Gelsenkirchen. Mit dem Bildband „Das Gebiet“ legt der in Gelsenkirchen lebende Fotograf Joachim Schumacher seine Visitenkarte in den Nuancen der Schwarz-Weiß-Fotografie vor. Sein Studium absolvierte der gebürtige Saarländer an der Essener Folkwangschule. Mehrfach beteiligt war er auch am Pixelprojekt Ruhrgebiet.
Jahrzehntelang hat er das Gebiet durchstreift, das für den gebürtigen Saarländer zur Heimatregion wurde. Hat Motive gesucht, den besten Standort gewählt, auf das beste Licht für sein Bild gewartet – und erst dann auf den Drahtauslöser seiner Plattenkamera gedrückt. Jetzt legt Fotograf Joachim Schumacher mit seinem Bildband „Das Gebiet“ das Ergebnis seiner visuellen Streifzüge kreuz und quer durch das Ruhrgebiet vor. Es ist seine künstlerische wie persönliche Visitenkarte in Schwarz-Weiß.
1972 begann der heute in Gelsenkirchen lebende 64-Jährige sein Fotografie-Studium an der Essener Folkwangschule bei Otto Steinert. Hier entwickelte Schumacher schnell sein eigenes Credo. Seine sachlichen Fotografien mit dokumentarischem Charakter unterschieden sich deutlich vom journalistischen Stil des großen Steinerts, doch Schumacher blieb sich und seiner Leidenschaft für diese spezielle, reizvolle Landschaft Ruhrgebiet treu.
Ausstellung in Frankfurt
So wundert es auch nicht, dass seine Examensarbeit den Titel „Stadt- und Industrielandschaft im Ruhrgebiet“ trug. Werke aus dieser Zeit sind ebenfalls in seinem Buch zu entdecken. Auch Gelsenkirchen hat Schumacher auf der Suche nach dem fotografisch präzisen Festhalten des Strukturwandels und der Lebensräume im Revier durchstreift. In Ückendorf, Rotthausen und Bismarck hat er ebenso wie in den Industriehochburgen Essen oder Duisburg den morbiden Charme verfallen(d)er Industrie-Anlagen und Wohnkultur eingefangen und ihn dort, wo der Aufbau der Dienstleistungsgesellschaft mit ihrer wachsenden Reihenhaus-Kultur sichtbar wurde, in einen reizvollen Kontext gesetzt. Seine Fotografien sind Dokumente sichtbarer Folgen dessen, was der Mensch mit der Landschaft macht.
Dabei spielt der Mensch in den Bildkompositionen von Joachim Schumacher eine untergeordnete, eine eher zufällige Rolle. Sein Umfeld prägt stattdessen – in den wunderbaren Nuancen der guten alten Schwarz-Weiß-Fotografie – die Aussage jeder einzelnen der künstlerischen Ablichtungen.
Wenn Schumacher mit seiner Plattenkamera – im Zeitalter digitaler Fotografie ein geradezu monströses „Werkzeug“ – auf Motivsuche ist, fällt er auf. Manche Leute, schmunzelt der Fotograf, würden sogar glauben, er blitze Temposünder. Was er wirklich „geblitzt“ hat in den 1970ern bis 90er Jahren, ist im Herbst in einer Ausstellung auf Zollverein zu sehen. Viel früher, ab 28. Juni, zeigt die L.A.-Galerie in Frankfurt Exponate aus dem Bildband „Das Gebiet“.
„Die Gesichtslosigkeit erhielt ein Gesicht“
Seit 2004 hat sich Schumacher – längst auch der Farbfotografie zugeneigt – mehrfach an den Ausstellungen des Pixelprojekts Ruhrgebiet beteiligt; er war Preisträger des Projekts Bridges (Fotoprojekt Emscher Zukunft), hatte Einzelausstellungen unter anderem im Industriemuseum Zeche Zollern in Dortmund und in der Galerie bild.sprachen in Gelsenkirchen.
In einem Nachwort von Christoph Schaden, Professor für Bildwissenschaft an der Georg-Simon-Ohm Hochschule Nürnberg, heißt es: „(....) Aber irgendwann wurde aus der Geschichtslosigkeit Geschichte. Irgendwann erhielt die Gesichtslosigkeit ein Gesicht. Und wurde gleichsam zum Mythos, in dem sich Kreaturen behausen konnten. Früh waren es Fotografen und Literaten, die das erkannten. Joachim Schumacher ist einer von ihnen.“