangenen Wochen. Wer einen Termin in Sachen „Widerspruchsrecht bei Immobilien-Finanzierungen“ haben will, muss sich aktuell noch bis Ende November gedulden. Marcel Brinkmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, hat allein mit einer Kollegin seit Juni 2014 für die Verbraucherschützer 87 Fälle bearbeitet.
Worum geht es? Ganz einfach. Um sehr viel Geld. „In 80 Prozent der Fälle ist die Widerspruchs-belehrung im Vertragswerk nämlich falsch“, erklärt der Rechtsanwalt. Insbesondere Verträge zwischen in den Jahren 2002 bis 2008 seien betroffen. Das heißt: „Kreditnehmer können ihre alte Finanzierung widerrufen, ein neues Darlehen aufnehmen und vom aktuellen Tief der Bauzinsen profitieren“, so der Jurist. Die Zinsersparnis bei dem von ihm untersuchten Fällen „liegt im Schnitt bei 10.000 bis 30.000 Euro“. Sein bislang spektakulärster Fall: eine Zinsersparnis von 80.000 Euro bei einem Immobilienkredit über 1,6 Millionen Euro.
Fristbeginn laut BGH unbestimmt
Kernpunkt ist dieser Satz in der Widerspruchsbelehrung: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Belehrung.“ Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das für unzulässig erklärt. Dieser Satz gibt laut BGH genau genommen nur an, wann die Frist nicht zu laufen beginnt. Dazu gibt es weitere angreifbare Klauseln.
Pikant dabei: Der Gesetzgeber selbst hat nach Einführung des Widerrufrechts für Immobilienkredite den Banken Textmuster zur Verfügung gestellt, mit denen sie ihre Verträge anpassen konnten. Dabei sind den Geldinstituten aber Fehler unterlaufen, weshalb viele dieser alten Verträge angreifbar sind – unterschiedliche Regeln greifen etwa bei Abschluss übers Internet (Fernabschlussgesetz) bzw. bei Darlehensverträgen mit parallel dazu laufenden Bausparverträgen.
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Marcel Brinkmann warnt vor Schnellschüssen, darauf jetzt alles selbst in die Hand zu nehmen. Aus gutem Grund. Denn der Streitwert ist zumeist hoch, gut beraten ist daher etwa der, der vorab eine Deckungszusage seiner Rechtsschutz-versicherung hat. Sonst bleibt man auf den Kosten sitzen. Wer keine hat, muss drei Monate Wartezeit einplanen, bis die neue greift. Der Widerspruch sollte zudem per Einschreiben/Rückschein eingereicht werden, um sicher zu gehen. Und wenn die Bank den Widerspruch annimmt, muss der Kreditnehmer innerhalb von 30 Tagen eine Neufinanzierung auf die Beine stellen. Und, und, und.
„Es gibt viele Fallstricke für Verbraucher“, mahnt der Fachanwalt, „daher empfehle ich dringend, Hilfe über die Verbraucherberatung und Fachanwälte anzunehmen.“