Gelsenkirchen. 100 Beschäftigte haben nach Insolvenz der Großbäckerei Stauffenberg in Gelsenkirchen ihren Job verloren. Daraufhin kam es zu 70 Klageverfahren vor dem Arbeitsgericht. Denn viele Aspekte der Kündigungen sind juristisch zweifelhaft. Sechs Kläger waren jetzt erfolgreich. Weitere Verfahren stehen an.
Nach der Insolvenz der Großbäckerei Stauffenberg hatten etwa 100 der einst über 200 Beschäftigten im April ihren Job verloren. Viele der Entlassenen waren zum Teil seit Jahrzehnten in dem Unternehmen beschäftigt. Das Kapitel Stauffenberg ist juristisch längst nicht beendet. Etwa 70 Kündigungsschutzklagen gingen beim Arbeitsgericht ein. Allein in der letzten Woche gaben zwei Kammern sechs Klägern Recht. Die Kündigungen, so entschieden die Gerichte, seien unwirksam.
Die Richter bemängelten unter anderem die zu dürftigen Informationen an den Betriebsrat. Auch hätte der Arbeitgeber nicht erläutert, warum entlassene Mitarbeiter nicht mit anderen, die ihren Job behielten, nicht vergleichbar gewesen seien. Bei gering Qualifizierten ist der Vergleich der Tätigkeit aber zwingend. Auch sei eine Auswahl, die nach Abteilungen vorgenommen werde, nicht statthaft. Das Gericht bemängelte weiter, dass sich der Arbeitgeber nicht an die Vorgaben im Interessenausgleich gehalten habe. So seien die Bedarfszahlen an Mitarbeitern, die gebraucht würden, nicht eingehalten worden
Über Verleiher beschäftigt
Insolvenzverwalter Dr. Christoph Niering hatte die Produktion zum 1. April aufgelöst. Vor allem die ehemaligen Fahrer sind sauer. Der Bereich mit 56 Beschäftigten wurde ausgegliedert. Nur wenige Fahrer erklärten sich bereit, in der Nachfolgefirma CCT Logistik GmbH zu wesentlich schlechteren Konditionen zu arbeiten. 100 Euro sollen sie täglich für ihren Job erhalten, durchschnittlich 3400 Euro wurde ihnen zu Stauffenberg-Zeiten monatlich überwiesen. Mittlerweile tauchen immer mehr ehemalige Mitarbeiter auf, die über Verleiher in dem Nachfolgeunternehmen Stauffenberg Co & KG arbeiten. Das Argument des neuen Arbeitgebers: Durch Lidl als Kunden habe die Produktion in nicht vorhersehbarer Größe zugenommen. Das Unternehmen verkauft Brot- und Backwaren an Discounter. Unter anderem sollen etwa 20 Reinigungskräfte und knapp ein Dutzend Produktionsmitarbeiter über Verleiher beschäftigt sein.
Das juristische Nachspiel wird andauern. Noch stehen etliche Verfahren an. Gütliche Einigungen scheinen aus Sicht des Arbeitgebers utopisch. Die Rechtsvertreterin des Insolvenzverwalters kündigte vor Gericht an, dass bei möglichen Vergleichen nichts zu holen sei: Auch in der zweiten Instanz könne man mangels Masse keinen Cent zahlen. Rechtsanwälte hatten die Philosophie des Unternehmens schon früher mitgeteilt: Der Großbäcker wolle durch einen Gesundschrumpfungsprozess zurück zu den Wurzeln.