Gelsenkirchen/Essen. . Ein 44-jähriger Gelsenkirchener hatte die Kinder seiner Freundin und auch sie sexuell missbraucht. Die Partnerin hielt weiter zu ihm, jetzt wurde der Mann vom Großteil der Anklagevorwürfe freigesprochen. Der erste Prozess im vergangenen März hatte einen Einblick in eine bizarre Beziehung gewährt.

Sicherungsverwahrung und viereinhalb Jahre Haft für die Vergewaltigung der Freundin hatte Staatsanwalt Gabriel Wais für den mehrfach wegen Sexualdelikten vorbestraften 44 Jahre alten Gelsenkirchener gefordert. Aber die XVI. Essener Strafkammer sah die Beweislage im aktuellen Fall als zu dünn an und sprach ihn vom Großteil der Anklagevorwürfe frei.

Erst im vergangenen Jahr hatte diese Kammer ihn noch zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt, weil er seine Lebensgefährtin im Schlaf missbraucht hatte. Die Frau stand damals unter Psychopharmaka und hatte deshalb einen tiefen Schlaf. Verurteilt wurde er vor diesem Hintergrund wegen sexuellen Missbrauchs einer Widerstandsunfähigen.

Die Betreuerin sorgte dafür, dass die Polizei ermittelte

Der Prozess im vergangenen März hatte einen Einblick in eine bizarre Beziehung gewährt. Beide lebten über lange Zeit zusammen, verurteilt wurde er während dieser Zeit auch, weil er ihre Kinder sexuell missbraucht hatte. Trotzdem hielt die Frau zu ihm, besuchte ihn sogar in der Haft. „Er tat mir leid“, hatte sie ihr Verhalten damals erklärt, „und ich hatte gehofft, dass er sich im Gefängnis geändert hat“.

Dass sie ihn nach der Trennung angezeigt hatte, begründete sie mit seiner neuen Beziehung zu einer geistig behinderten Frau. Sie fürchte, dass er auch diese Frau missbrauche: „Es wird nie ein Ende nehmen. Mal ich, mal diese Frau.“

Mit der Verurteilung am 5. März 2013 war der Angeklagte damals frei gekommen und zu seiner neuen Freundin, der geistig Behinderten, gezogen. Wenige Monate später erzählte sie ihrer Betreuerin, dass er sie vergewaltigt habe. Die Betreuerin sorgte dafür, dass die Polizei ermittelte.

Keinen Widerstand geleistet

Zur Verurteilung kam es dennoch nicht. Richter Martin Hahnemann erinnerte daran, dass die Frau, die sich durchaus artikulieren kann, selbst gesagt hätte, keinen Widerstand geleistet und nicht Nein gesagt zu haben. So könne die Kammer aber nicht feststellen, dass der Angeklagte die Ablehnung durch die Frau erkannt hätte. Auch nach ihren Worten hatte es in der Beziehung zuvor einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gegeben.

Dass er einmal die Tür abgeschlossen habe, obwohl sie die Wohnung verlassen wollte, könne auch nicht zu seinen Lasten ausgelegt werden. Denn die Frau hätte keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschließen der Tür und dem aus ihrer Sicht erzwungenen Geschlechtsverkehr feststellen können.