Gelsenkirchen. . Roma-Frauen erfahren im Lalok Libre, wie sie sich vor ungewollten Schwangerschaften schützen können. Sie haben im Schnitt fünf, sechs, sieben Kinder. Die Ärztin Andrea Mais von der Ärztlichen Gesellschaft zur Gesundheitsförderung e.V. berät sie.
Ihre Tasche ist schwer, sie hat Modelle des weiblichen Beckens, des Uterus, der Eierstöcke dabei. „Das muss sein, damit die Frauen eine Ahnung vom Zyklus ihres eigenen Körpers bekommen“, sagt Andrea Mais aus Recklinghausen. Sie gehört zu einem Team von bundesweit 80 Ärztinnen, die im Auftrag der Ärztlichen Gesellschaft zur Gesundheitsförderung e.V. vor allem Mütter, junge Frauen und Mädchen aus fremden Kulturkreisen unterrichten. Sie geht in weiterführende Schulen, gibt Kurse in Einrichtungen wie dem Lalok Libre in Schalke. Ihr Ziel: Sie will langfristig ein Stück Gesundheitsvorsorge vermitteln.
Ihre Schülerinnen sind acht Roma-Frauen aus Rumänien. Manche haben ihre Kinder mitgebracht – die Kleinsten, denn alle Frauen hier haben im Schnitt fünf, sechs, sieben Kinder. Keine ist älter als 24, aber sie würden eher für zehn, 15 Jahre älter „durchgehen“. „Die Frauen sind verbraucht“, sagt Venetia Harontzas, Leiterin des Lalok Libre. Die große Zahl der Kinder habe viel mit Traditionen zu tun: Die Roma-Frauen gehören der Pfingstgemeinde an. Verhütung ist oft tabu, die Mädchen werden mit 14 verheiratet, bekommen mit 15 das erste Kind. Aber was bedeutet es heute, zehn Kinder zu haben? Das will man den Frauen vermitteln.
Die meisten Frauen sind nicht krankenversichert
Eine 24-jährige Mutter kommt mit Säugling im Arm und Kleinkind an der Hand. Sie ist schmal und blass. Das sechste Kind sei im Bauch, signalisiert sie der Dolmetscherin. Das Kind wolle sie aber nicht. Für den Abbruch fährt sie nach Rumänien. Da koste das nur 50 Euro – „und etwas Trinkgeld“, ergänzt die Dolmetscherin. Eine andere Frau hat die Anti-Babypille abgesetzt, will sie erst wieder nehmen, wenn ihr Mann von der Montage nach Hause kommt. Berichte, die die erfahrene Ärztin immer noch erschüttern.
Die meisten Frauen sind nicht krankenversichert. Für eine Behandlung reisen sie in ihre Heimat, weil sie hier keinen Arzt finden, der sie ohne Krankenversicherung behandelt. Sie können weder die Behandlungskosten bezahlen, noch verstehen sie die Diagnose und ärztlichen Ratschläge. „Ein Dilemma“, räumt die Ärztin ein.